Die Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen forderte neben Sachschäden in Millionenhöhe auch viele Menschenleben. Trotzdem fällt die Flutbilanz der Regierung positiv aus. Das sorgt für Entsetzen.
Überflutete Landschaften, Autobahnen und Ortschaften. Menschen, die auf die Dächer ihrer Häuser flüchten und dort oft stundenlang auf Hilfe warten müssen. Wohnhäuser, die unter Wasser stehen oder einfach weggeschwemmt werden. Familien, Firmen und Einzelpersonen, die plötzlich vor dem Nichts stehen. Dazu Meldungen von über 180 Toten und Schäden in Milliardenhöhe.
Die Flutkatastrophe, die im Sommer dieses Jahres den Westen Deutschland erschütterte, wird in trauriger Weise in die Geschichte eingehen. In den Augen der Regierung aber offenbar nicht aufgrund von Versäumnissen und fatalen Fehlern im Katastrophenschutz. So zeigen sich Bund und Länder, nach Angaben der Bild, in einer ersten großen Flutbilanz, mit ihrer Arbeit zufrieden. Zum Entsetzen aller Betroffenen.
Flutbilanz: Katastrophenschutzsystem als "trag- und leistungsfähig" bezeichnet
In dem 20 Seiten umfassenden Schreiben des Innen- und Finanzministerium, welches der Bild vorliegen soll, heißt es demnach: "Das System des Bevölkerungsschutzes mit der klaren kommunalen Verantwortung und der aufwachsenden Unterstützung durch Landkreise, Länder und den Bund hat sich in dieser langanhaltenden Hochwasserlage grundsätzlich als trag- und leistungsfähig erwiesen, wird aber gleichwohl im Rahmen eines Evaluierungsprozesses betrachtet werden."
Doch wie passt das mit den Folgen der Hochwasser zusammen? Wie "trag- und leistungsfähig" kann ein System sein, wenn die Katastrophe letztlich doch so viele Todesopfer gefordert hat, Sachschäden in Millionenhöhe entstanden und Menschen bis heute vor einer ungewissen Zukunft stehen? Für viele Betroffene ist klar: Gar nicht.
Die Menschen in den betroffenen Gebieten berichten von fehlgeschlagenen Alarmierungen, zu spät kommenden Warnungen und fehlenden Planungen im Katastrophenschutz. Hilfe sei zudem vor allem von privaten und freiwilligen Helfer*innen gekommen, nicht aber von der Regierung.
Betroffene berichten: Katastrophenschutz sei fehlgeschlagen
Udo Rössel aus Kreuzberg, sagte dazu im Interview mit der Bild: "Ich glaube, wir waren bei den Politikern überhaupt nicht auf dem Schirm." Für ihn hätte es so ausgesehen, als hätte es vonseiten der Regierung keine Pläne gegeben, um mit einer Katastrophe wie der beschriebenen angemessenen umzugehen. Auch andere Betroffene äußerten sich ähnlich. "Das macht mich sauer! Man hätte uns vorher warnen können. Von Müsch bis nach Altenburg brauchte das Wasser vier Stunden. Die Menschen hier hätten nicht ertrinken müssen. Wären sie nur 100 Meter den Berg hochgegangen, dann wären sie außer Gefahr gewesen. Ohne private Helfer würden wir jetzt noch im Mist hängen. Wir wären verloren!", meinte etwa Reinhold Balter aus Altenburg zum Versagen im Katastrophenschutz. Mit der positiven Flutbilanz wollen diese Aussagen so gar nicht zusammen passen.
Kritik schon in der Vergangenheit laut: Ahrweilers Landrat Pföhler angeklagt
Bereits in der Vergangenheit war die Kritik an den verantwortlichen Politiker*innen laut. Etwa an Landrat Jürgen Pföhler (CDU), Landrat des durch die Flut stark getroffenen Landkreis Ahrweiler. Gegen Pföhler war im August sogar ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Koblenz eingeleitet worden. Grund dafür war der Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung durch Unterlassung am Abend des 14. Juli.