GroKo einigt sich bei Familiennachzug: Fragen und Antworten zu einem kontroversen Thema

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Schon ab August können einige Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus ihre Familien nachholen. Symbolbild, Foto: Sebastian Kahnert/dpa
Schon ab August können einige Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus ihre Familien nachholen. Symbolbild, Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Die große Koalition will voraussichtlich nächste Woche im Kabinett einen Gesetzentwurf zum Familiennachzug verabschieden. Die Zeit drängt.

Union und SPD haben im Streit um Details zum  Familiennachzug von Flüchtlingen mit nur eingeschränktem Schutz eine Kompromissformel gefunden. Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Eva Högl, erklärte am Mittwoch in Berlin, falls die Zielmarke von 1000 Angehörigen pro Monat wegen bürokratischer Anlaufschwierigkeiten in den ersten fünf Monaten nicht erreicht werden sollte, werde eine Übertragung auf den kommenden Monat möglich sein. "Administrative Kniffe", um die Zahl der bearbeiteten Anträge künstlich niedrig zu halten, werde die SPD nicht akzeptieren.

Der Kompromiss sieht den Angaben zufolge außerdem vor, dass die Entscheidung darüber, welche Flüchtlinge zuerst ihre Angehörigen zu sich holen dürfen, in Deutschland beim Bundesverwaltungsamt liegen soll. Die Visa erteilt aber nach wie vor das Auswärtige Amt. Die SPD hatte ursprünglich vorgeschlagen, die Entscheidungsstelle beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) anzusiedeln. Die Union sah eher das Auswärtige Amt in der Pflicht.


Nachzug nur von Eheleuten, minderjährigen Kindern oder deren Eltern

Bei dem Gesetzentwurf, den das Kabinett in der kommenden Woche beraten soll, geht es um den privilegierten Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus. Das sind Menschen, bei denen man davon ausgeht, dass sie nicht lange in Deutschland bleiben werden, denen aber aktuell Gefahr im Herkunftsland droht. Viele Syrer fallen mittlerweile in diese Kategorie. Für die Angehörigen dieser "subsidiär Schutzberechtigten" war im März 2016 ein Nachzugsstopp beschlossen worden. Der Familiennachzug ist nur möglich für Ehepartner, minderjährige Kinder und für die Eltern von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen.

FDP-Chef Christian Lindner reagierte mit Unverständnis. "Es stellt sich unverändert die Frage, warum Menschen ohne Bleibeperspektive überhaupt Familienangehörige nachholen sollten", sagte er. "Statt jetzt noch ein Kontingent aufzufüllen, sollte es eine exakte Härtefallprüfung ohne Ober- und Untergrenzen geben."


Hintergrund der Diskussion rund um den Familiennachzug

Der Hintergrund: Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus sollen ab August 1000 Angehörige pro Monat nach Deutschland holen dürfen - darauf haben sich CDU, CSU und SPD bereits geeinigt. Doch dann fängt das koalitionsinterne Gezerre an: Die Union interpretiert diese Zahl als Grenze, demnach sollen maximal 12 000 Menschen pro Jahr nachkommen können. Die SPD pocht hingegen darauf, dass es zwar nicht mehr, aber eben auch nicht weniger Menschen sein sollen, die kommen dürfen.


Um wen geht es konkret?

Die Änderung betrifft nur die Angehörigen von Menschen, die hier in Deutschland als "subsidiär Schutzberechtigte" Aufnahme gefunden haben. In den Jahren 2016 und 2017 erhielten insgesamt 251 774 Menschen diesen Schutzstatus - Allerdings will nicht jeder Flüchtling Angehörige nachholen.


Was sind subsidiär Schutzberechtigte?

Subsidiären oder eingeschränkten Schutz bekommt, wem in der Heimat ernsthafter Schaden droht, zum Beispiel die Todesstrafe, Folter oder Krieg. Viele Syrer gehören zu dieser Gruppe. Wer in diese Kategorie fällt, ist schlechter gestellt als Ausländer, die sich auf politische Verfolgung berufen können oder Flüchtlinge nach der Genfer Konvention, denen wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe Verfolgung droht. Im vergangenen Jahr wurde bei 16,3 Prozent aller Asylentscheidungen subsidiärer Schutz gewährt.


Familiennachzug für andere Gruppen

Gibt es Familiennachzug für andere Gruppen? Wer als politisch Verfolgter oder als Schutzbedürftiger nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt ist, hat jetzt schon ein Recht auf den sogenannten "privilegierten Familiennachzug". Dabei wird nicht darauf geschaut, wie viel Geld und Wohnraum der in Deutschland lebende Flüchtling hat. Die Angehörigen, die nachziehen wollen, müssen auch keine Deutschkenntnisse vorweisen.


Warum ist das alles so umstritten?

Für die Union und insbesondere für die CSU ist das Migrationsthema heikel - was nicht zuletzt mit den bayerischen Landtagswahlen im Herbst zu tun hat. Die CSU hat Begrenzung versprochen und muss jetzt liefern. Die SPD wiederum hat schon während der Koalitionsverhandlungen eine großzügigere Regelung durchsetzen wollen - auch wenn das an der Basis der Partei einige kritisch sehen. Beide Seiten haben sich für ihre Position öffentlich stark ins Zeug gelegt.


Warum kocht das Thema gerade jetzt wieder hoch?

Als Reaktion auf den damals enormen Andrang von Flüchtlingen hatte die Bundesregierung im März 2016 den Nachzug von Angehörigen für subsidiär Schutzberechtigte für zwei Jahre ausgesetzt. Im Januar vereinbarten SPD und Union dann bei ihren Verhandlungen für eine neue große Koalition, den Nachzugsstopp zunächst bis zum 31. Juli zu verlängern. Danach soll dieser wieder erlaubt, aber auf 1000 Menschen pro Monat begrenzt sein. Da die Übergangsregelung bald ausläuft, muss über die Nachfolgeregelung noch vor der Sommerpause im Bundestag beraten und abgestimmt werden.