"Ein Desaster": Zugverkehr in bayerischem Tourismus-Hotspot wird für Jahre eingeschränkt

2 Min

Oberstdorf und das Kleinwalsertal sind beliebte Ziele für Urlauber aus ganz Deutschland. Wenige Wochen vor der Wintersaison kündigt die DB plötzlich an, die Region vom Fernverkehr abzuhängen.

Reisende und Urlauber in Bayern müssen sich in den kommenden Jahren auf große Einschränkungen bei der Anreise mit der Bahn in die bei Touristen beliebte Region Oberstdorf einstellen. Wie die Deutsche Bahn (DB) mitteilte, werde eine Stellwerksanierung zu Behinderungen bei Bahnfahrten von und nach Oberstdorf führen, Fernverkehrsverbindungen würden demnach vorläufig ganz gestrichen.

Dies betrifft nicht nur die touristischen Angebote in dem Markt selbst. Auch andere Orte in der Umgebung sind betroffen, da beispielsweise das benachbarte Kleinwalsertal in Österreich ebenfalls auf den Bahnhof Oberstdorf angewiesen ist. Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) forderte von der Bahn entweder eine zügigere Reparatur oder die Einrichtung eines Notstellwerks. Wirtschaftsvertreter bezeichnen die Situation als ein "Desaster", Kommunalpolitiker beraten nach Informationen der Marktgemeinde Oberstdorf derzeit darüber, wie auf diese Lage reagiert werden soll.

Defekte Kabel werden Zugverkehr jahrelang behindern

Die DB spricht von einem "massiven Kabelschaden" im Stellwerk, der eine vollständige Erneuerung der Anlage notwendig macht. Momentan steht dem Bahnhof Oberstdorf daher nur noch ein einziges Gleis zur Verfügung. "Deswegen können nicht mehr alle Züge in den Bahnhof Oberstdorf ein- und ausfahren."

Die Direktverbindungen im Fernverkehr von Dortmund und Hamburg würden "bis auf Weiteres" komplett eingestellt. Wann die Intercity-Züge wieder verkehren, bleibt unklar. Es sei jedoch geplant, Oberstdorf später wieder an das Fernverkehrsnetz anzuschließen, sagt eine DB-Sprecherin. Die Planung und der Bau eines Stellwerks dauerten in der Regel mehrere Jahre, erklärt sie.

Der Schaden wirkt sich auch auf den Regionalverkehr aus. Die Züge aus München und Augsburg benötigen bis zu 20 Minuten mehr. Einzelne Verbindungen werden komplett ausfallen, jedoch werden gegebenenfalls Ersatzbusse bereitgestellt. Die Bahn sieht jedoch "weiterhin attraktive Reisemöglichkeiten" für Fernverkehrspassagiere. Reisende von und nach Oberstdorf könnten in den großen Städte München, Augsburg oder Ulm umsteigen und das dortige ICE-Angebot nutzen.

Oberstdorf und Sylt sind unbequeme Zielbahnhöfe für die DB

Die schwäbische Industrie- und Handelskammer (IHK) sieht das Allgäu aufgrund des Bauprojekts im Wettbewerb mit anderen Ferienregionen im Nachteil. "Mit dem plötzlichen Aus für die Intercitys nach Oberstdorf verlieren auch Kempten, Kaufbeuren, Immenstadt, Sonthofen und Fischen ihre Fernverkehrs-Verbindungen", sagt IHK-Mobilitätsexperte Peter Stöferle.

Bequem reisen mit der Deutschen Bahn - Info & Buchung

Für die DB sei Oberstdorf ein unbequemer Endbahnhof, weil er neben Sylt der einzige Endpunkt sei, der nicht mit E-Loks angefahren werden könne, erklärte Stöferle. "Hier rächt es sich zusätzlich, dass die seit Jahrzehnten überfällige Elektrifizierung immer noch fehlt."

Zwar gibt es mittlerweile Planungen, auch mit neuartigen Wasserstoff-Zügen das Angebot im Allgäu zu verbessern. Bisher fahren die Züge dort jedoch größtenteils noch mit Dieselmotoren. Die IHK sieht die aktuelle Situation im Raum Oberstdorf daher als Folge von viel zu lange unterbliebenen Investitionen in die Strecken. Es sei "ein Desaster - für die Bahn und für den Tourismus", meint Stöferle.

Hotelbetreiber leiden unter Einschränkungen 

Auch die Hotelbetreiber im Kleinwalsertal bedauern die vorübergehende Einstellung der Fernverkehrsverbindungen nach Oberstdorf. "Gerade diese Verbindungen waren sehr attraktiv", sagt Ule Peter Haak vom Tourismusbüro vor Ort. Allerdings sei die DB bereits seit Jahren nicht sehr verlässlich. Besonders für ältere Reisende sei die Situation tragisch. Die Bahn sei "eine Servicewüste" geworden.

Busreisen ab 4,99 € mit FlixBus & FlixTrain - Infos & Buchung

Grundsätzlich sei man über jeden Gast froh, der mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreise und so die Verkehrslage im Allgäu entlaste, erklärt Haak. Die Busverbindungen zwischen Oberstdorf und dem Kleinwalsertal seien hervorragend. "Aber jetzt ist die Bahn definitiv das Problem."

Obwohl das Kleinwalsertal im österreichischen Vorarlberg liegt, sind die dortigen Betriebe vollkommen auf die Anbindung an Deutschland angewiesen. Aufgrund seiner besonderen Lage verfügt das beliebte Alpental über keine direkte Verbindung zu seinen österreichischen Nachbarn.

Minister befürchtet ähnliche Herausforderungen in anderen Regionen

Minister Bernreiter fordert daher eine raschere Lösung seitens der Bahn. Oberstdorf sei eine der bedeutendsten Tourismusdestinationen in Bayern mit über 2,7 Millionen Übernachtungen jährlich, betont das Verkehrsministerium in München. "Hinzu kommen zahlreiche Tagesgäste, Pendler und Schüler, die das Zugangebot nutzen."

Die gestrichenen IC-Züge könnten wenigstens bis Kempten, Immenstadt oder Sonthofen fahren, findet Bernreiter. Außerdem verlangt er von der Bahn Auskunft, wo im Freistaat ähnliche Einschränkungen drohen. Denn im bayerischen Schienennetz gebe es zahlreiche Stellwerke älterer Bauart.

Dieser Artikel enthält Angebote und wie wir künstliche Intelligenz einsetzen 
Vorschaubild: © Julian Stratenschulte (dpa)