Was ist Cannabis überhaupt und wie wirkt es?
Cannabis ist der lateinische Name für Hanf. Das Harz an den Blüten der weiblichen Pflanze enthält laut Deutschem Hanfverband hohe Konzentrationen von Tetrahydrocannabinol (THC), das ist der Stoff mit der Rauschwirkung. Werden die getrockneten knollenartigen Blüten geraucht oder Produkte mit THC konsumiert, werden Nutzer "high": Sie geraten je nach Menge und Konzentration in einen heiteren, oft albernen Zustand. Bei manchen Menschen ruft die Droge aber auch Angstzustände und Panik hervor. Der Rausch-Höhepunkt dauert ungefähr eine halbe Stunde an und ebbt dann langsam ab. Ein typisches Anzeichen dafür, dass jemand "bekifft" ist, sind stark gerötete Augen.
Wie weit verbreitet ist das eigentlich in Deutschland?
Das Bundesgesundheitsministerium verweist hier auf repräsentative Befragungen aus dem Jahr 2021. Darin gaben 8,8 Prozent aller Erwachsenen im Alter von 18 bis 64 Jahren an, in den letzten 12 Monaten mindestens einmal Cannabis konsumiert zu haben. Bei den Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren sagten 9,3 Prozent, schon einmal im Leben Cannabis probiert zu haben. 1,6 Prozent der Befragten dieser Altersgruppe gaben regelmäßigen Konsum an. Bei den jungen Erwachsenen (18 bis 25 Jahre) hatte die Hälfte schon einmal probiert. 8,6 Prozent gaben regelmäßigen Konsum in den vergangenen zwölf Monaten an.
Was konkret soll nun rechtlich neu geregelt werden?
Cannabis soll aus dem Betäubungsmittelgesetz herausgenommen werden, wo es bisher neben Heroin und anderen Drogen als verbotene Substanz gelistet und mit entsprechenden Strafvorschriften belegt ist. Ab 18 Jahren soll künftig der Besitz von 25 Gramm erlaubt sein - von Volumen und Gewicht in etwa vergleichbar mit zwei gehäuften Esslöffeln Blumenerde. Privat sollen maximal drei Cannabis-Pflanzen angebaut werden dürfen. In Vereinen, sogenannten Cannabis-Clubs, sollen Mitglieder die Droge gemeinschaftlich anbauen und gegenseitig abgeben dürfen.
Soll Cannabis auch frei verkauft werden können?
Nein, erst einmal nicht, obwohl das der ursprüngliche Plan war - angelehnt an Länder wie Kanada oder einzelne US-Bundesstaaten. Dort gibt es spezielle Läden, in denen von Blüten ("Gras") über fertig gerollte Joints bis hin zu mit Cannabis versetzten Süßigkeiten verschiedenste Produkte frei an Erwachsene verkauft werden. Das soll nun in Deutschland zunächst vereinzelt in Modellprojekten erprobt werden. Allerdings ist dafür auch erst noch ein gesondertes Gesetz nötig, das noch gar nicht vorliegt.
Wie genau soll das in diesen Cannabis-Vereinen laufen?
Dort sollen die Pflanzen "gemeinschaftlich" und "nicht-gewerblich" angebaut und ausschließlich an Vereinsmitglieder abgegeben werden dürfen. Die Finanzierung läuft über den Mitgliedsbeitrag. Pro Verein sind maximal 500 Mitglieder erlaubt. Pro Tag dürfen maximal 25 und pro Monat höchstens 50 Gramm pro Mitglied ausgegeben werden - bei unter 21-Jährigen nicht mehr als 30 Gramm im Monat mit maximalem THC-Gehalt von zehn Prozent. Die Droge darf nur in einer "neutralen Verpackung" mit Beipackzettel ausgegeben werden, auf dem Gewicht, Erntedatum, Mindesthaltbarkeitsdatum, Sorte und Wirkstoffgehalt angegeben sind.
Räume und Grundstücke der Cannabis-Clubs müssen umzäunt und einbruchssicher gestaltet werden. Gewächshäuser brauchen einen Sichtschutz. Jeder Verein soll ein Gesundheits- und Jugendschutzkonzept erstellen und einen Sucht- und Präventionsbeauftragten benennen müssen, der sich schulen lassen und regelmäßige Auffrischungsschulungen machen muss.
Welche Regeln sind noch geplant?
Kiffen in den Cannabis-Clubs und deren Nähe soll verboten sein, genauso wie im Umkreis von 200 Metern zum Eingangsbereich von Schulen, Kindergärten oder Spiel- und Sportplätzen und in Fußgängerzonen zwischen 7.00 und 20.00 Uhr. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass in vielen anderen Bereichen der Öffentlichkeit künftig Cannabis konsumiert werden darf und die Rauchschwaden mit dem süßlichen Geruch entsprechend präsent sein dürften.
Ab wann darf in Deutschland legal ein Joint geraucht werden?
Der genaue Zeitpunkt des Inkrafttretens hängt davon ab, wie schnell das Vorhaben nach der Sommerpause im Bundestag beraten und beschlossen wird. Auch der Bundesrat muss sich wie bei jedem Gesetz formal damit befassen, kann es aber nach Angaben von Lauterbach nicht stoppen, da es in der Länderkammer nicht zustimmungspflichtig sei. Das CSU-regierte Bayern etwa ist strikt gegen eine Legalisierung. Lauterbach ist überzeugt, dass das Gesetz bis zum 1. Januar 2024 in Kraft ist. Bis zum Inkrafttreten bleibt Cannabis verboten, auch wenn der Besitz kleiner Mengen schon lange vielerorts gar nicht mehr strafrechtlich verfolgt wird.
Was spricht für eine Legalisierung von Cannabis und was dagegen?
Hier tobt eine aufgeladene Debatte: Befürworter und die Bundesregierung argumentieren damit, dass die Verbotspolitik gescheitert sei, da trotzdem immer mehr gekifft wird. Dann lieber qualitativ korrekte Produkte begrenzt freigeben, ohne möglicherweise giftige Beimischungen und mit Klarheit über den THC-Gehalt, so das Argument. Außerdem könnten so der Schwarzmarkt und die organisierte Drogenkriminalität eingedämmt werden. Gegner befürchten dagegen eine "Normalisierung" der Droge, sinkende Hemmschwellen auch bei Jugendlichen und verweisen auf Gefahren des Cannabis-Konsums für das noch nicht ausgereifte Gehirn bei Heranwachsenden. Zudem warnen Verbände vor Risiken von Cannabis im Straßenverkehr.
"Aberwitzig" und "schwerer Fehler": Union äußert harsche Kritik
Die Pläne werden unter anderem von der Union und von Verbänden aus Justiz, Polizei und Gesundheitswesen scharf kritisiert. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa): "Ich halte dieses Gesetz für einen Fehler, einen schweren Fehler." Es sei medizinisch nicht verantwortbar. Der Chef der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Alexander Dobrindt, sprach von einem "Anschlag auf den Jugend- und Gesundheitsschutz in Deutschland". Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) forderte, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) müsse "die Notbremse ziehen und den aberwitzigen Legalisierungs-Kurs stoppen".
Befürchtet werden wegen der neuen detailreichen Vorgaben für die Cannabis-Clubs, für Konsum und Besitzmengen auch Mehrbelastungen für Ermittler und Gerichte. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) erwartet das Gegenteil. "Ich bin sehr zuversichtlich, dass eine pragmatischere Drogenpolitik zu einer Entlastung der Gerichte führen wird", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch).
Der Mediziner Lauterbach, der nach eigenen Angaben früher selbst gegen eine Legalisierung war und ebenso wie Mediziner-Verbände und Vertreter aus dem Bereich Psychiatrie vor den Gefahren von Cannabis für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene unter 25 wegen möglicher Gehirnschädigungen warnte, sagte dennoch, er sei von dem Gesetz überzeugt.
Cannabis-Gesetzentwurf auf den Weg gebracht: Das sind die Pläne bis Jahresende
Er verwies darauf, dass der Konsum trotz des bisherigen Verbots steige. Eine Antwort könne nicht sein, alles so zu lassen wie es ist. Parallel zu dem Gesetz hat das Gesundheitsministerium nach eigenen Angaben eine an junge Menschen gerichtete Aufklärungskampagne unter dem Motto "Legal, aber..." gestartet. Damit werde schon während des Gesetzgebungsverfahrens dem Eindruck entgegengetreten, der Konsum von Cannabis sei ungefährlich. Ausgespielt werden soll die Kampagne vor allem über die digitalen Kanäle des Ministeriums. Die öffentliche Aufmerksamkeit für das Legalisierungsvorhaben hilft nach Ansicht von Lauterbach auch dabei, die Botschaft von der Gefährlichkeit der Droge für junge Leute besser zu vermitteln.
"Ich werde selbst nicht konsumieren. Ich habe ja bei anderer Gelegenheit schon mal darauf hingewiesen, dass ich den Konsum schon einmal probiert habe, aber ich plane nicht zu konsumieren, hab ich nicht vor." Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, SPD, am Mittwoch (16. August 2023) in Berlin auf die Frage, ob er die Möglichkeiten des Gesetzes zur Cannabis-Legalisierung auch persönlich nutzen werde.
Bereits vor der Verabschiedung hatte es erneute Kritik aus der Union und von Verbänden aus Justiz, Polizei und Gesundheitswesen gegeben. Sie warnen vor Gesundheitsgefahren für junge Menschen und vor Mehrbelastungen für Ermittler und Gerichte.
Die Bundesregierung verteidigt das Vorhaben mit dem Argument, dass damit der Schwarzmarkt und die organisierte Kriminalität eingedämmt und Gesundheitsgefahren durch mögliche giftige Beimischungen reduziert werden könnten. Außerdem habe trotz des bisherigen Verbots der Konsum zugenommen.
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Vorschaubild: © Rolf Vennenbernd (dpa)