Die Tiefkühl- und Frischewirtschaft in Deutschland warnt vor Problemen bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln und fordert in einem offenen Brief Energie-Beihilfen von der Bundesregierung. Eine Antwort steht bislang aus.
"Es ist eine Minute vor 12!" - So wenden sich das Deutsche Tiefkühlinstitut e.V. (dti) und derVerband Deutscher Kühlhäuser (VDKL) und Kühllogistikunternehmen e.V. in einem offenen Brief an den Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die gesamte Bundesregierung. Anlass für den Brief sei die Befragung der Bundesregierung gewesen, an der auch Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) teilgenommen hat.
„Die Lebensmittelwirtschaft erlebt gerade die schwerste Krise seit Ende des Zweiten Weltkrieges“, erklären die Geschäftsführerin des dti, Sabine Eichner, und der Geschäftsführer des VDKL, Jan Peilnsteiner in dem Brief. Besonders die energieintensive, mittelständische Tiefkühl- und Frischewirtschaft stehe infolge der Energiekrise vor einer "existenziellen Bedrohung". Manche würden sich schon auf eine "mögliche Insolvenz" vorbereiten. "Wenn die Bundesregierung nicht umgehend handelt, drohen erhebliche Versorgungslücken bei der täglichen Lebensmittelversorgung der Menschen in Deutschland.“
Die Branche warnt: "Es drohen erhebliche Versorgungslücken"
Die Unterzeichner*innen des offenen Briefes fordern die Bundesregierung auf, die Sicherung der Energieversorgung "mit höchster Priorität" zu betrachten und voranzutreiben. Die Regierung solle die angekündigten Energie-Beihilfen kurzfristig auf den Weg bringen und das Energiekostendämpfungsprogramm für die mittelständischen Unternehmen in der Kühl- und Tiefkühlkette zu öffnen. Der Welt zufolge sei der Brief von fünf weiteren Branchenverbänden aus der Lebensmittelindustrie unterzeichnet worden. Darunter auch der Verband der Fleischwirtschaft (VDF), der Bundesverband Fisch und der Deutsche Fruchthandelsverband (DFHV). Trotzdem gebe es keine finanzielle Hilfe für die Hersteller*innen von tiefgefrorenen Lebensmitteln, für die Kühlhäuser und die Logistikunternehmen, so die Klage.
Eine Antwort auf den offenen Brief steht bislang noch aus. Der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir, hat in seiner Rede im Bundestag am Mittwoch (21. September 2022) lediglich über Hilfen für die Landwirtschaft gesprochen: "Wir müssen unsere Bäuerinnen und Bauern dabei unterstützen, die Wurzel dieses Baumes zu hegen und zu pflegen, um unsere Nahrung und unsere Zukunft sicherzumachen."
Dass die Situation ernst ist, macht die dti-Geschäftsführerin im Gespräch mit der Welt nochmal deutlich: "Die Lage ist angespannt und die Belastungsgrenze erreicht, die Betriebe müssen daher im Ernstfall ihre Sortimente verkleinern.“ Dass auf den Weg über einen offenen Brief zurückgegriffen wurde, liege an der seit Wochen ausbleibenden Reaktion des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Auf mehrere Hilferufe und Briefe der Lebensmittelindustrie, habe man nicht reagiert, beklagt Eichner gegenüber der Welt. „Minister Özdemir nimmt es offenbar in Kauf, dass Unternehmen pleitegehen.“ Und das, obwohl die Ernährungsindustrie der fünftgrößte Industriezweig mit zuletzt 186 Milliarden Euro Umsatz und 638.000 Mitarbeiter*innen in etwa 6200 Unternehmen sei. „Die Not ist groß, aber keiner hört uns an.“
Kritik aus der Lebensmittelindustrie: "Keiner hört uns an"
Zuletzt hatten sich auch Vertreter*innen der Getränkewirtschaft und der Fleischwirtschaft über fehlende Unterstützung seitens der Politik beschwert. "Hier darf der Staat nicht untätig bleiben", hieß es etwa in einer Pressemitteilung der Verbände der Getränkewirtschaft. "Die nationale Ernährungssicherheit steht auf dem Spiel", hatte die Fleischindustrie gewarnt.
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Haben wir inzwischen auch schon festgestellt - aber hey - dann muss man halt das Fleischhähnchen statt das Suppenhuhn kochen. Schmeckt auch.