In Bayern wird Brauchtum noch großgeschrieben. Im Freistaat sind Traditionen noch wichtig. Und so wird vor dem Osterwochenende wieder eine Diskussion geführt, die große Tradition besitzt: Wie still dürfen oder müssen die stillen Tage nun sein?
Denn mit Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag stehen gleich drei der insgesamt neun stillen Tage in Bayern vor der Tür. Ab Donnerstag, 2.00 Uhr, heißt es dann bis Samstag, 24 Uhr: Tanzverbot. Stattdessen gibt es Zeit für die innere Einkehr.
Gaststättenverband fürchtet "verheerende Folgen"
Dabei wäre es insbesondere der bayerischen Gastronomie lieber, die Menschen würden woanders einkehren. „Die derzeitige Regelung kommt einem Berufsverbot gleich“, sagte die Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA-Bayern) Angela Inselkammer Anfang der Woche. Besonders bitter sei dies wegen der Corona-Pandemie. Weswegen sich Landesgeschäftsführer Thomas Geppert ein „Signal des Entgegenkommens gegenüber Bayerns zweitwichtigster Leitökonomie, welche die letzten drei Jahre bitter leiden musste“, wünscht.
Das Feiertagsgesetz in Bayern gilt als eines der strengsten in Deutschland. Und es muss relativ neu sein, schließlich befürchtet die DEHOGA, dass „aus stillen Tagen schnell eine tote Zeit“ wird, und zwar „mit verheerenden Folgen.“ Schnell. Als sei das Gesetz in seiner jetzigen Fassung nicht bereits über 40 Jahre alt oder sei es früher freizügiger zugegangen. So schnell kann das mit dem Niedergang also nicht gehen.
Dass Betreiber von Diskotheken und anderen gastronomischen Betrieben gerne das verlockende Geschäft an den stillen (Feier-)Tagen mitnehmen würden, ist verständlich. Dass es der Gastronomie in Bayern schlecht geht, liegt jedoch nicht am Tanzverbot an maximal neun Tagen im Jahr – und das Problem wird wohl kaum durch dessen Abschaffung gelöst werden.
Verhärtete Fronten statt tolerantes Miteinander
Doch die Warnung der DEHOGA ist nicht der einzige Diskussionsbeitrag, der an der Sache vorbeigeht. Auch im Netz geht es, wie immer, weniger um Fakten als um gefühlte Wahrheiten. Zwei zentrale Argumente gibt es dabei. Das erste: Die Kirche hat ihre Bedeutung verloren. Es gibt immer mehr Menschen, die nicht christlich sind. Also „lasst euch von jahrtausendalten Fantasygeschichten nicht das Leben verbieten!“, wie es ein Nutzer auf unserer Facebookseite ausdrückte. Die eigene Freiheit wird hier zum höchsten Gut erhoben. Auswirkungen auf andere Menschen? Sind egal.
Auf der anderen Seite wird das Argument bemüht, dass man auch als Atheist die freien Tage zwar gerne mitnimmt – sich aber andererseits nicht an die christlichen Traditionen halten wolle. „Dann geh arbeiten und falls du da arbeiten solltest, dann nehm die Feiertagszuschläge nicht“, erwiderte ein anderer Nutzer beispielsweise unter unserem Artikel zu den stillen Feiertagen. Dahinter steckt die Vorstellung, dass andere sich so zu verhalten haben, wie man es selbst für richtig hält - oder doch bitte sonst den Mund halten sollen.
Gemein ist beiden Positionen fehlende Toleranz. Und zumindest damit stehen dann beide Seiten wieder in "guter" bayerischer Tradition.
Übrigens: So streng wie es sich anhört, ist das Feiertagsgesetz und das Tanzverbot in Bayern gar nicht (mehr). Denn die Gemeinden können ja bereits „aus wichtigen Gründen im Einzelfall von den Verboten“ absehen. Seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2016 gilt dies für alle Sonn- und Feiertage. Auch für den Karfreitag. Und manche Kommunen und Städte nutzen diese dehnbare Möglichkeit ja auch. So hat beispielsweise Würzburg für den diesjährigen Karfreitag eine „Heidenspaß-Party“ genehmigt, da das Event „gläubige Menschen in ihrer Religionsausübung“ nicht direkt störe. Es geht also doch, auch im traditionsreichen Bayern.