Eigentlich finden alle, dass das im Mai gestartete neue Ticket für den bundesweiten Nahverkehr ein Erfolg ist. Doch um die Finanzierung gibt es Dauerstreit. Kommen Bund und Länder nun überein?
Nach heftigem Wirbel und Warnungen vor einem drohenden Aus sind Millionen Fahrgäste nun zumindest einen Zweifel los: Das Deutschlandticket für Busse und Bahnen im Nahverkehr quer durch die Republik gibt es auch weiterhin.
Kanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten vereinbarten in der Nacht zu Dienstag Schritte zu einer weiteren Finanzierung. Es sind aber noch Punkte offen. Und eine große Frage ist, wie lange das Ticket noch zu lockenden 49 Euro im Monat angeboten oder doch bald teurer wird. Darum beginnt nun gleich das nächste Ringen. Nicht nur Verbraucherschützer fordern mehr Verlässlichkeit für das Angebot.
Wissing sieht das D-Ticket gesichert
Bundesverkehrsminister Volker Wissing sieht das D-Ticket jetzt gesichert. «Es gibt überhaupt keinen Grund mehr, Finanzdebatten zu führen oder den Fortbestand dieses Tickets in Frage zu stellen», sagte der FDP-Politiker am Dienstag in Berlin. Der Bund-Länder-Beschluss zeige, dass die von den Ländern losgetretene Debatte über die Finanzierung vollkommen überflüssig gewesen sei. «Außer einer Verunsicherung der Verbraucher haben sie damit nichts erreicht.» Wissing rief alle dazu auf, nun konstruktiv mitzuarbeiten.
Schon vor der nächtlichen Runde mit Scholz hatte sich die Atmosphäre beruhigt. Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Boris Rhein (CDU) aus Hessen, nannte das Ticket ein Erfolgsmodell. «Wir wollen es weiterführen.» Für den Anschluss einigten sich Bund und Länder auf ein Vorgehen, das aber noch schwierige Fragen aufwirft.
Der Vorsitzende der Länderverkehrsminister, Oliver Krischer (Grüne) aus Nordrhein-Westfalen, sagte, man werde dem Auftrag nachkommen und ein Konzept für ein langfristig gesichertes Ticket entwickeln. Der nun festgelegte Finanzrahmen schränke aber vieles ein und könnte dazu führen, dass der Einführungspreis ab Mai 2024 nicht mehr zu halten sein werde. Zumindest im ersten Jahr nach der Einführung, also noch bis Ende April 2024, werde es keine Preiserhöhung geben, stellte der niedersächsische Ressortchef Olaf Lies (SPD) aber schon in Aussicht.
Operation Umschichtung
Teil des Plans ist nun, nicht genutzte Mittel für 2023 noch 2024 zum Ausgleich finanzieller Nachteile durch das günstige Ticket einsetzen zu können. Nach einer Verabredung von Ende 2022 schießen Bund und Länder in diesem und im nächsten Jahr schon je 1,5 Milliarden Euro zum Ausgleich von Einnahmeausfällen bei Bus- und Bahnbetreibern zu. Doch Knackpunkt waren zuletzt etwaige Mehrkosten darüber hinaus. Dass Bund und Länder auch sie hälftig tragen, ist nur fürs Einführungsjahr 2023 vereinbart. Verkehrsbranche und Länder forderten das lange auch für 2024. Davon ist keine Rede mehr. Mit dem künftigen Konzept soll eine weitere «Nachschusspflicht» für Bund und Länder vom Tisch sein.
Welche Mehrkosten es gibt, lässt sich noch nicht beziffern. Bund und Länder planen deswegen nun eine genaue «Spitzabrechnung» für 2023 und 2024, die die Länder machen sollen. Laut einer Prognose des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen dürften die Verluste der Branche dieses Jahr 2,3 Milliarden Euro betragen, nachdem das Ticket erst Anfang Mai startete. Im vollen Jahr 2024 dürften es 4,1 Milliarden Euro sein. Bei sechs Milliarden Euro Zuschüssen für 2023 und 2024 könnte sich so eine Lücke von 400 Millionen Euro ergeben. Der Städtetag beklagte eine Hängepartie. Knapp acht Wochen vor Jahresende wüssten kommunale Verkehrsunternehmen weiter nicht, womit sie ab Januar planen könnten.