Am Freitag soll der Bundestag über drei Posten am höchsten deutschen Gericht entscheiden. Könnten AfD-Stimmen entscheidend werden? Und bekommt eine SPD-Kandidatin den nötigen Rückhalt?
Vor der Wahl von Richterinnen und Richtern für das Bundesverfassungsgericht ringt die Union um Einigkeit. Kanzler Friedrich Merz (CDU) kündigte bei einer Reise in Rom an, er werde am Freitagmorgen an der Unionsfraktionssitzung teilnehmen, «die wir haben, um diese Frage noch mal neu zu besprechen». Gegen eine von der SPD nominierte Kandidatin gibt es in der Union Widerstand. Die Mehrheiten scheinen unsicher.
Merz will mit Spahn reden
Noch am Donnerstagabend wollte Merz nach eigenen Worten mit Fraktionschef Jens Spahn (CDU) zusammenkommen. «Wir werden darüber noch einmal sprechen und wir werden auch versuchen, da zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen», kündigte er an. Die Fraktionssitzung ist für 8.00 Uhr morgens angesetzt, die Plenarsitzung mit der Wahl der Richter beginnt um 9.00 Uhr.
Es sollen drei Richter neu gewählt werden. Die Union schlägt den bisherigen Richter am Bundesarbeitsgericht, Günter Spinner, vor. Die SPD hat die Jura-Professorinnen Frauke Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold nominiert.
Widerstand gegen eine SPD-Kandidatin
Gegen Brosius-Gersdorf gibt es in der CDU/CSU Vorbehalte. Dabei geht es unter anderem um deren positive Haltung zu einer Impfpflicht während der Corona-Pandemie, andererseits um ihre aus Sicht mancher Abgeordneter zu liberale Haltung zu Abtreibungen.
Zudem ist es möglich, dass die CDU/CSU für die Wahl ihres Kandidaten auf Stimmen der AfD angewiesen sein könnte. Denn Gespräche mit der Linken lehnt die Unionsfraktion bislang ab. Die AfD-Fraktionsführung empfiehlt ihren Abgeordneten die Wahl Spinners und rät von der Wahl der beiden SPD-Kandidatinnen ab. Wenn die Linke nicht für ihn stimmt, könnten AfD-Stimmen entscheidend werden.
Linken-Politikerin beklagt «Hetzjagd»
Die Linken-Abgeordnete Clara Bünger sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Union habe keine Gespräche mit der Linken geführt. Stattdessen habe sie mit einer «Hetzjagd» gegen Brosius-Gersdorf Chaos gestiftet. «Die Geister, die sie rief, wird sie jetzt nicht mehr los», sagte Bünger. Die Union hätte demokratische Mehrheiten organisieren können, nehme aber stattdessen in Kauf, dass Spinner mit Stimmen der AfD gewählt werde.
Die Linke werde bei einer Fraktionssitzung am Freitagmorgen um 8.00 Uhr ihre Position und ihr mögliches Abstimmungsverhalten noch einmal besprechen. «Für uns ist das eine ernste Angelegenheit», sagte Bünger.