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München: Mädchen erneut von Gleichaltrigen gequält - Bayern reagiert jetzt


Autor: Agentur dpa

München, Samstag, 12. August 2023

Immer wieder machen gewalttätige Jugendgruppen in Bayern mit schockierenden Taten Schlagzeilen. Der Freistaat will nun härter gegen jugendliche Straftäter durchgreifen - auch mit einer Forderung an den Bund.


Update vom 12.08.2023: Jugendgewalt in München - Arrestzeiten sollen verlängert werden

Weil es immer mehr Fälle von Jugendgewalt gibt, fordert Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) längere Jugendarrest-Zeiten. Bislang kann ein solcher Arrest für höchstens vier Wochen verhängt werden. "Das ist aus unserer Sicht zu kurz", sagte Eisenreich und sprach sich als Höchstmaß für eine dreimal so lange Zeit von drei Monaten aus. Bayern werde diesen Vorschlag in die Justizministerkonferenz einbringen. "Insbesondere jugendliche Intensivtäter müssen frühzeitig gestoppt werden", betonte Eisenreich bei einem gemeinsamen Pressegespräch mit der Staatsanwaltschaft München I über Jugendkriminalität in der bayerischen Landeshauptstadt.

Laut Sicherheitsbericht des Polizeipräsidiums München ist die Zahl der Tatverdächtigen unter 21 Jahren im vergangenen Jahr in der bayerischen Landeshauptstadt im Vergleich zum Vorjahr um 6,1 Prozent auf 8533 gestiegen. Die Zahl, die alle Deliktarten umfasst, liegt damit zwar immer noch um 4,3 Prozent unter der Zahl aus dem Vor-Corona-Jahr 2019 (8912 Tatverdächtige) - aber der Anteil gravierender Delikte wie Raub oder räuberische Erpressung steige. Ermittler sehen Delikte von Intensivtätern und Jugendgruppen auf dem Vormarsch. "Der Großteil schwerer und wiederholter Taten wird vorwiegend durch eine kleine Gruppe von Intensivtätern verübt", sagte Eisenreich.

"Die Intensität hat sich gesteigert", sagte auch Oberstaatsanwalt Franz Gierschik. "Mittlerweile gehen die mit Macheten aufeinander los." Man könne "die Dinger für 18 Euro im Baumarkt bekommen". Der Unterschied zu früheren Zeiten sei, "dass unsere Jugendlichen halt schlicht und einfach bewaffnet sind".

"Flausen im Kopf": Hat Corona die Jugendgewalt verstärkt?

Woran es liegt, dass Jugendliche immer wieder zu schwerer Gewalt bereit zu sein scheinen, darüber rätseln auch die Ermittler. Erklärungsversuche gibt es einige. "Dass die Corona-Zeit natürlich ein Einschnitt war, dass das für die Jugendlichen sehr belastend war", sagt eine Staatsanwältin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will, weil sie eben mit diesen Intensivtätern zu tun hat. "Dass man viel Zeit für Flausen im Kopf hatte." Sie spricht auch von ungesunden Gruppendynamiken und Gewalt in (sozialen) Medien.

Erst am Donnerstag war ein neuer Fall einer mutmaßlich gewalttätigen Jugendgruppe aus München bekannt geworden. Die Gruppe Jugendlicher soll zwei Mädchen über einen längeren Zeitraum mit Schlägen und Tritten attackiert und mit einem Messer bedroht haben. Die Vorfälle aus dem Juni dieses Jahres wurden nach Polizeiangaben gefilmt und auf Social-Media-Plattformen hochgeladen. Wie die Polizei am Donnerstag mitteilte, hatte die Gruppe von fünf Jugendlichen zunächst eine 15-Jährige abgepasst und Geld von ihr gefordert, das sie einem Mädchen aus der Gruppe angeblich schuldete.

Als sie sich geweigert habe, das Geld herauszugeben, sei sie geschlagen und getreten worden. Außerdem hätten die Jugendlichen ihr teure Kopfhörer weggenommen. Danach sollen sie dann auch auf eine 12 Jahre alte Bekannte des Mädchens losgegangen sein. Solche Fälle wühlten auf, sagte Eisenreich - weil "man fassungslos zuschauen muss, wie Jugendliche andere Jugendliche erpressen, ausrauben und Gewalt ausüben".

Erstmeldung vom 11.08.2023: Zwei Mädchen in Bayern von Jugendbande verprügelt - und mit Messer bedroht

Eine Gruppe Jugendlicher soll in München zwei Mädchen über einen längeren Zeitraum mit Schlägen und Tritten attackiert und mit einem Messer bedroht haben. Die Vorfälle aus dem Juni dieses Jahres wurden nach Polizeiangaben gefilmt und auf Social-Media-Plattformen hochgeladen.

Wie die Polizei am Donnerstag (10. August 2023) mitteilte, hatte die Gruppe von fünf Jugendlichen zunächst eine 15-Jährige abgepasst und Geld von ihr gefordert, das sie einem Mädchen aus der Gruppe angeblich schuldete. Als sie sich geweigert habe, das Geld herauszugeben, sei sie geschlagen und getreten worden. Außerdem hätten die Jugendlichen ihr teure Kopfhörer weggenommen.

Weiterer Fall von Jugendkriminalität in München - innerhalb weniger Wochen

Daraufhin gingen alle sechs Jugendlichen in einen Park, wo sie auf eine 12 Jahre alte Bekannte der 15-Jährigen trafen, die von der Gruppe dann ebenfalls geschlagen wurde, wie die Polizei mitteilte. Die Jugendlichen - vier Jungen und ein Mädchen - hätten zudem Tausend Euro von dem Kind gefordert und beide Mädchen mit einem Messer bedroht.

Als die Gruppe mit ihren mutmaßlichen Opfern weiterziehen wollte, konnten die Mädchen den Angaben zufolge leicht verletzt entkommen, informierten ihre Eltern und diese wiederum die Polizei.

Ein 17-Jähriger und eine 15-Jährige aus der Gruppe befanden sich nach dem Vorfall in Untersuchungshaft.

Die Polizei rief am Donnerstag auch dazu auf, Videos von dem Vorfall nicht weiter über die sozialen Netzwerke zu verbreiten, sondern an die Polizei weiter zu leiten. "Wir verstehen, dass ihr mit dem Teilen solcher Inhalte helfen möchtet, Tatverdächtige zu identifizieren. Allerdings werden dadurch die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten verletzt", twitterte das Polizeipräsidium München. "Wir wollen eine digitale Hetzjagd auf Täter und eine Bloßstellung der Opfer verhindern."

Ende Juli wurde Schülerin in Münchner Hinterhof gequält

Erst Anfang des Monats hatte der Fall eines Mädchens in München Schlagzeilen gemacht, das von sieben Mitschülerinnen und Mitschülern in einem Hinterhof in München geschlagen und beleidigt worden sein soll.

Die sieben Verdächtigen sollen das Kind etwa zwei Stunden lang gequält haben. Vor allem zwei 13 und 14 Jahre alte Mädchen waren demnach an den Angriffen beteiligt. Sie hätten der Zwölfjährigen unter anderem Ohrfeigen gegeben und sie verbal angegriffen. Zudem werde ermittelt, ob an ihr auch Zigaretten ausgedrückt wurden.

Auch in Schleswig-Holstein wurde ein Mädchen im Jahr 2023 Opfer eines Gewaltverbrechens. Sie wurde gequält und ihre Peiniger zündeten ihre Haare an.

Härteres Vorgehen bei Kriminalität unter Jugendlichen - vor allem für "Intensivtäter"

Schon bevor der neue Fall am Donnerstag bekannt wurde, hatte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) ein härteres Vorgehen gegen Jugendkriminalität angekündigt. Er stellt an diesem Freitag (11. August 2023) zusammen mit der Staatsanwaltschaft München I entsprechende Maßnahmen vor, die sich vor allem an Intensivtäter richten sollen.

Laut Sicherheitsbericht des Polizeipräsidiums München ist die Zahl der Tatverdächtigen unter 21 Jahren im vergangenen Jahr in der bayerischen Landeshauptstadt im Vergleich zum Vorjahr um 6,1 Prozent auf 8533 gestiegen. Sie liegt allerdings immer noch um 4,3 Prozent unter der Zahl aus dem Vor-Corona-Jahr 2019 (8912 Tatverdächtige).

"Der Großteil schwerer und wiederholter Taten wird vorwiegend durch eine kleine Gruppe von Intensivtätern verübt", sagte Eisenreich. "Diese haben Polizei und Justiz eng im Blick."