In der Ludwig-Maximilians-Universität München herrscht viel Wirbel um ein Seminar: Die Fakultät erhebt schwere Vorwürfe gegen einen Professor - auf die er in einer Stellungnahme reagierte. Worum geht es?
Mit der Einladung zu einem Seminar über "Liebschaften am Arbeitsplatz" hat sich ein Münchner Jura-Professor Ärger eingehandelt. "Darf frau sich 'hochschlafen', also eine Einstellung oder Beförderung mit Sex erkaufen?", heißt es in der Themen-Ankündigung für das Wintersemester 2023/2024.
Die juristische Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) distanzierte sich auf der Internetseite von dem umstrittenen Seminar. Der Text enthalte Formulierungen, die diskriminierend, unangemessen und abstoßend seien, heißt es in der Stellungnahme, wie am Freitag auch bei der Süddeutschen Zeitung (SZ) zu lesen war.
Seminar zum "Hochschlafen" in der Kritik - LMU-Prof weist Vorwürfe zurück
"Indem das für geschlechterunspezifische Formulierungen übliche Wort "man" in "frau" verändert wird, legt der Text nahe, allein Frauen versuchten, sich über sexuelle Beziehungen Vorteile zu verschaffen, und dies allein aus eigenem Antrieb", schrieb die Fakultät nach einer Sitzung einer deutlichen Mehrheit der aktiven Professor*innen. Darin sei die Stellungnahme einstimmig verabschiedet worden, sagte Dekanin Beate Gsell der SZ.
Der kritisierte Uni-Professor veröffentlichte daraufhin eine Stellungnahme, in der er die Vorwürfe zurückwies. Er stellte klar, dass er niemanden verachte. Personalverantwortliche in Unternehmen sähen den Aufstiegsbeischlaf deutlich überwiegend als Waffe der Frau. Das hätten seine fast 35 Jahre Praxiskontakt und der Befassung mit Fällen dieser Art gezeigt.
Kritik geübt wurde auch an einer Passage mit Bezug zum früheren Bild-Chefredakteur Julian Reichelt, dem Machtmissbrauch in Verbindung mit einvernehmlichen Beziehungen mit Mitarbeiterinnen vorgeworfen wurde, was er stets zurückwies. In der Seminarankündigung heißt es: "Was ist 'Machtmißbrauch' rechtlich (Fall Reichelt, jedenfalls in der Skandalisierungs-Wahrnehmung)?". Die Fakultät wertet das als Geschlechterdiskriminierung und Geringschätzung von Missbrauchsopfern. Damit werde ein Stereotyp aufgegriffen und reproduziert, "wonach Frauen, die sich gegen sexuelle Übergriffe zur Wehr setzen, häufig dramatisieren und übertrieben empfindlich reagieren".
Fall Julian Reichelt: Formulierung stamme nicht von Dozenten selbst
Die Formulierung des "Hochschlafens" entstamme außerdem nicht aus seinem eigenen Jargon, sondern beziehe sich auf den Fall Reichelt, hieß es in der Stellungnahme weiter. Zudem implementiere diese Formulierung nicht, dass allein Frauen sexuelle Handlungen für ihren Vorteil einsetzen - "das wäre erkennbar abseitig".
Der Professor wies weiter auf das geltende Recht hin: "Antidiskriminierungsrecht (AGG) gilt nach herrschender Meinung nicht für Meinungs- oder wissenschaftliche Äußerungen. Abstrakte Äußerungen haben keine geschlechterdiskriminierende Wirkung. Nur die direkte verbale sexuelle Belästigung ist als Wortunrecht verboten."