In Berlin wird die Verstaatlichung von Rosneft Deutschland erwogen. Der Kreml spricht von Enteignung. Anwälte gehen in Stellung.
Seit mehr als einem Jahr arbeitet die Raffinerie PCK im brandenburgischen Schwedt ohne russisches Erdöl. Doch Klarheit, wie es mit dem Standort weitergeht, gibt es nach wie vor nicht. Alles hängt am Mehrheitseigner der Raffinerie, den Tochterfirmen des russischen Staatskonzerns Rosneft. Jetzt prüft die Bundesregierung eine Enteignung.
Prompt kam aus dem Kreml in Moskau scharfe Kritik. «Das ist nichts anderes als die Enteignung fremden Besitzes, das sind alles Schritte, die wahrscheinlich die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen der europäischen Staaten untergraben», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Solche Handlungen entwerteten Deutschlands Attraktivität als Investitionsstandort.
Viele Fragen sind aber offen, etwa welche Entschädigungszahlungen auf den Bund zukommen können und wer die Rosneft-Mehrheitsanteile übernehmen könnte. Nun wurde bekannt, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei seinem Antrittsbesuch in Polen jedenfalls über die weitere Versorgung der Raffinerie mit Rohöl sprechen will.
Auch wenn eine Entscheidung für eine Enteignung längst nicht gefallen ist, scheint ein neuer Streit sicher. Rosneft werde dagegen vorgehen und alle juristischen Mittel ausschöpfen, sagte Kremlsprecher Peskow. In der Region im Nordosten Brandenburgs sprechen CDU-Politiker von einem Irrweg und einem katastrophalen Signal. Konträr dazu hält die Linke eine Enteignung seit Langem für den richtigen Schritt. Von Schwedt aus werden weite Teile von Nordostdeutschland und Westpolen mit Benzin und Diesel versorgt.
Bisher steht die Raffinerie PCK unter Treuhandverwaltung
Russland hat als Folge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine bereits 2022 seinen Einfluss auf die Raffinerie PCK verloren. Der Bund übernahm die Kontrolle über zwei Tochterfirmen des russischen Staatskonzerns, Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing. Die Mehrheitsanteile an der PCK von 54 Prozent stehen unter Treuhandverwaltung, die bereits mehrmals verlängert wurde.
Ziel war es, die jahrzehntelang mit russischem Öl betriebene und für den Nordosten wichtige Anlage nach dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und dem EU-Ölembargo am Laufen zu halten. Die Treuhandverwaltung endet nach jetzigem Stand am 10. März, sie kann verlängert werden.
Enteignung - und dann?
Mit einer Novelle des Energiesicherungsgesetzes ebnete die Bundesregierung bereits 2023 auch den Weg für eine Enteignung. Anteile von Unternehmen unter Treuhandverwaltung können damit leichter verkauft werden. Im Fall von Rosneft ist seit Längerem im Gespräch, dass die polnische Orlen Interesse an einem Einstieg bei der PCK hat.