Wie sehr hasst du deine Kinder? Die Klimakatastrophe ist da und nichts tut sich - ein Kommentar

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Weltklimarat zu Wetterextremen, Eisschmelze und Meeresspiegel
17.07.2021, Nordrhein-Westfalen, Erftstadt: Autos stehen auf der überfluteten Bundesstraße 265 im Wasser ...
Weltklimarat zu Wetterextremen, Eisschmelze und Meeresspiegel
Marius Becker (dpa)

Die Warnungen können bald nicht mehr drastischer und eindeutiger werden, das Klima jedoch schon. Wir stehen vor dem Abgrund, Forscher*innen sagen uns gewaltige Veränderungen voraus, früher als gedacht. Wenn wir jetzt nichts tun, werden uns kommende Generationen verfluchen. Ein Kommentar.

Selbst die stumpfste Person kann die Erkenntnisse der Klimaforscher*innen nicht mehr ignorieren. Im jüngsten Bericht zeigt der Weltklimarat IPCC mit erschreckender Klarheit, wo wir uns gerade befinden auf der Zeitachse der Klimakatastrophe: Die Welt steht kurz vor dramatischen Kipppunkten, vor irreversiblen Schäden, die uns alle betreffen werden. 

Wir alle müssen uns jetzt fragen: Wie egal sind uns kommende Generationen? Diejenigen unter uns, die vorhaben, noch länger als 10, 20 Jahre zu leben, werden natürlich ebenfalls Auswirkungen zu spüren bekommen, aber vor allem die jetzigen Kinder und deren Kinder und Enkel werden mit voller Härte erleben müssen, wobei wir und vergangene Generationen völlig versagt haben. 

Die Maßnahmen der Regierungen: zu wenig, zu spät

Wir dürfen uns wundern, dass die Jugendlichen lediglich freitags demonstrieren – viel wütendere und radikalere Reaktionen wären mehr als verständlich. Politiker*innen, Unternehmen und jede einzelne Person haben versagt. Jedes Zaudern, jede sinnlose Diskussion über die Frage, ob wir überhaupt etwas gegen die Klimakatastrophe tun können, ja ob sie überhaupt existiert, tötet ein weiteres Stück Zukunft für unsere Nachfahren. 

Es ist absurd und einfach nicht mehr vermittelbar, wenn sich im derzeitigen Wahlkampf die Parteien nicht überbieten mit Vorschlägen, wie wir am besten gegen die kommende Klimakatastrophe ankämpfen, sondern stattdessen mit dem üblichen kleingeistigen Hick-Hack beschäftigt sind. Von den völlig lachhaften Auswüchsen wie dem AfD-Programm, in dem mehr CO2 mit „Blüte und Wachstum“ gleichgestellt wird, ganz zu schweigen. Wenn die Visionskraft von Politiker*innen bei der eigenen Klientel und deren Besitzstandswahrung endet oder bei den eng gesteckten Grenzen durch Lobby-Verbände, dann ist es ein Wunder, wenn Menschen überhaupt noch die Kraft finden, Vertrauen in die Politik zu finden und darin, dass diese Lösungen für die anstehende Überlebensfrage der Menschheit finden kann. 

Die Ideenlosigkeit und Perspektivlosigkeit der Bundesregierung macht fassungslos. Die Antwort auf ein Klima, das nicht irgendwann, sondern im Verlauf der nächsten 10 bis 30 Jahre unwiederbringlich kippt, sind schwache Impulse wie ein Vielleicht-Kohleausstieg bis 2038 oder auch später und ein paar Elektroautos mehr auf deutschen Straßen. Keine Konzepte, keine Kraft, kein Antrieb – zu wenig, zu spät. 

Alarmstufe Rot für die Menschheit

Wir können uns nicht mehr verstecken – nicht hinter der Ausrede, dass wir ja sowieso nichts tun können, denn die Klimaforscher*innen sind in ihrem Urteil eindeutig: Die Klimakatastrophe ist eindeutig menschengemacht – ohne Wenn und Aber. Und selbst wenn sie es nicht wäre: Auch einer vom Menschen nicht verursachte Umwälzung des Klimas müsste mit drastischen Schritten begegnet werden, um sich für die veränderte Welt zu wappnen. Nichts zu tun, wäre auch dann todesverachtender Fatalismus.

Die zynische Hoffnung in den reichen Industrieländern, dass es nur die armen Länder trifft, während man selbst höchstens besseres Wetter bekommt, zerplatzt. Auch hier die Antwort des Weltklimarats eindeutig: Alle Regionen der Welt sind betroffen – niemand bleibt verschont. Ein Blick nach Südbayern und nicht zuletzt in den Westen Deutschlands zeigt: Wir können uns nicht drücken. Menschen sterben bereits jetzt am Klimawandel. Je später wir reagieren, desto mehr werden leiden. 

Ich weiß nicht, in welche drastischen Worte man es noch kleiden soll, bis es auch die letzten Realitätsverweiger*innen begreifen und verinnerlichen – UN-Generalsekretär António Guterres spricht von „Alarmstufe Rot für die Menschheit“ und nicht weniger als das ist der Fall. Wir stehen vor der größten Bedrohung der Menschheit, bzw. sind wir mittendrin. Wir sind an Bord der Titanic und beschweren uns, dass die Band etwas schief spielt, während sich das Deck schon neigt. 

Drastisch handeln - jetzt, nicht irgendwann

Wir können zwar nicht die Schuld für alle umweltzerstörenden Entscheidungen der letzten Jahrzehnte auf uns nehmen, aber wir können endlich aufhören, feige auf andere zu zeigen und verdammt noch mal endlich unsere Verantwortung annehmen. Denn: Wie können wir unseren Kindern eigentlich in die Augen schauen und ihnen sagen „Tut mir leid, aber kurzfristige wirtschaftliche Interessen und kurzsichtige, persönliche Bequemlichkeit waren leider wichtiger als deine Zukunft“? 

Wenn wir nicht jetzt sofort drastisch handeln, werden uns die wenigen kommenden Generationen, die auf uns noch folgen werden, verfluchen. Und sie werden recht haben damit.