Druckartikel: "Koloss von Rügen" kämpft mit Leerstand - an diesem Ostsee-Ort will niemand Urlaub machen

"Koloss von Rügen" kämpft mit Leerstand - an diesem Ostsee-Ort will niemand Urlaub machen


Autor: Stefan Lutter

Ostseebad Binz, Dienstag, 10. Juni 2025

Prora auf Rügen kämpft mit Leerstand und wirtschaftlichen Schwierigkeiten, obwohl die historische Anlage beeindruckend saniert wurde. Die Zukunft des Kolosses von Rügen bleibt ungewiss, da zentrale Projekte unvollendet sind.
Der riesige Gebäudekomplex in Prora, auch bekannt als der "Koloss von Rügen", wurde in den 1930er-Jahren von der nationalsozialistischen Organisation "Kraft durch Freude" (KdF) als eine riesige Ferienanlage geplant.


Die historische Ferienanlage Prora auf Rügen kämpft mit wirtschaftlichen Herausforderungen und stockenden Entwicklungen. Trotz der malerischen Ostsee-Lage und ambitionierter Projekte steht sie im Spannungsfeld von Vergangenheit und Zukunft. Denn der 4,5 Kilometer lange Gebäudekomplex - auch bekannt als der "Koloss von Rügen" - wurde aufwändig saniert, nachdem er ursprünglich als gigantisches Seebad der Nationalsozialisten errichtet wurde. 

Nach der Wende sollte der geschichtsträchtige Ort zu einem Ferienparadies werden, mit Luxuswohnungen, Hotels und touristischer Infrastruktur. Doch die Realität bleibt hinter den Erwartungen zurück: Viele Ferienwohnungen und Gewerbeflächen in dem Ortsteil des bekannten Ostseebades Binz stehen leer. Die Nachfrage nach den hochpreisigen Immobilien ist geringer als prognostiziert.

Ferienanlage Prora bei Binz: Ostsee-Ort kämpft mit Leerstand

Ein zentrales Problem ist dabei die Insolvenz eines der Hauptakteure, der "Wohnen in Prora Vermögensverwaltung", die für die Sanierung eines großen Teils der Anlage verantwortlich war. Diese Insolvenz hat nicht nur die Fertigstellung einiger Projekte verzögert, sondern auch das Vertrauen vieler Käufer erschüttert. Obwohl 90 Prozent der Umbauten abgeschlossen sind und Käufer durch rechtliche Sicherheiten wie die Auflassungsvormerkung geschützt sind, bleibt die Unsicherheit groß. Viele Eigentümer fragen sich, ob eine vollständige Fertigstellung der Wohnungen und Infrastruktur überhaupt gewährleistet ist.

Die Ostsee-Zeitung zitiert einen Leser mit den Worten "Die Preise sind ja auch heftig". Auch die hohen Kosten für Ferienwohnungen in Prora werden teilweise für den Leerstand verantwortlich gemacht.

Ein weiterer Faktor, der zur schwierigen Situation beiträgt, ist die ambivalente Wahrnehmung des Standorts. Prora ist nicht nur ein modernes Ferienziel, sondern auch eine der größten architektonischen Hinterlassenschaften der NS-Zeit. Während die Umgestaltung des Komplexes international Aufmerksamkeit erregt, sehen einige Kritiker die Vermarktung als Ferienparadies kritisch. Die NS-Vergangenheit des Gebäudes und die Frage, wie mit diesem historischen Erbe umgegangen wird, werfen ethische und kulturelle Fragen auf. Dies könnte auch potenzielle Käufer oder Mieter abschrecken.

Neue Investitionen als Lichtblick

Zudem stellen sich infrastrukturelle Probleme. Trotz der umfangreichen Sanierung mangelt es in Teilen von Prora an einer funktionierenden touristischen Infrastruktur, die für eine ganzjährige Auslastung notwendig wäre. Einige Gewerbetreibende klagen über hohe Betriebskosten und fehlendes Besucheraufkommen, insbesondere in der Nebensaison. Dies hat dazu geführt, dass Geschäftsflächen geschlossen bleiben oder nur sporadisch genutzt werden. Die geplante Vision eines pulsierenden Ferienortes scheint in weite Ferne gerückt zu sein.

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Einen Lichtblick könnten neue Investitionen darstellen: Ein Berliner Investor plant, rund 300 zusätzliche Wohnungen in bislang ungenutzten Teilen des Komplexes zu bauen. Während dies als Chance für die wirtschaftliche Belebung gesehen wird, gibt es auch Bedenken, dass eine weitere Expansion die bestehende Infrastruktur überfordern könnte.

Kritiker argumentieren, dass es an einer klaren Strategie für die langfristige Entwicklung des zwischen Sassnitz und Binz auf der Rügen eingebetteten Ortes fehlt und dass die bisherigen Probleme möglicherweise durch weitere Bauprojekte verschärft werden.

Langer Strand, Baumwipfelpfad und Sandskulpturen

Parallel zu den wirtschaftlichen und infrastrukturellen Herausforderungen hat das etwa 800 Einwohner zählende Prora jedoch auch positive Entwicklungen vorzuweisen. Teile des Komplexes, wie die Jugendherberge und einige der sanierten Wohnblöcke, erfreuen sich steigender Beliebtheit. Primär in der Hochsaison zieht der Standort Touristen an, die die Nähe zur Ostsee und die moderne Architektur schätzen. Besonders der lange Sandstrand und die malerische Umgebung der Ostsee laden zum Entspannen und Erkunden ein.

Das Naturerbe-Zentrum mit seinem berühmten Baumwipfelpfad ist ein Highlight, das einen beeindruckenden Blick über die Küste und die umliegenden Wälder bietet. Kunstliebhaber und Familien können zudem die Sandskulpturen-Ausstellung im Glaspalast Prora besuchen. Auf einer Ausstellungsfläche von 4.000 Quadratmetern erschaffen internationale Künstler jährlich beeindruckende Skulpturen aus rund 9000 Tonnen Spezialsand. Das diesjährige Thema  "Mythen, Sagen & Legenden" entführt die Besucher in eine magische Welt, in der Figuren wie griechische Götter, Einhörner und Dracula zum Leben erweckt werden. 

Ein weiterer Ansatzpunkt für die Zukunft könnte eine stärkere Integration von Proras historischer Bedeutung in das touristische Konzept sein. Das Dokumentationszentrum Prora, das sich mit der NS-Vergangenheit des Komplexes auseinandersetzt, zieht bereits zahlreiche Besucher an. Eine stärkere Verknüpfung von Geschichtstourismus und Ferienangeboten könnte dazu beitragen, die Attraktivität des Standorts zu erhöhen und gleichzeitig die kulturelle Verantwortung des Projekts zu betonen.

"Koloss von Rügen": Vom Nazi-Urlaubsort zum Mahnmal

Der riesige Gebäudekomplex in Prora, auch bekannt als der "Koloss von Rügen", wurde in den 1930er-Jahren von der nationalsozialistischen Organisation "Kraft durch Freude" (KdF) als eine riesige Ferienanlage geplant. Mit einer Länge von 4,5 Kilometern sollte das sogenannte "Seebad der 20.000" bis zu 20.000 deutschen Urlaubern gleichzeitig erschwingliche Ferien bieten. Das Ziel war nicht nur Erholung, sondern auch die ideologische Stärkung der Bevölkerung durch Propaganda und Gleichschaltung. Der Bau begann 1936 unter der Leitung von Clemens Klotz, einem Architekten, der für die gleichförmige und monumentale Gestaltung der acht Blöcke verantwortlich war.

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Jedes der etwa 10.000 geplanten Zimmer sollte Meerblick haben und war mit einer minimalen Ausstattung konzipiert: zwei Betten, ein Schrank und ein Handwaschbecken. Gemeinschaftseinrichtungen wie Duschen und Toiletten waren in den Treppenhäusern der Blöcke untergebracht. Die Anlage sollte zudem über eine riesige Festhalle, Sportanlagen, Geschäfte und medizinische Einrichtungen verfügen. Ziel war es, den "arischen" Arbeitern einen Urlaub zu ermöglichen, der früher nur der Oberschicht vorbehalten war.

Die Idee hinter Prora ging jedoch weit über bloßen Tourismus hinaus. Das Projekt war ein Propagandawerkzeug, das zeigen sollte, wie die NSDAP für das Wohl des Volkes sorgte. Gleichzeitig diente es der Vorbereitung auf den Krieg, indem die Bevölkerung physisch und mental gestärkt werden sollte. Robert Ley, Leiter der Deutschen Arbeitsfront, war der Initiator des Projekts und propagierte die Idee, dass ein solcher Urlaub die Arbeitskraft und Loyalität der Deutschen steigern würde. Mehr dazu finden Sie im Artikel über die Geschichte von Prora.

Für 20.000 Urlauber geplant

Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs im Jahr 1939 wurden die Bauarbeiten eingestellt, bevor die Anlage vollständig fertiggestellt werden konnte. Keiner der geplanten 20.000 Urlauber hat jemals in Prora seine Ferien verbracht. Stattdessen wurden die Rohbauten von der Wehrmacht und in späteren Jahren von der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR als Kasernen genutzt. Nach dem Krieg verfiel der Komplex über Jahrzehnte hinweg, wobei die gigantischen Ausmaße und die düstere NS-Vergangenheit den Ort zu einem Mahnmal des Größenwahns machten. Die Diskussion über eine mögliche Nutzung und den Umgang mit dem historischen Erbe prägte die Nachkriegszeit. Erst in den letzten Jahren hat man begonnen, Prora in Teilen zu sanieren und als Ferien- und Wohnanlage zu nutzen, was weiterhin Kontroversen auslöst.

Eine Besonderheit von Prora ist die uniforme und monumentale Architektur, die die Ideologie der Nationalsozialisten widerspiegelt. Die gleichmäßigen Blöcke, die sich über mehrere Kilometer entlang der Küste erstrecken, sollten nicht nur funktional sein, sondern auch die Macht und Organisation des Regimes symbolisieren. Diese architektonische Symbolik trägt bis heute zu den gemischten Reaktionen auf die Nutzung von Prora bei. 

Letztlich bleibt Prora ein ambivalentes Beispiel für die Herausforderungen moderner Tourismusprojekte an geschichtsträchtigen Orten. Während die ursprüngliche Vision einer luxuriösen Ferienidylle durch wirtschaftliche und infrastrukturelle Probleme getrübt wird, bietet der Standort dennoch Potenzial für eine positive Weiterentwicklung. Entscheidend wird sein, ob Investoren, Betreiber und lokale Behörden eine langfristige Strategie entwickeln können, die sowohl die wirtschaftlichen Interessen als auch die historische und kulturelle Verantwortung berücksichtigt.

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Ein Urlaub an der Ostsee bietet zahlreiche Möglichkeiten, von klassischen Strandaufenthalten bis hin zu kulturellen Erkundungen. Besonders beliebt sind Kreuzfahrten, Campingplätze und historische Städte wie Wismar, die mit ihrer Backsteingotik und maritimen Atmosphäre beeindrucken. Frühbucher können zudem durch Rabatte sparen, und neue touristische Attraktionen machen die Region besonders attraktiv.

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