Wegen Bauernprotesten: Wird Fleisch jetzt teurer?
Autor: Lea Mitulla
Berlin, Donnerstag, 18. Januar 2024
Die Bundesregierung steht weiter unter Druck im Streit um die Kürzungen für Landwirte. Ein Preisanstieg beim Fleisch soll die Bauern besänftigen, zahlen müssten dafür die Verbraucher.
Die Landwirte machen auch am Montag (15. Januar 2024) weiter Druck gegen die Bundesregierung. Mit einem konkreten Vorschlag wollen die Politiker den Bauern entgegenkommen - auf Kosten der Bürger.
Im Gegenzug für die schrittweise Abschaffung der Agrardiesel-Vergünstigung könnte die Förderung für die tierfreundliche Haltung aufgestockt werden. Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) setzt sich daher für eine Tierwohlabgabe ein. "Wir müssen das Rad nicht neu erfinden, vielmehr müssen wir es jetzt endlich mal einbauen", sagte er im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Der "Tierwohlcent", wie ihn Özdemir nennt, wäre eine Steuer, die auf Fleisch und andere tierische Produkte anfallen würde. Denkbar wäre nach Experten-Empfehlungen ein Aufschlag von 40 Cent pro Kilogramm Fleisch.
Fleisch soll teurer werden: So will die Regierung die Landwirte besänftigen
Bei hochwertigen Fleischprodukten wäre der Preisanstieg damit gar nicht so gravierend. Bei Billigfleisch müssten Verbraucher jedoch ordentlich draufzahlen. Viele Deutsche würden eine Tierwohlsteuer trotzdem befürworten, wie aus Umfragen hervorgeht. Es handelt sich aber nur um eine knappe Mehrheit. Landwirte fordern schon seit Jahren, dass Fleisch teurer werden muss, vor allem Schweinefleisch. Der Bauernverband erklärte 2018 bereits, es sei sonst nicht möglich, die strengen Tierschutzvorgaben und bessere Haltungsbedingungen zu erfüllen, "ohne bankrott zu gehen".
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Das Geld aus der Tierwohlabgabe soll die Finanzierung für den Umbau der Tierhaltung dauerhaft sichern. Landwirte, die auf tierfreundliche Haltungsformen setzen, würden entsprechende Subventionen erhalten. Im Dezember gab es für den Vorschlag noch Gegenwind aus der FDP. Finanzminister Christian Lindner sprach sich lediglich für weniger Regulierungen und Bürokratie für die Landwirte aus. Von den Einsparungen in der Landwirtschaft wollte er nicht abrücken. Nun ist die FDP scheinbar doch bereit, eine Tierwohlabgabe zu unterstützen, die auch auf die Verbraucher umgelegt werden kann. Die stellvertretende FDP-Fraktionschefin Carina Konrad sagte der Süddeutschen Zeitung, eine Tierwohlabgabe könnte ein Weg sein, die Landwirte beim Umbau ihrer Ställe verlässlich zu unterstützen.
Neu ist die Idee der Tierwohlsteuer nicht. Im vergangenen Jahr hat die Ampel-Koalition bereits über den Vorschlag diskutiert, ohne Ergebnis. Denn gleichzeitig kam es zum heftigen Streit um das Heizungsgesetz, die Förderung der Landwirtschaft ging dabei unter. Seinen Ursprung hatte die Tierwohlabgabe allerdings noch in der vorherigen Bundesregierung: Kurz nach den Bauernprotesten 2019 lud die damalige Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu einem "Agrargipfel". Daraus ging eine Kommission mit Bauern und Ernährungsbranche, Natur- und Verbraucherschützern, Handel und Wissenschaft zur Zukunft der Landwirtschaft hervor.
Tierwohlabgabe plötzlich wieder aktuell
Das Gremium legte Empfehlungen für einen Umbau des Agrar- und Ernährungssystems als gesamtgesellschaftliche Aufgabe vor - und veranschlagte dafür nötige Milliarden-Investitionen. Die Kommission brachte in diesem Zuge auch die Tierwohlabgabe ins Spiel. 2021 brachte Julia Klöckner (CDU), Özdemirs Vorgängerin, den Vorschlag erstmals auf die politische Tagesordnung, jedoch ohne Erfolg.
Erst mit den erneuten Bauernprotesten gegen den Sparkurs und die Landwirtschaftspolitik der Bundesregierung wurde das Thema wieder brisant. Die Einführung der Tierwohlabgabe und damit gesicherten Subventionen könnten die Landwirte entlasten. Ob sich die Bauern mit diesem Vorschlag tatsächlich besänftigen lassen, wird sich zeigen.