Allgemeine Impfpflicht: Der Witz des Jahres, über den niemand lacht

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Ein Kommentar von Io Görz
Die Impfpflicht wird diskutiert und diskutiert und diskutiert. Beschlossen wird nichts. Ein Kommentar
Impfnachweis
Marijan Murat/dpa

Es ist Februar 2022 und Deutschland debattiert immer noch über eine allgemeine Corona-Impfpflicht. Wenn man es denn so nennen will. Die ganze Sache droht zum Witz des Jahres zu verkommen. 

Wir erinnern uns: Im Herbst 2021 kündigte die sich formierende Ampelkoalition an, dass womöglich schon im Februar 2022 eine allgemeine Impfpflicht eingeführt würde, um gegen weitere Corona-Wellen gewappnet zu sein. Der Bundestag solle hierzu „zügig“ debattieren und eine Entscheidung treffen. 

Jetzt ist Februar und es fühlt sich an wie beim sprichwörtlichen Murmeltier, das täglich grüßt. Die letztlich immer gleichen Vorschläge für eine mehr oder weniger allgemeine Impfpflicht werden in immer zahlreicher werdenden Entwürfen festgehalten und…na ja, das war es eigentlich auch. Seit Wochen kursieren die immer selben Argumente derselben Akteure. Würden ARD und ZDF Wiederholungen der TV-Debattentalks bei Maybritt Illner, Markus Lanz und Anne Will senden – wir würden es lediglich an der Kleidung der Diskutierenden bemerken. Für Abwechslung sorgen da auch keine schrillen Zwischentöne einer Sahra Wagenknecht, die inzwischen endgültig ihre geistige und politische Heimat bei den sogenannten „Querdenkern“ gefunden hat. 

Das Thema Impfpflicht: Werden wir noch 2025 damit gequält?

Die einzige konkrete Maßnahme, die einrichtungsbezogene Impfpflicht für Pflegekräfte, droht ebenfalls zur Farce zu werden. Sie wird zwischen Parteipolitik und bürokratischen Hindernissen zerrieben und am Ende wird – so scheint es zumindest als Möglichkeit – nur ein "Pflichtlein" übrigbleiben, ein zahnloser Papiertiger. Zum unwürdigen, parteipolitischen Gezerre verkommt sie spätestens, seit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder in einem Anflug von exekutivem Separatismus erklärt hat, man werde sie womöglich nicht gleich vollziehen. Sein Gesundheitsminister Klaus Holetschek ist zwar inzwischen bemüht, die Scherben, die sein Chef hinterlassen hat, wieder aufzukehren, der Schaden ist aber angerichtet. 

Wer soll diese Politik denn noch ernst nehmen? Wie soll in solch einer Lage eine Impfpflicht, sollte sie jemals wirklich ernsthaft beschlossen werden, auf Akzeptanz in der Bevölkerung stoßen? Zwar ist laut aktuellen Umfragen (z.B. laut ZDF-Politbarometer aus dem Januar 2022) eine deutliche Mehrheit der Menschen in Deutschland für eine allgemeine Impfpflicht. Wenn der Weg dorthin jedoch weiterhin so stümperhaft gestaltet wird, lässt das auch nicht auf eine gute und verständliche Umsetzung hoffen.

Die Corona-Politik von Bund und Ländern droht immer mehr, zur Lachnummer zu werden, von der sich die Menschen enttäuscht, wütend und auch verwirrt abwenden. Dafür müssen sie auch gar nicht an absurde Verschwörungen und unwissenschaftliche Panikmache von Impfgegnern glauben, um über den Schlingerkurs der Regierungen in Bund und Ländern den Kopf zu schütteln. 

Die Fakten sind unverändert: Langfristig hilft gegen das Coronavirus nur eine ausreichende Immunisierung der gesamten Bevölkerung und am besten ist dies über eine hohe Impfquote zu erreichen. Umso tragischer, dass das Thema Impfpflicht so umfassend in den Sand gesetzt wurde, dass sie wahrscheinlich wirklich nur noch als Running Gag der aktuellen Legislaturperiode taugt. Wir dürfen nur gespannt sein, ob wir im Wahlkampf 2025 immer noch mit denselben Argumenten für und wider eine Impfpflicht gequält werden.