Müssen die Kreuze weg? Entscheidung zu Söder-Erlass gefallen - zumindest vorerst

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Seit fünf Jahren muss in allen staatlichen Gebäuden in Bayern ein Kreuz hängen. Am Dienstag hat das Bundesverwaltungsgericht entscheiden, ob das überhaupt rechtens ist. Doch ob das Urteil endgültig ist, bleibt abzuwarten: Die nächste Klage wurde bereits angekündigt.

Update vom 19.12.2023, 14 Uhr: Gerichtsurteil gefallen - das bedeutet die Entscheidung für Söders Kreuz-Erlass

Die Kreuze in Bayerns Behörden dürfen hängen bleiben. Das Bundesverwaltungsgericht wies am Dienstag Klagen gegen den umstrittenen Kreuzerlass des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) ab. Die seit 2018 geltende Vorschrift besagt, dass in jedem staatlichen Gebäude in Bayern ein Kreuz hängen muss.

Das oberste deutsche Verwaltungsgericht in Leipzig wies am Dienstag Revisionen gegen eine vorherige Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) in München zurück. Die Kreuze verletzten nicht das Recht anderer Weltanschauungsgemeinschaften auf Religionsfreiheit. Sie seien auch kein Verstoß gegen das grundrechtliche Diskriminierungsverbot wegen des Glaubens, entschied das Bundesverwaltungsgericht.

Geklagt hatte der religionskritische Bund für Geistesfreiheit. Er forderte die Aufhebung des Erlasses und die Entfernung der Kreuze. Schon vor dem VGH hatte der Bund im Sommer vorigen Jahres allerdings eine Niederlage kassiert. Der Verwaltungsgerichtshof hatte zwar einen Verstoß gegen die Neutralitätspflicht des Staates gesehen, die Kreuze aber im Wesentlichen als passive Symbole "ohne missionierende und indoktrinierende Wirkung" eingestuft.

Im April 2018 hatte das bayerische Kabinett auf Initiative des damals frisch zum Ministerpräsidenten aufgestiegenen Söders den Kreuzerlass beschlossen. Trotz heftiger Kritik - sogar von den Kirchen, die Söder vorwarfen, das christliche Symbol für Wahlkampfzwecke zu missbrauchen - trat der Erlass im Juni 2018 in Kraft.

In Paragraf 28 der Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats heißt es seither: "Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes ist als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen."

Der Bund für Geistesfreiheit hatte schon vor der Urteilsverkündung den nächsten Schritt angekündigt: Im Falle einer Niederlage werde man sich an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wenden. Ob das Kreuz-Gebot also auch diese Instanz übersteht, bleibt abzuwarten.

Update vom 19.12.2023, 7.40 Uhr: Söders Kreuz-Erlass vor Bundesgericht - Entscheidung erwartet

Das Bundesverwaltungsgericht will an diesem Dienstag (19. Dezember 2023) gegen 13.30 Uhr seine Entscheidung über den umstrittenen Kreuzerlass von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verkünden.

Laut der Vorschrift muss seit 2018 in jedem staatlichen Gebäude in Bayern ein Kreuz gut sichtbar im Eingangsbereich hängen. Der religionskritische Bund für Geistesfreiheit (bfg) hat dagegen geklagt. In der vorigen Woche hatte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mündlich darüber verhandelt, ob die Kreuze ein Eingriff in die Religionsfreiheit sind oder das Recht auf Gleichbehandlung anderer Weltanschauungsgemeinschaften verletzen.

Update vom 14.12.2023, 16.00 Uhr: Söders Kreuz-Erlass vor Bundesgericht - Urteil verschiebt sich

"Gut sichtbar" muss seit 2018 im Eingangsbereich jedes staatlichen Gebäudes in Bayern ein Kruzifix hängen, doch die Kritik an dieser Regelung ist nie verstummt. Am Donnerstag hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig über den umstrittenen Kreuzerlass von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verhandelt. Eine Entscheidung, ob die Kreuze hängen bleiben können oder nicht, soll am Dienstag (19. Dezember 2023) verkündet werden.

Der religionskritische Bund für Geistesfreiheit (bfg) hat gegen die Regelung geklagt und fordert die Entfernung der Kreuze. Er argumentiert, dass der Staat in Weltanschauungsfragen zur Neutralität verpflichtet sei. "Was hat ein Kreuz mit einer behördlichen Tätigkeit, mit dem Ausstellen eines Führerscheins (...) zu tun? Nichts!", sagte Anwalt Hubert Heinhold in der mündlichen Verhandlung in Leipzig.

Im Sommer vorigen Jahres hatte der Bund vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) eine Niederlage kassiert. Der VGH hatte die Kreuze als passive Symbole "ohne missionierende und indoktrinierende Wirkung" eingestuft. Der Kläger werde dadurch nicht in seinen Grundrechten auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit sowie Gleichbehandlung verletzt. Dagegen hat der Bund für Geistesfreiheit Revisionen eingelegt, über die jetzt in Leipzig verhandelt wurde (Az.: BVerwG 10 C 3.22 und 10 C 5.22).

Missbrauch für politische Zwecke oder "kulturelle Prägung": Heftiger Streit um Söder-Kreuze

Die Vertreter des Freistaates Bayern verteidigten vor dem Bundesverwaltungsgericht die Argumentation des VGH. "Mit diesen Kreuzen verbinden sich keine Glaubensinhalte, sondern sie sind ein Verweis auf unsere Wertetradition", sagte Generalanwalt Jörg Vogel. In Paragraf 28 der Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats ist festgeschrieben, dass die Kreuze "als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns" zu verstehen seien. An dem Kreuzerlass hatte es damals nicht nur Kritik von anderen Weltanschauungsgemeinschaften gegeben. Auch die Kirchen äußerten sich missbilligend. Sie warfen Söder vor, das christliche Symbol für Wahlkampfzwecke zu missbrauchen.

Der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts warf in der mündlichen Verhandlung eine ganze Reihe von Fragen auf - unter anderem, ob die Religionsfreiheit dem Kläger einen Schutz vor dem von ihm nicht geteilten christlichen Symbol biete, inwiefern der Staat in seinen eigenen Räumlichkeiten ein gewisses Recht auf Selbstdarstellung habe und wann das Anbringen eines Kreuzes die Schwelle zur Bevorzugung einer bestimmten Religion überschreite.

Sowohl die Vertreter des Freistaates als auch die Kläger äußerten sich nach der Verhandlung zuversichtlich. Kläger-Anwalt Heinhold kündigte für den Fall einer erneuten Niederlage aber schon den nächsten Schritt an: "Wenn wir hier nicht durchkommen würden, gibt es noch das Bundesverfassungsgericht."

Update vom 14.12.2023, 6.46 Uhr: Nach Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs - Prozess um Kreuzerlass beginnt 

Der umstrittene Kreuzerlass von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) steht am Donnerstag (14. Dezember 2023) beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig auf dem Prüfstand. Der 10. Senat verhandelt über die Vorschrift, laut der seit 2018 in jedem staatlichen Gebäude in Bayern ein Kreuz hängen muss. Der religionskritische Bund für Geistesfreiheit (bfg) hatte gegen die Regelung geklagt - und im Sommer vorigen Jahres vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) eine Niederlage kassiert.

Der VGH stufte die Kreuze als passive Symbole "ohne missionierende und indoktrinierende Wirkung" ein. Der Kläger werde dadurch nicht in seinen Grundrechten auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit sowie Gleichbehandlung verletzt.

Über die Revision gegen dieses Urteil muss jetzt das Bundesgericht entscheiden. Der Senat will seine Entscheidung nach Angaben des Gerichts am nächsten Dienstag (19. Dezember) verkünden.

Ursprungsmeldung vom 11.12.2023, 18.54 Uhr: Endet jetzt Söders "Kreuzzug"? Gericht entscheidet bald

Es ist Kreuzzug ganz ohne Schwert und Ritterrüstung: Seit 2018 muss in jedem staatlichen Gebäude in Bayern ein Kruzifix hängen - und seitdem gibt es Kritik an dieser Verordnung. Nun beschäftigt der sogenannte Kreuzerlass von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Dort soll an diesem Donnerstag (14. Dezember) über die umstrittene Vorschrift verhandelt werden.

"Religiöse Symbole haben in einem demokratischen Rechtsstaat in öffentlichen Einrichtungen, die zu betreten alle Bürger irgendwann einmal gezwungen sind, einfach nichts zu suchen. Das muss jedem demokratisch gesonnenen Menschen einleuchten", sagt Assunta Tammelleo, Vorsitzende des religionskritischen Bundes für Geistesfreiheit (bfg) München, der Deutschen Presse-Agentur. Der bfg, der Söder "die weitere Christianisierung des – zumindest bayerischen – Abendlandes" vorwirft, hatte gegen die Regelung geklagt - und im Sommer vergangenen Jahres vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in zweiter Instanz eine Niederlage kassiert.

"Christianisierung des bayerischen Abendlandes" - erste Klage gegen Kreuzerlass gescheitert

Doch der Gang nach Leipzig bringt auch neue Hoffnung. "Es ist nicht ungewöhnlich, dass verschiedene Gerichte und Richter unterschiedliche Rechtsauffassungen haben", sagt Tammelleo. "Ohne sich weit aus dem Fenster lehnen zu wollen, so ist es aus unserer Sicht beinahe zu erwarten gewesen, dass insbesondere bayerische Gerichte politisch näher an der Politik der bayerischen Staatsregierung sind als andere, zum Beispiel außerhalb Bayerns." Erst vergangene Woche hatte sich Markus Söder wieder zu konservativen Werten bekannt - so will er in Bayern das Gendern an Schulen verbieten.

Im April 2018 hatte das bayerische Kabinett auf Initiative des damals frisch zum Ministerpräsidenten aufgestiegenen Söders den Kreuzerlass beschlossen. Trotz heftiger Kritik - sogar von den Kirchen, die ihm vorwarfen, das christliche Symbol für Wahlkampfzwecke zu missbrauchen - trat er im Juni 2018 in Kraft. In Paragraf 28 der Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats heißt es seither: "Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes ist als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen." Der Verwaltungsgerichtshof in München sah in den Kreuzen im Wesentlichen passive Symbole "ohne missionierende und indoktrinierende Wirkung", wie es in den Entscheidungsgründen hieß.

Zwar könne das Kreuz "für den Nichtchristen oder den Atheisten" zu einem "sinnbildlichen Ausdruck bestimmter Glaubensüberzeugungen und zum Symbol seiner missionarischen Ausbreitung" werden, urteilte das Gericht damals. Doch: "Ein Verstoß gegen das Gebot staatlicher Neutralität, der sich in einer bloß passiven Verwendung eines religiösen Symbols ohne missionierende oder indoktrinierende Wirkung erschöpft und mit keinen weiteren Nachteilen für andere Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften verbunden ist, verletzt weder deren Recht auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit noch auf Gleichbehandlung."

Passives Symbol oder Zeichen der Missionierung? Gericht muss Klarheit schaffen

Final abgewiesen wurden damals aber nur die Klagen von 25 Einzelpersonen, die sich dem Bund für Geistesfreiheit und seiner Klage angeschlossen hatten. Weil der Verwaltungsgerichtshof die Revision der religionskritischen Vereinigung zum Bundesverwaltungsgericht aber zuließ, geht es dort nun in die nächste Instanz.

"Was die Menschen persönlich glauben, welchem Gott sie vertrauen, welcher Religionsgemeinschaft sie angehören, das ist ihre ganz persönliche, private Entscheidung", betont Tammelleo. "Bei der Religions- und Glaubensfreiheit handelt es sich um eine Errungenschaft, die mühsam und langwierig genug von couragierten Menschen für alle erkämpft worden ist." Was jemand glaube und ob überhaupt, dass dürfe "in einem demokratischen Rechtsstaat keine Rolle spielen", sagte sie. "Schließlich leben wir hierzulande nicht in der Türkei oder im Iran."

Sollte das Bundesverwaltungsgericht die Sicht der Vorinstanz bestätigen und die Klage abweisen, muss das aus Sicht des bfg noch nicht das Ende sein. "Es ist klar: wenn wir eine solche Klage erheben, dann müssen wir durch alle Instanzen gehen können und wollen", sagt Tammelleo. "Wenn wir in Leipzig unterliegen, so ist die Zuversicht dann nur temporär ein wenig gebrochen. Dann wird es doch wohl möglich sein, mit diesem Anliegen bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen."