So hoch war die Inflation seit 30 Jahren nicht mehr. Doch die Preisspirale könnte sich weiter drehen - schließlich stiegen die Erzeugerpreise jetzt auf einen Nachkriegsrekord. Vor allem die Energiepreise sind explodiert.
- Erzeugerpreise auf Nachkriegsrekord gestiegen - eine solche Steigerung gab es noch nie
- Energiepreise für Erzeuger teilweise mehr als verdreifacht
- Auch Verbraucherpreise steigen massiv - insbesondere Butter, Öl, Kaffee und Fleisch
- Erzeugerpreise sind wichtiger Frühwarn-Indikator für die Entwicklung der Inflation
- Die Europäische Zentralbank (EZB) sieht noch keinen Grund zum Gegensteuern
Die Erzeugerpreise in Deutschland schnellen in die Höhe: Angetrieben durch die hohen Energiekosten haben die Erzeugerpreise für gewerbliche Produkte in Deutschland einen Nachkriegsrekord erreicht. Die Preise lagen im Dezember 24,2 Prozent über dem Wert des Vorjahresmonats, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag berichtete. Eine derartige Steigerung hat es in der Bundesrepublik noch nie gegeben. Im Jahresdurchschnitt ergab sich zum Vorjahr ein Anstieg um 10,5 Prozent - nachdem sie im Jahr zuvor noch um 1 Prozent gefallen waren.
Preissteigerungen zwischen 300 und 600 Prozent
Die Erzeugerpreise beschreiben zunächst die Entwicklung der in Deutschland erzeugten und verkauften Produkte des Bergbaus und der Industrie sowie der Energie- und Wasserwirtschaft. Doch sie wirken sich verzögert auch auf die Verbraucherpreise aus - die Hersteller geben Preissteigerungen erfahrungsgemäß an die Verbraucher weiter.
Das zeigt sich auch in den vom Statistischen Bundesamt vorgelegten Zahlen: So stiegen die Preise für Erdgas für Haushalte innerhalb eines Jahres um 9,2 Prozent. Für Handel und Gewerbe stiegen die Erdgaspreise im selben Zeitraum hingegen um 24,7 Prozent. Noch krasser ist die Entwicklung für Kraftwerksbetreiber. Diese zahlten im Dezember 2021 307,4 Prozent mehr für Erdgas - die Preise haben sich hier also innerhalb eines Jahres mehr als verdreifacht. Doch woher kommt diese Diskrepanz?
Während Versorgungsunternehmen wie beispielsweise Stadtwerke den Energiebedarf besser kalkulieren können und deswegen oft langfristige Lieferverträge abschließen können, reagieren Großkunden und Kraftwerksbetreiber kurzfristiger auf den veränderten Bedarf und kaufen Erdgas oder auch Strom an den Börsen ein. Doch die Börsenpreise sind deutlich volatiler, reagieren stärker auf Krisen wie den Konflikt in der Ukraine und sind zudem auch stark durch Spekulationsgeschäfte getrieben. An den Energiebörsen sind die Preise explodiert: So lag der Preis für Erdgas im Dezember 2021 um 597,4 Prozent über dem im Dezember 2020. An der Strombörse stiegen die Preise im selben Zeitraum immerhin um 418 Prozent. War die Megawattstunde an der Strombörse noch Mitte des vergangenen Jahres für unter 60 Euro zu haben, stieg der Preis Ende des Jahres auf knapp 300 Euro.
Gestiegene Erzeugerpreise: Was heißt das für uns Verbraucher?
Angesichts dieser Zahlen lag die Inflationsrate in Deutschland im Dezember mit 5,3 Prozent noch auf einem scheinbar erträglichen Niveau. Trotzdem ist dies die höchste Inflationsrate seit fast drei Jahrzehnten. Schon im Herbst lag die Inflationsrate auf einem Rekordhoch - damals waren jedoch nicht die Erdgas- und Strompreise die entscheidenden Preistreiber. Ein ähnliches Bild gibt es in anderen europäischen Staaten: So stiegen die Verbraucherpreise in der Eurozone um 5 Prozent und damit so stark wie seit der Einführung der Gemeinschaftswährung nicht, wie das Statistikamt Eurostat mitteilte.
Dieser Wert gibt jedoch nur die durchschnittliche Preissteigerung an - einzelne Güter und Dienstleistungen sind im selben Zeitraum nochmal deutlich teurer geworden. So stiegen die Preise für Butter (+48,1 Prozent), pflanzliche Öle (54,5 Prozent), Rindfleisch (+18,5 Prozent) oder Kaffee (+10,6 Prozent) deutlich stärker. Angesichts der stark gestiegenen Erzeugerpreise und Energiekosten ist zudem auch hier mit einer weiteren Steigerung zu rechnen.
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