Wenn es um die Digitalisierung in Deutschland geht, verliert Timotheus Höttges, Chef der Deutschen Telekom AG, kein gutes Wort. Auf der Messe "Digital X" in Köln kritisierte er Deutschlands Stand in Sachen Digitalisierung scharf.
- Digitalisierung in Deutschland - wie ist der Stand?
- Kritik von Telekom-Chef
- Digitalisierung in den deutschen Behörden wird bemängelt
Seit dem Jahr 2014 überwacht die Europäische Kommission die Fortschritte beim Stand der Digitalisierung in den EU-Mitgliedsstaaten und dokumentiert die Erkenntnisse in den jährlich veröffentlichten Berichten zum "Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft" (DESI). Dabei erreicht Deutschland im Jahr 2022 unter den 27 Mitgliedsstaaten gerade einmal den 13. Platz. Im Jahr zuvor stand Deutschland immerhin noch an 11. Stelle.
"Wir fallen zurück" - Telekom-Chef warnt vor Verschlafen der Digitalisierung
Bei seiner Rede auf der Messe "Digital X" äußerte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom, dass sich Deutschland zu lange auf seinem Wohlstand ausgeruht habe. Es sei kein "Führungsanspruch" mehr vorhanden. Zudem kritisiert er Deutschland als "zu selbstgefällig", wie der Focus berichtet. In Hinblick auf das verbesserungswürdige Ranking und die großen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft - Energiekrise, Fachkräftemangel und Inflation - sage Höttges: „Es muss wieder unser Anspruch werden, führend zu sein.“
Weiter fordere der Telekom-Chef höhere Ausgaben im Bereich Digitalisierung, denn "Innovation ist der Wohlstand von morgen." Höttges habe deshalb eine klare Forderung: Idealerweise sollten jährlich sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Digitalisierung investiert werden. Im Jahr 2021 sei in Deutschland jedoch nur ein Prozent des BIP ausgegeben worden. "Wie soll ‚Made in Germany‘ überleben, wenn Deutschland nicht in Innovationen investiert?“
Höttges stellte außerdem einen bildhaften Vergleich auf: „Deutschland sitzt wie ein Frosch zufrieden in einem Topf, der immer heißer wird. Würde der Frosch direkt in heißes Wasser geworfen werden, würde er sofort rausspringen." So wie die Situation allerdings aktuell sei, bleibe der Frosch im Topf, "bis er verbrüht".
„Es ist ein Skandal, wie es um die Digitalisierung in deutschen Behörden steht“
Auch die Digitalisierung in den deutschen Behörden kritisiert der Manager. Die derzeitige Lage sei "ein Skandal". Deutschland würde es in diesem Jahr wahrscheinlich nicht einmal schaffen, 35 Behörden auf den aktuellen digitalen Standard zu bringen. Daher brauche es "ein Jahrzehnt der Kraftanstrengung", um "Made in Germany" wieder zu neuer Blüte zu bringen. Dabei sieht er auch sein eigenes Unternehmen in der Verantwortung. Telekom wolle jedes Jahr sechs Milliarden Euro in die Digitalisierung stecken. Den Glasfaser- und 5G-Ausbau wolle man vorantreiben, versichert Höttges. Aber auch auf der Seite der Politik und Regierung müsse sich etwas tun.
Dieser Meinung ist auch die Bundestagsfraktion der Linken. Die hat Berichten der Tagesschau zufolge eine kleine Anfrage an das für die Behördenmodernisierung zuständigen Bundesinnenministeriums (BMI) gestellt. In der Anfrage wird erneut deutlich, dass die "Digitalisierung der deutschen Verwaltung nach wie vor eine riesige Baustelle" ist. Die Antwort des BMI bezeichnet die Tagesschau als "ein Dokument des Schulterzuckens".