Das Bürgergeld ist aus FDP-Sicht zu hoch und sollte gekürzt werden. Die Ampel-Partner SPD und Grüne signalisieren: Das ist mit uns nicht zu machen. Und dann ist da noch die Rechtslage.
SPD und Grüne haben einem Vorschlag der FDP zur Senkung des Bürgergeldes eine klare Absage erteilt. Nach den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen sei eine Kürzung dieser Sozialleistung ohnehin nicht möglich, wie das SPD-geführte Bundessozialministerium erklärte.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr hatte via Bild-Zeitung einen Vorstoß unternommen: Das Bürgergeld falle "aktuell 14 bis 20 Euro im Monat zu hoch aus". "Mein Vorschlag wäre eine Anpassung nach unten, weil bei der letzten Berechnung die Inflation höher eingeschätzt wurde als sie sich tatsächlich entwickelt hat." Eine Kürzung würde die Steuerzahler um bis zu 850 Millionen Euro entlasten und Arbeitsanreize erhöhen. Die notwendigen gesetzlichen Änderungen würde die FDP-Fraktion unterstützen.
Grüne kritisieren "wilde FDP-Fantasien"
SPD und Grüne wiesen die Idee umgehend und mit scharfen Worten zurück. "Ich halte überhaupt nichts davon, ständig mit völlig unausgegorenen Ideen fern jeder Realität für Verunsicherung zu sorgen", sagte Martin Rosemann, Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion für Arbeit und Soziales. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der grünen Bundestagsfraktion, Andreas Audretsch, sagte, viele Familien arbeiteten und bezögen zusätzlich Bürgergeld, weil das Geld mit den Kindern nicht reiche. "Diese Familien planen mit dem Geld. Wir werden sie nicht der Willkür wilder und falscher FDP-Fantasien aussetzen."
Kritik gibt es auch vom Paritätischen Gesamtverband. Der Verband erklärt, dass die aktuellen Regelsätze bereits jetzt viel zu niedrig seien. Laut Berechnungen des Wohlfahrtsverbandes müsste das Bürgergeld anstelle der bisherigen 563 Euro eine Höhe von mindestens 813 Euro erreichen, um wirksam gegen Armut zu schützen.
"Das Bürgergeld ist kein Almosen, sondern verwirklicht Grundrechte. Es ist schon heute zu niedrig, um Armut zu bekämpfen. Wer hier von Kürzungen spricht, will Ungleichheit vergrößern und fördert die soziale Spaltung", erklärt Dr. Joachim Rock, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes. Schon die bereits angekündigte Nullrunde für Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld im Jahr 2025 wäre eine massive Härte für die Leistungsberechtigten, die als aufstockende Beschäftigte, als pflegende Angehörige, Erziehende oder aus anderen Gründen auf die Unterstützung angewiesen seien. Rock stellt fest: "Angriffe auf das Bürgergeld erleben wir in letzter Zeit zu häufig. Offenbar wurde der Sommertrend Bürgergeld-Bashing ausgerufen."
Kaum Chancen für FDP-Vorstoß zur Bürgergeld-Senkung
Besonders zynisch sei es, wenn Christian Dürr nun trotz steigender Lebenshaltungskosten mit der zurückgehenden Inflation argumentierte, so Rock: "Das Bürgergeld wurde in der Vergangenheit durch methodische Tricksereien spürbar zu niedrig angesetzt. Anstatt immer wieder auf Kosten der Ärmsten zu sparen und Geringverdienende zusätzlich zu belasten, müssen die Reichsten entsprechend ihrer ungleich größeren Leistungsfähigkeit viel stärker zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen. Die steuerliche Privilegierung großer Einkommen und Vermögen durch den Verzicht auf Vermögens- und angemessene Erbschaftssteuern muss enden", fordert Rock.
Eine einfache Kürzung des Bürgergeldes ist nicht machbar. Hierfür müssten die Gesetze zur Berechnung der Leistungen geändert werden, was angesichts der Reaktionen von SPD und Grünen als ausgeschlossen gilt. Die Bürgergeld-Sätze werden gemäß Gesetz jährlich entsprechend der allgemeinen Preis- und Lohnentwicklung angepasst. Im Gegensatz zum früheren Hartz IV werden beim Bürgergeld zusätzlich weitere aktuelle Preisentwicklungen, etwa bei Lebensmitteln und Kleidung, in die Berechnungen einbezogen. Dies führte zu einem starken Anstieg. Anfang 2024 war das Bürgergeld um insgesamt 12 Prozent erhöht worden. Alleinstehende erhalten seither 563 Euro im Monat, 61 Euro mehr als im Vorjahr.