Der Familienurlaub in Italien war wunderbar, aber zurück in Deutschland schwelt die Wut. Warum ist hierzulande alles so unverschämt teuer? In Italien sind die Preise auch gestiegen, aber längst nicht so stark. In Deutschland ist die Welt nicht mehr in Ordnung. Wer macht sich hier auf Kosten der Verbraucher die Taschen voll? Ein Kommentar von Rupert Mattgey.
Angekommen in Italien trifft mich nicht nur strahlender Sonnenschein mit voller Wucht, sondern auch ein Preis-Schock, den ich so nicht erwartet habe. Verglichen mit Deutschland befinden sich die Preise in Italien auf Vor-Corona-Niveau. Certo, certo, erklärt mir die italienische Gastgeberin, auch hier seien die Preise gestiegen. Die Inflation lag zwischenzeitlich im niedrigen zweistelligen Bereich. Doch als ich erzähle, was vergleichbare Produkte in Deutschland kosten, schüttelt sie ungläubig den Kopf.
Wir sind im Veneto unterwegs, besuchen Vicenza, Chioggia mit Sottomarina und natürlich Venedig. In Vicenza, der berühmten Palladio-Stadt voll von beeindruckender Architektur, bestaunen wir Paläste und essen Eis für zwei Euro (jeweils zwei Kugeln!).
Preise in Italien: Cappuccino für 1,70 Euro im Touri-Hotspot
Im wunderschönen Chioggia, von den Italienern liebevoll das „kleine Venedig“ genannt, trinken wir Aperol Spritz für 3,50 Euro und essen Cicchetti, typisches „Fingerfood“ aus der Gegend um Venedig, geröstete Weißbrotscheiben, belegt mit Salami, Schinken, Sardellen, Oliven, Pesto, Mozzarella und mehr, für 1,50 Euro pro Stück. Am feinen Sandstrand von Sottomarina, gleich nebenan, wo Sonnenschirm an Sonnenschirm steht, sitzen wir in einer Bar, mitten im Touri-Hotspot, und trinken Wasser (0,5 l) für 1,50 Euro, Bier (0,4 l) für 3 Euro und Cappuccino für 1,70 Euro.
Im angeblich so drastisch überteuerten Venedig erreichen die Preise schließlich das Niveau einer mittelgroßen deutschen Stadt. Als Deutscher fühlt man sich schließlich gleich zuhause, wenn ein Hauptgericht um die 20 Euro kostet (und ich spreche nicht von Pizza – die gibt es für um die 10 Euro).
Was im Urlaub ein herrlich positiver Schock war, fühlt sich zuhause in Deutschland schlichtweg nicht richtig an. Klar, Italien war schon immer etwas günstiger als Deutschland, vor allem der Süden. Aber was ist hier falsch gelaufen? Warum werden Restaurantbesuche hierzulande zunehmend unbezahlbar, vom Wocheneinkauf im Supermarkt ganz zu schweigen? Wer macht sich hier die Taschen voll, auf meine Kosten, auf unser aller Kosten?
Gierflation in Deutschland: Wer profitiert?
Dazu gibt es inzwischen aufschlussreiche Studien. "Eine exklusive Analyse zeigt, dass Konzerne ihre Marge im Schnitt sogar gesteigert haben. Viele Händler konnten sie zumindest halten. Verlierer sind Mittelständler - und die Kunden", schreibt beispielsweise das Handelsblatt. Und die Verbraucherzentrale NRW hat in Marktchecks, bei denen sie 20 Grundnahrungsmittel analysiert hat, festgestellt, dass es teilweise Preisunterschiede zwischen nahezu identischen Produkten von bis zu 400 Prozent gibt - beispielsweise bei Langkornreis oder Butter. Das berichtet die Tagesschau. Ein weiteres Beispiel: Die Preise für Rapsöl seien über Wochen und Monate so hoch gewesen wie für Sonnenblumenöl, obwohl es im Gegensatz dazu keinen Mangel gegeben habe.
Übrigens haben wir aus dem italienischen Mega-Supermarkt, in dem wir zuletzt eingekauft haben, fünf Kilo Barilla-Spaghetti mit nach Hause genommen. Dort kostet das Kilo nämlich nur zwei Euro - in Deutschland fünf, wenn man kein "Sonderangebot" erwischt. Bundeskartellamt und Politik müssen hier aktiv werden und ganz genau prüfen, wer wie stark vom „Mitnahmeeffekt“ profitiert hat.
Wir fahren seit Jahren an den Gardasee, alles kaum teurer geworden. Wenn dann marginal. Nicht wie bei uns... im Hinterland ist alles noch mal günstiger als in den touristischen Gebieten. Aber wir deutsche lassen halt alles mit uns machen und jeder jammert zwar aber keiner andert etwas an seiner Einstellung zu unserer Politik. Bei der nächsten Wahl wird sich auch nichts ändern... die Mehrheit will es anscheinend genau so haben.
Die "Krise" ist auch vor allem im Deutschland künstlich erzeugt. Aber das hat man eben leider nunmal davon, wenn man "Die Grünen" ihre Politik machen lässt. Vor allem in der Energiepolitik. Hoffentlich sind die Deutschen bei der nächsten Wahl schlauer.
Sehr geehrter Herr Mattgey. Als Einwohner der Commune Chioggia war ich ein wenig bzgl. einiger Aussagen irritiert. Zunächst hassen es die Chioggiotti, wenn ihre Stadt "Klein Venedig" genannt wird. Chioggia ist Chioggia - basta. Da basta ähnlich klingt wie Pasta, darf ich auf Barilla zu sprechen kommen. Barilla hatte bereits im November 2019 (!) der Rewe-Gruppe die für März 2020 geplante Preiserhöhung angekündigt. In der Folge nahm die Rewe-Gruppe Barilla zeitweise aus dem Sortiment. Richtig ist, dass Barilla aktuell hierzulande 1,19 € kostet - aber warum Barilla kaufen, wenn DeCecco für 1,39 zu haben ist? Die Barilla-Preiserhöhung hat im Kontext "aktuelle Inflation" nichts verloren. Die Pastapreise der Eigenmarken von Aldi, Lidl, Conad etc bewegen sich auf dem deutschen Niveau.
Die Preise für Apperol auf dem Corso und am Lungomare bewegen sich seit April 2023 bei vier Euro, Ausnahme von chinesischen Eigentümern betriebene Bars. In Rom (Randbezirke), Mailand et al. werden übrigens auch acht, neun Euro aufgerufen.
Der aktuelle Bierpreis in den Strandbars, zumindest im nördlichen Teil von Sottomarina, beträgt fünf Euro für 0,4l gezapft oder die Flasche Ichnusa. Der mobile Händler verkauft das Bier für weniger.
Bezüglich der Energiekosten: Ein mit mir befreundeter Gastronom hatte bei gleicher Nutzung eine Steigerung der Strompreise im Juni 2022 von 2.000 Euro mtl. auf 6.000 Euro im August 2022 zu verkraften - er schaltete die Hälfte der Beleuchtung und die Eistruhe ab und entließ aufgrund der Kostenexplosion eine langjährige Mitarbeiterin.
Dienstags haben die meisten Bars geschlossen, aber auch Mittwochs ist der Corso tot - den Menschen fehlt aufgrund der gestiegenen Energiekosten das Geld, um großzügig "giro" zu machen. Die Weinlieferanten und Gastronomen beklagen einen deutlichen Umsatzrückgang, auch in der Hauptsaison. Die Nebensaison haben einige in diesem Winter nicht überlebt. Ihre Euphorie können die Menschen hier nicht teilen.
Das Gleiche haben wir letztes Jahr schon erlebt am Gardasee, bei uns kostete Sonnenblumenöl 4,99 €, in Bardolino in einem kleinen Supermarkt 1,37 €, auch dieses Jahr im Mai: eine Kugel Eis 2 € (allerdings 5mal so groß wie in Deutshland), Wein, Bier, Essen alles ganz normal und seit ein paar Jahren nahezu unverändert. Da dachten wir uns nur: haben die keinen Ukraine-Krieg? Das war ja der Hauptgrund für die exorbitanten Teuerungen bei uns, auch die offizielle angegebene Inflationsrate von 6,1 % ist ein Witz, es ist ja hier die Rate quer durch alle Bereiche, Lebensmittel haben sich im Mai 2023 gegenüber dem Mai 2022 um über 28 % verteuert. Manchmal hat man das Gefühl die Ukraine hat bis 2021 die ganze Welt beliefert...