Deutschland und Frankreich geben bei europäischen Debatten häufig den Ton an. Im Streit um die Schuldenregeln lagen sie lange deutlich auseinander. Jetzt ist eine Verständigung gefunden.
Deutschland und Frankreich haben sich in der Debatte über die Reform der europäischen Schuldenregeln auf einen gemeinsamen Vorschlag geeinigt. Die EU-Wirtschaftsschwergewichte wollen diesen nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in eine außerordentliche Sitzung der EU-Finanzminister heute einbringen. Eine politische Einigung bei dem kurzfristig anberaumten Online-Treffen aller 27 EU-Länder wird damit wahrscheinlicher.
Um noch offene Streitpunkte mit seinem französischen Kollegen Bruno Le Maire zu klären, war Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) am Dienstag überraschend nach Paris gereist. Nach Angaben aus Regierungskreisen beinhaltet der Vorschlag nun wirksamere Sicherheitslinien für den Abbau von Haushaltsdefiziten und Staatsverschuldung als bisher. Zugleich sollten Investitionen und Strukturreformen der Mitgliedsstaaten besser berücksichtigt werden.
Nachbarländer kommen sich näher
Seit Monaten ringen die EU-Finanzminister um neue Vorschriften für den Schuldenabbau. Grundlage der Verhandlungen ist ein Vorschlag der Europäischen Kommission, der statt einheitlicher Vorgaben beim Schuldenabbau individuelle Wege für jedes Land vorsieht.
Deutschland und Frankreich waren mit sehr unterschiedlichen Positionen in die Verhandlungen gegangen. Berlin pochte auf einheitliche Vorgaben für den Schulden- und Defizitabbau hoch verschuldeter Länder - was Paris lange Zeit ablehnte. Zuletzt kamen sich die Nachbarländer aber näher.
«Vor zwei Jahren waren die Positionen weit auseinander. Damals gab es Forderungen, die bekannten Kriterien von 3 Prozent Haushaltsdefizit und maximal 60 Prozent Staatsverschuldung zu schleifen. Das haben wir gemeinsam hinter uns gelassen», sagte Finanzminister Christian Lindner (FDP) der Deutschen Presse-Agentur. Im Gegenteil seien beide Kriterien nun ausdrücklich bestätigt. Aus deutscher Sicht sei zudem entscheidend, dass der Pfad zu nachhaltig stabilen Staatsfinanzen anhand klarer numerischer Vorgaben erfolge.
Le Maire schrieb auf X (vormals Twitter) am Abend von hervorragenden Nachrichten für Europa, die gesunde öffentliche Finanzen und Investitionen in die Zukunft garantierten.
Debatte aller EU-Länder
Schon vor dem Treffen am Dienstagabend hatten sich beide Minister optimistisch gezeigt, eine gemeinsame Lösung zu finden. Er sei zuversichtlich, dass in dem Fall auch mit allen Ländern eine politische Einigung erreicht werden könne, sagte Lindner. «Wir glauben, dass eine deutsch-französische Verständigung auch anderen erlauben wird, zu sagen «Jawohl, hinter diesem Vorschlag verständigen wir uns»».