CDU-Chef Merz löst mit Äußerungen über Zahnbehandlungen für Asylbewerber eine hitzige Debatte aus. Es hagelt Populismus-Vorwürfe von SPD, Grünen und Linkspartei. Aus Bayern bekommt Merz aber nun prominente Unterstützung.
CDU-Chef Friedrich Merz hat mit harten Aussagen über abgelehnte Asylbewerber, die sich in Deutschland nach seinen Worten "die Zähne neu machen" lassen, scharfe Kritik und eine erneute Diskussion über seine Wortwahl ausgelöst. SPD, Grüne und Linkspartei warfen ihm Populismus vor und forderten eine Entschuldigung. Von Parteifreunden bekam er am Donnerstag zunächst Rückendeckung.
Merz hatte am Mittwoch im "Welt-Talk" des Senders Welt gesagt, bei dem es um Migranten ging: "Die werden doch wahnsinnig, die Leute, wenn die sehen, dass 300.000 Asylbewerber abgelehnt sind, nicht ausreisen, die vollen Leistungen bekommen, die volle Heilfürsorge bekommen. Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine."
Deutsche "kriegen keine Termine" - Merz eckt mit Asylanten-Vergleich an
Laut Ausländerzentralregister waren Ende 2022 rund 304 000 Menschen ausreisepflichtig, davon etwa 248 000 mit einer Duldung. Geduldete sind Menschen, die zwar ausreisepflichtig sind, aber aus bestimmten Gründen nicht abgeschoben werden können. Das kann etwa daran liegen, dass sie keine Ausweisdokumente haben, krank sind oder ein minderjähriges Kind haben, das eine Aufenthaltserlaubnis besitzt.
Die Unionsfraktion verbreitete das Video - zunächst ohne die Passage mit den Zähnen, später in der ganzen Version noch einmal - auch auf der Plattform X, vormals Twitter. "Wir müssen über die Pull-Faktoren sprechen, die hier in Deutschland wirken. Wir haben massive Faktoren, die dazu führen, dass über 30 Prozent der Asylbewerber aus ganz Europa nach Deutschland kommen", sagte er demnach. Mit Pull-Faktoren meint Merz solche, die eine Sogwirkung auf Migranten haben. Der Koalition warf er vor, nicht zu handeln. "Was Sie hier machen, ist eine Katastrophe für dieses Land."
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb am Donnerstag auf X - allerdings ohne direkt auf Merz Bezug zu nehmen: "Mein klares Ziel sind Lösungen, die unser Land voranbringen - am besten gelingt uns das gemeinsam. Mit heißer Luft und Populismus wird nur die Stimmung im Land aufgeheizt." Bundesinnenministerin Nancy Faeser, SPD-Spitzenkandidatin für die Hessen-Wahl in eineinhalb Wochen, schrieb: "Das ist erbärmlicher Populismus auf dem Rücken der Schwächsten. Wer so spricht, spielt Menschen gegeneinander aus und stärkt nur die AfD". Sie wies Merz' Aussagen als falsch zurück: Asylsuchende würden nur behandelt, wenn sie akut erkrankt seien oder unter Schmerzen litten. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, forderte in der Rheinischen Post eine Entschuldigung von Merz.
Im Asylbewerberleistungsgesetz heißt es in Paragraf 4 zu Leistungen bei Krankheit: "Zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sind die erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen zu gewähren." Eingeschränkt wird: "Eine Versorgung mit Zahnersatz erfolgt nur, soweit dies im Einzelfall aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist."
Nach umstrittener Merz-Aussage - Krankenkassen äußern sich
Nach den ersten 18 Monaten des Aufenthalts (sogenannte Wartezeit) werden Asylbewerber und Geduldete von den gesetzlichen Krankenkassen betreut. "Sie erhalten eine elektronische Gesundheitskarte, mit der Sie nahezu dieselben Leistungen erhalten wie gesetzlich Krankenversicherte", heißt es dazu auf der Homepage des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Die Kassen bezahlen allerdings in der Regel keine Brücken oder Kronen komplett, sondern übernehmen 60 Prozent der Kosten für Zahnersatz. Der Rest muss zugezahlt werden oder wird von einer privaten Zusatzversicherung getragen. "Dass sich Geflüchtete massenhaft in Deutschland die Zähne machen lassen, wie Friedrich Merz gesagt hat, das geht im Regelfall nicht", sagte der Präsident der Bundeszahnärztekammer, Christoph Benz, der FAZ. Er könne Merz' Aussagen nicht nachvollziehen, sagte Benz zudem der Wirtschaftswoche.