"Schiefer Kompromiss": Özdemir eckt mit "Fleischsteuer an" - Bauern kritisieren Pläne deutlich

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Angesichts der Bauernproteste gegen die Streichung von Vergünstigungen beim Agrardiesel hat die Ampel der Landwirtschaft Entlastungen an anderer Stelle versprochen - unter anderem mit einer Steuer auf Fleisch. Doch der "Tierwohlcent" stößt auf heftige Kritik - und auch den Bauern gefällt er nicht wirklich.

Update 08.02.2024: Erste Details zu Özdemirs neuer "Fleischsteuer": Bauern könnten sogar noch draufzahlen

Pläne für einen "Tierwohlcent" als Preisaufschlag für Fleisch im Supermarkt werden konkreter. Das Agrarministerium hat auf Bitte der Ampel-Fraktionen ein Konzept erarbeitet. Dieses diene als Grundlage für die Einführung einer Verbrauchssteuer auf Fleisch und Fleischprodukte, wie es in einem Papier heißt, das der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch vorlag. 

Angesichts der Bauernproteste gegen die Streichung von Steuervergünstigungen beim Agrardiesel hatte sich Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) dafür starkgemacht, eine planungssichere Finanzierung für den Umbau der Tierhaltung mit einem Tierwohlcent auf tierische Produkte auf den Weg zu bringen.  Im Papier des Agrarministeriums heißt es, die Höhe des Steuersatzes wäre politisch zu entscheiden. Als "Steuergegenstand" werden in dem Papier unter anderem Fleisch und Fleischerzeugnisse genannt. Einnahmen aus der Verbrauchsteuer würden in den Bundeshaushalt fließen. Das Vorhaben werde innerhalb von maximal fünf Jahren evaluiert. Insbesondere solle die Wirkung der Steuer untersucht und die allgemeine Preisentwicklung ermittelt werden.

Plan für "Fleischsteuer" - spielt die FDP mit?

Weil es sich um Steuerfragen handelt, ist das Finanzministerium federführend. Eine Sprecherin von Minister Christian Lindner (FDP) zeigte sich am Mittwoch zurückhaltend zu einem "Tierwohlcent". Die FDP will keine Steuererhöhungen. "Neue Steuern oder Steuererhöhungen wird es mit der FDP nicht geben. Der Vorschlag von Cem Özdemir geht an den eigentlichen Nöten der Landwirte vorbei", sagte weiterhin FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer der Deutschen Presse-Agentur. "Der Vorschlag würde der Landwirtschaft auch nicht helfen, denn die Steuereinnahmen würden ohne Verwendungsbindung in den Bundeshaushalt gehen."

Der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Bernhard Krüsken, sagte: "Als 'Ersatz' für den Agrardiesel taugt eine Tierwohlabgabe nicht, sondern wäre ein weiterer schiefer Kompromiss. Die Landwirtschaft braucht jetzt vor allem Lösungen, die alle Betriebe entlasten." Die vorgeschlagene Ausgestaltung eines "Tierwohlcent" setze am falschen Ende an. "Es ist vollkommen unklar, wie sichergestellt werden soll, dass das Geld am Ende auch beim Landwirt ankommt – dies muss aber Sinn und Zweck einer Tierwohlabgabe sein. Zudem würde eine Verbrauchssteuer erst einmal massive Bürokratie und Zusatzkosten schaffen. Es gibt aber auch positive Stimme von Landwirten.  "Wenn wir den Umbau der Tierhaltung wollen und weiterhin Fleisch aus Deutschland essen wollen, kommen wir an diesem Weg nicht vorbei. Ohne Tierwohlabgabe ist dies nicht möglich. Der Markt regelt dies nicht alleine", sagte der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, Martin Schulz, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Unionsfraktionsvize Steffen Bilger sagte, es liege noch kein von allen Koalitionspartnern getragenes Konzept zur Finanzierung des Stallumbaus und zur Deckung der deutlich höheren Betriebskosten für Tierwohl-Ställe vor. Bei dem Papier aus dem Agrarministerium handle es sich um ein "durchschaubares Manöver", das von dem "Versagen" Özdemirs beim Agrardiesel ablenken solle. "Eine neue Fleischsteuer zur Abfederung zusätzlicher Kosten durch den Stallumbau ist kein Ausgleich für die Belastung der Landwirtschaft durch das von der Koalition beschlossene Agrardiesel-Aus." 

Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, sagte: "Endlich kommt was in Bewegung. Eine Fleischabgabe haben wir schon lange gefordert." Nach dem Borchert-Konzept gehe es um 40 Cent je Kilogramm. "Wer Fleisch isst, dem muss das Tier vier Cent je 100 Gramm Fleisch zusätzlich wert sein. Wer sich dagegen ausspricht, dem sind die Tiere egal." Die FDP müsse jetzt Farbe bekennen. 

Ursprungsmeldung: Erste Details zu Özdemirs neuer "Fleischsteuer": Bauern könnten sogar noch draufzahlen

Fleisch könnte schon bald teurer werden. Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) plant nämlich eine Abgabe für Fleischerzeugnisse, die mehr Investitionen für das Tierwohl auf deutschen Höfen ermöglichen soll. Mehrere Medien, darunter Table.Media und Bild  berichten von der möglichen Ausgestaltung. 

Demnach handle es sich um eine zusätzliche Abgabe auf "Fleisch, Fleischerzeugnisse und genießbare Schlachtnebenerzeugnisse" sowie "Verarbeitungsprodukte mit einem bestimmten Anteil von Fleisch, Fleischerzeugnissen oder genießbaren Schlachtnebenerzeugnissen", zitiert die Bild. Laut Table.Media handle es sich bei dem Konzept des Ministeriums um eine "Verbrauchssteuer auf tierische Produkte". Das ist nicht die einzige Änderung für die Verbraucherinnen und Verbraucher an der Fleischtheke - seit Februar gilt bereits eine neue Kennzeichnungspflicht für Koteletts, Würstchen und Co.  

Neue Fleischsteuer: Darum geht es bei der Abgabe fürs Tierwohl

Übersetzt bedeutet das: Alles, wo Fleisch drin ist, könnte für das Tierwohl teurer werden. Laut Informationen der Bild soll es sich bei der Steuer um eine Kilogramm-Abgabe handeln. Die Höhe der Steuer soll "politisch" in Abstimmung mit dem Finanzministerium entschieden werden. Im Januar hieß es im Bundestag von Özdemir noch, dass es sich um "wenige Cent pro Kilo mehr" handeln solle.

Die zusätzlichen Einnahmen aus der Steuer sollen laut Table.Media für die "Umgestaltung der Nutztierhaltung hin zu mehr Tierwohl" eingesetzt werden - sprich den Bauern zugutekommen. Das wäre für diese zumindest eine Erleichterung, immerhin protestieren die Bauern seit Wochen bundesweit wegen geplanter Subventionskürzungen. Ob das Geld aber tatsächlich bei den Erzeugern für die umfangreichen Investitionen ankäme, ist jedoch fraglich. Der Passauer Steuerrechtler Till Valentin Meickmann, den Table.Media im Bericht zitiert, bezweifelt, dass dieser Ausgleich mit EU-Recht vereinbar ist. 

Dieses Problem sei nur dadurch zu lösen, dass die Steuer allein auf Produkte aus dem Inland erhoben werde, so Meickmann gegenüber dem Portal. Er befürchtet, dass letztlich die Bauern und nicht die Endverbraucher noch höhere Kosten zu tragen haben. Zudem heißt es von Table.Media, die FDP wehre sich im Hintergrund kräftig gegen Steuererhöhungen wie in diesem Vorschlag. 

Vorschaubild: © Jens Kalaene (dpa)