Vom Aussterben bedroht: Die Litfaßsäule wird 165 Jahre alt

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Zu Ehren des 165. Geburtstags der Litfaßsäule hat Google einen Doodle eingerichtet.
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Die Litfaßsäule feiert 165. Geburtstag.
Litfaßsäule
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Die Litfaßsäule feiert 165 Geburtstag. Hinter der Werbemöglichkeit steckt die lange Geschichte eines Kulturgutes.

Vor 165 Jahren, am 1. Juli 1855, wurde in Berlin die erste Litfaßsäule eingeweiht. Die riesigen Säulen waren ursprünglich dazu gedacht, die zunehmende Werbung an Hauswänden und Fassaden einzudämmen. Schnell etablierten sich die Werbepfeiler als eine Art öffentliches Schwarzes Brett und entwickelten sich zum Geschäftsmodell.

Mittlerweile verschwindet die Litfaßsäule mehr und mehr von der Bildfläche. Zu stark und lukrativ sind die alternativen Werbemöglichkeiten des digitalen Zeitalters. Zu Ehren des 165. Geburtstages ehrt "Google" die Litfaßsäule mit einem bunten Doodle auf seiner Startseite.

Vom Aussterben bedroht: Das ist die Geschichte der Litfaßsäule

Als im Jahr 1855 die erste Litfaßsäule von Drucker Ernst Litfaß in Berlin aufgestellt wurde, sollte sie eigentlich nur dem Reklame-Wildwuchs an Zetteln und Postern entgegenwirken. Kultur-Termine, politische Informationen, Wahlkampfplakate, amtliche Bekanntmachungen, Steckbriefe – alles sollte sich nun an Litfaß’ Säulen sammeln.

Es folgte ein wahrer Siegeszug: 2005 waren hierzulande noch circa 50.000 Säulen im Einsatz. Die wohl bekannteste Litfaßsäule steht in Berlin und ist auf dem Titelbild des Millionenbestsellers "Emil und die Detektive" zu sehen. Hinter der Säule versteckt sich der kleine Steppke Emil in Berlin, als er einen verdächtigen Mann beschattet. Das Original war 1929 an einer Kreuzung in Berlin-Wilmersdorf aufgestellt.

In Berlin waren bis 2019 noch rund 2.500 Werbesäulen aufgebaut. Doch es werden immer mehr Röhren abgebaut. Vor dem großen Abbau durch den altern Vermarkter, sollte geprüft werden, ob Denkmalschutz das Verschwinden einiger Säulen verhindern kann. Etwas mehr als 20 Säulen wurden daraufhin zum Denkmal erklärt - zu wenig finden die Kritiker. Viele sehen die Litfaßsäule als großen Teil der Berliner Stadtgeschichte und Kulturgut.

Die Litfaßsäule vor dem Aus: Wie geht es weiter?

Hat die Litfaßsäule in Zukunft noch eine Chance? Leuchtende Rundsäule und LED-Anzeigen machen dem Werbe-Dino Konkurrenz. Doch das heiße nicht, dass die Säule ganz aus der Werbelandschaft verschwinden wird, so Zukunftsforscher Tristan Horx gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.

"Wir leben im Zeitalter der Nostalgie, des Retrotopia. Die Litfaßsäule ist sehr alt und stark assoziiert mit dem Stadtbild. Eine lange Zeit war sie auch eine Möglichkeit des politischen Protests und des Diskurses und Teil des Public Space. Wenn das verschwindet, fragen sich die Leute: Was geht da eigentlich wirklich verloren? Ist das das Ende vom Stadtbild, wie wir es kennen? Man sehnt sich natürlich auch nach dieser Zeit.  Es geht natürlich um die Re-Kombination und die Weiterentwicklung davon. Ich würde aber der Werbeindustrie raten, nicht zu unterschätzen, was das Analoge kann", so Horx. 

aa/dpa