Heidi tanzt auf der Luisenburg

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Die lebensfrohe Heidi (Maria Kempken) tanzt vor der Hütte des Alm-Öhi. Im Hintergrund kauern "Geißen". Fotos: Marcel Kohnen/Florian Miedl
Die lebensfrohe Heidi (Maria Kempken) tanzt vor der Hütte des Alm-Öhi. Im Hintergrund kauern "Geißen". Fotos: Marcel Kohnen/Florian Miedl
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Der Kinderbuch-Klassiker wurde von Eva Toffol für die Luisenburg behutsam zum Familienmusical modernisiert.

Die Geschichte kennen ganze Generationen aus Büchern und Filmen, deren bekanntester vermutlich der von 1952 ist, mit Elsbeth Sigmund als Heidi und Heinrich Gretler als Alm-Öhi. Doch auch nach der großen Zeit des Heimatfilms in den 1950er Jahren wurden immer wieder Heidi-Filme gedreht.
Es muss also was dran sein am Stoff um das unverbildete Schweizer Bergkind, das in der Großstadt fast verblüht, in der frischen Bergluft genest und fast beiläufig auch noch ihre Freundin Klara heilt. Und eine verbiestert-verknöcherte Umwelt decouvriert. Eva Toffol (das ist das Autoren-Alter-Ego von Eva-Maria Lerchenberg-Thöny) hat die Geschichte bearbeitet und zu einem Familienmusical geformt, dessen Uraufführung am Mittwochvormittag auf der Freilichtbühne zu sehen war - vor einem kritischen Publikum, Kindern im Grundschulalter.
Und sie hat es gut, sehr gut gemacht. Es galt ja zwei Fallen zu vermeiden. Einmal in den Kitsch, die Rührseligkeit, die 50er-Jahre-Heimatfilm-Pseudoidylle abzugleiten. Andererseits aus der lustigen, dem Leben stets zugewandten Heidi ein frech-dreistes Gör zu machen, die Geschichte überhaupt in die Gegenwart zu versetzen mit Rockmusik und "geil" in jedem zweiten Satz. Nein, die Figuren sprechen klugerweise Hochdeutsch, und die liebevoll ausgestatteten Kostüme Eva Praxmarers atmen das Kolorit der Zeit, als die "Heidi"-Romane Johanna Spyris zum ersten Mal veröffentlicht wurden, der Zeit um 1880 also. Das Bühnenbild Jörg Brombachers ist einerseits ein Selbstläufer. Ideal geeignet ist die Granitlandschaft der Luisenburg für die Alpenkulisse, samt windschiefen Hütten, Alphorn und einem Warnschild "Achtung, Raubvogel". Andererseits hat Brombacher sich roll- und drehbare Häuserfronten ausgedacht für die Frankfurt-Episoden.
Zum Musical gehört natürlich die Musik, und die stammt hauptsächlich von Hans-Jürgen Buchners "Haindling", aber auch von anderen Protagonisten alternativer Alpenklänge wie "Broadlahn", den wunderbaren Tiroler "Knödeln" und den "Giesinger Sautreibern". 16 Songs gliedern die Handlung. Auch die hält sich eng an die Vorlage. Einzig die gespannte Beziehung zwischen dem misanthropischen Alm-Öhi (raubeinig Paul Kaiser) und den Dorfbewohnern wird stärker als in den Vorlagen herausgearbeitet, und die wunderbare Filmszene, als das Fräulein Rottenmeier (richtig schön fies Gudrun Schade) mit dem Gesicht im Kuhfladen landet, fehlt.
Aber dafür sind die Dörfler Tandler wie "Krautkopf-Liesl" und "Käse-Karl", "Wurst- und Fleischwutz" und "Fischers Fritz". Die Regisseurin und Choreographin Eva-Maria Lerchenberg-Thöny hat sich schöne Tänze ausgedacht, der Höhepunkt ist sicher das Duett mit Heidi (in jeder Beziehung sicher: Maria Kempken mit dem kongenialen Geißenpeter Thomas Zigon) und Klara (Carolin Waltsgott) im Rollstuhl. Aber auch die mit den Hinterteilchen wackelnden Kinder als Geißen sind allerliebst. Schön auch Vladimir Golubchyk als Sebastian, Frankfurter Diener mit Herz - und als Feuertänzer in den Alpen. Haindlings Musik ist so krachend rhythmisiert, dass die Kleinen im Zuschauerraum spontan mitklatschten - und eine Zugabe verlangten, als die Bühne im Finale zu "Ist das Leben noch so hart" bebte. Denn eine Moral hat Toffol auch noch hineingeschrieben (aber unaufdringlich): "Gemeinsam sind wir stark!"
Ein Wiedersehen gibt es mit Sabine von Maydell als Klaras Großmutter und Dietmar Mössner als Dorfnarr und Arzt. Wenn man überhaupt etwas bekritteln möchte, dann sind es die anderthalb Stunden Länge, die kleinere Kinder schon etwas kribbelig werden lassen. Es ist auch kein Slapstick-Stück, das alle zwei Minuten einen Lacher provoziert. Und ein richtiger Ohrwurm wie etwa im "Ritter Camenbert" von 2012 fehlt. Macht nichts, warten wir gespannt auf die Premiere der "Pfingstorgel" am 23. Juni und des "Theatermachers" am 14. Juli.

Termine und Karten
Weitere Vorstellungen 4., 10. 6. (15 Uhr), 22. 6. (10.30 Uhr), 24. 6. (15 Uhr), 25., 28. 6., 2., 6., 7., 8., 13., 14., 16., 20., 22., 23., 27., 29., 30. 7., (jew. 10.30 Uhr), 2. 8. (20.30 Uhr, einzige Abendvorstellung!), 5., 6. 8. Karten unter www.luisenburg-aktuell.de Dauer ca, 1,5 Stunden, keine Pause