Inflation so hoch wie seit Jahrzehnten nicht: Was wirklich teurer geworden ist und wer besonders betroffen ist

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Zu hoch war die Inflation seit 28 Jahren nicht mehr: Um durchschnittlich 4,1 Prozent stiegen die Preise im Laufe eines Jahres. Doch nicht alle Produkte sind gleich teurer geworden: Bei einigen Dingen sind die Preise förmlich explodiert.

  • Die Inflationsrate in Deutschland ist auf historischem Höchststand 
  • Vor allem Ölprodukte, aber auch Nahrungsmittel und Dienstleistungen betroffen
  • Deutlich weniger Geld: Inflation schadet Sparern enorm
  • Steigen die Preise weiter?

Für viele Menschen ist die Nachricht nicht wirklich überraschend: Gefühlt stiegen die Preise bereits in den letzten Monaten massiv. Trotzdem ist die Nachricht für Verbraucher bitter - denn erstmals seit knapp 28 Jahren hat die Inflation in Deutschland wieder die Vier-Prozent-Marke überschritten. Wie das Statistische Bundesamt (destatis) mitteilt, sind die Preise im Vergleich zum Vorjahresmonat um 4,1 Prozent gestiegen. Eine Vier vor dem Komma bei der Teuerungsrate hatte die Wiesbadener Behörde zuletzt im Dezember 1993 mit damals 4,3 Prozent ermittelt. Als Preistreiber werden im Allgemeinen vor allem die Energiepreise genannt. Doch ist dies wirklich so? Welche Produkte und Dienstleistungen sind tatsächlich teurer geworden? 

Woher kommt die massive Preissteigerung?

Tatsächlich tragen die Energiepreise erheblich zur gestiegenen Inflation bei: Im Zuge der Konjunkturerholung nach der Corona-Krise ist die Nachfrage nach Rohöl deutlich gestiegen, das treibt die Preise nach oben. In Deutschland sind zudem seit Januar 25 Euro je Tonne Kohlendioxid (CO2) fällig, das beim Verbrennen von Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas entsteht. Im September mussten die Verbraucher für Haushaltsenergie und Kraftstoffe nach den vorläufigen Daten 14,3 Prozent mehr zahlen als ein Jahr zuvor.

Insgesamt stiegen die Preise für die im Verbraucherindex erfassten Waren um 6,1 Prozent, während sich die im Index enthaltenen Dienstleistungen "nur" um 2,5 Prozent verteuerten. 

Laut Statistischen Bundesamt veränderten sich zudem die Mietpreise um 1,4 Prozent. Hier spielen aber auch regionale Unterschiede eine Rolle - in einzelnen Regionen ist der Anstieg deutlich höher.

Nicht nur Öl: Welche Dinge noch teurer geworden sind

Einen genaueren Blick auf die Frage, was wirklich teurer geworden ist, ermöglicht der Blick auf die Inflationszahlen aus dem August (die aktuellen Zahlen für September werden Mitte Oktober veröffentlicht). Absoluter Spitzenreiter ist hier Heizöl: Binnen eines Jahres stiegen die Preise um ganze 57,3 Prozent. Demgegenüber stiegen die Erdgaspreise lediglich um 4,9 Prozent - die Strompreise sogar nur um 1,7 Prozent. Auch Autofahrer mussten massiv unter der Inflation leiden: Um 26,4 Prozent (Super) beziehungsweise 27,8 Prozent (Diesel) stiegen die Preise innerhalb eines Jahres. 

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Die Nahrungsmittelpreise stiegen ebenfalls - jedoch zeigen sich hier deutliche Unterschiede: Während Preise für Obst nur moderat stiegen (2,5 Prozent), wurde Fleisch um 3,5 Prozent teurer. Was Kunden beispielsweise beim Kauf von Tomaten bereits gemerkt haben dürften: Den größten Preissprung machte Gemüse. Ganze 9 Prozent betrug die Inflationsrate hier.

Nach der langen Phase, in denen Corona-Beschränkungen zu finanziellen Problem führten, erhöhten zudem einige Dienstleister ihre Preise. In Gaststätten- und Beherbergungsbetrieben steigen die Preise um 3,5 Prozent, für Freizeit- und Kulturangebote mussten man durchschnittlich 3,3 Prozent mehr bezahlen.

Sparer verlieren enorm viel Geld

Am unteren Ende der Preisspirale befinden sich neben der Nettomiete (1,4 Prozent) auch Strompreise (1,7 Prozent), Entgelte für Telekommunikation (1,3 Prozent), Pauschalreisen (1,5 Prozent) und Kosten für Gesundheit (0,7 Prozent).

Probleme macht die hohe Inflationsrate jedoch nicht nur Konsumenten. Auch Sparer verlieren viel Geld - schließlich können sie sich in Zukunft von ihrem Ersparten deutlich weniger kaufen. Vor allem, da die Zinsen weiterhin auf niedrigem Niveau stagnieren. Nach Berechnungen der Commerzbank-Tochter Comdirect liegt der Realzins - also der Zins für Spareinlagen nach Abzug der Teuerungsrate - deshalb aktuell auf dem historischen Tief von minus 3,82 Prozent. Zudem werden Rentner*innen durch die Inflation belastet.

Experten gehen jedoch davon aus, dass die Inflation in Zukunft wieder sinken wird. Ökonomen werten den Anstieg der Teuerung als vorübergehendes Phänomen. "Auch wenn jetzt schon eine Vier vor dem Komma steht, darf man diese Entwicklung vorläufig nicht dramatisieren", sagte ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann. "Der Preisschub reflektiert zunächst einmal die erfreulich kräftige und umfassende Erholung der Binnen- und Weltwirtschaft nach dem tiefen Absturz in der Pandemie."

"Die hohen Inflationsraten seit Juli 2021 haben eine Reihe von Gründen", teilt auch das Statistische Bundesamt mit. Darunter fallen statistische Probleme durch die Corona-Krise, vor allem aber die temporäre Senkung der Mehrwertsteuersätze im Jahr 2020 und die Einführung der CO2-Bepreisung seit Januar 2021.

Zudem waren während der Corona-Pandemie einige Produkte billiger geworden. Das zeigt sich vor allem bei den Mineralöl- und Kraftstoffpreisen: Zwar stieg beispielsweise der Preis für Heizöl im Vergleich zum Vorjahr um die erwähnten 57 Prozent. Jedoch sind die Ölpreise im Vergleich zum Jahr 2015 "nur" um 18 Prozent gestiegen - was zeigt, wie billig Öl im Herbst vergangenen Jahres war. rowa/mit dpa

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