"Ich werde mir das wahrscheinlich auch niemals vergeben": Urteil im Prozess um tödlichen Raserunfall

5 Min
München: 18-Jähriger bei Raser-Unfall getötet - Urteil nach Prozess im Landgericht
Der unter anderem wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit fahrlässiger Todesfolge Angeklagte (l) sitzt vor Prozessbeginn am Landgericht neben seiner Anwältin Daniela Gabler im Gerichtssaal.
München: 18-Jähriger bei Raser-Unfall getötet - Urteil nach Prozess im Landgericht
Sven Hoppe/dpa

Im Dezember endete die erste Verhandlung um einen tödlichen Raserunfall in München vor dem Amtsgericht nach nur einem Tag - nun hat es in einem zweiten Prozess ein Urteil gegeben.

Update vom 17.04.2024: Prozess um tödlichen Raserunfall vorbei - mehrere Jahre Haft für Raser

Im Prozess um einen tödlichen Raserunfall in München im vergangenen Sommer hat das Landgericht München I den Angeklagten zu vier Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Das Gericht verhängte die Strafe am Mittwoch wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs. Außerdem erhielt der Mann eine fünfjährige Führerschein-Sperre. Bei dem Unfall an einer Münchner Tram-Haltestelle waren ein 18-Jähriger getötet und fünf Menschen verletzt worden.

Der 22-Jährige hatte zu Prozessbeginn ein Geständnis abgelegt und unter Tränen um Verzeihung gebeten. "Ich kann nur sagen, dass es mir aufrichtig leidtut und wie sehr ich es bereue", sagte er. "Ich werde mir das wahrscheinlich auch niemals vergeben." Der junge Mann raste nach Angaben der Staatsanwaltschaft auf der Flucht vor der Polizei, unter Drogen- und Alkoholeinfluss und ohne Führerschein mit 144 Kilometern pro Stunde durch die Münchner Innenstadt. 

An einer Tram-Haltestelle erfasste er mit seinem Wagen einen heute 19-Jährigen, der vor Gericht als Zeuge aussagte, und dessen besten Freund. Die jungen Männer waren gerade auf dem Weg von einem Festival nach Hause. Der beste Freund starb. Sein Kumpel, der gerade sein Abi in der Tasche hatte, ein Torwart-Talent war und am Wochenende danach sein erstes Spiel bei einem neuen Fußballverein in der Bayernliga bestreiten sollte, wurde so schwer verletzt, dass die Ärzte fürchteten, sein Bein amputieren zu müssen. Viermal wurde er operiert, verbrachte Wochen im Krankenhaus, sein Studium brach er ab, weil die Reha ihm dafür keine Zeit mehr ließ.

Bereits im Dezember vergangenen Jahres hatte am Amtsgericht München der Prozess um den Unfall begonnen. Die Richterin am Amtsgericht, das nur Strafen von höchstens vier Jahren verhängen kann, gewann den Eindruck, die Strafe würde im Falle einer Verurteilung höher ausfallen. Daher wurde die Sache dann an das Landgericht verwiesen.

Update vom 18.03.2024: Prozess um tödlichen Raserunfall geht weiter - mit 144 km/h in Tram-Haltestelle gerast

Im Prozess um einen tödlichen Raserunfall in München im vergangenen Sommer hat der Angeklagte ein Geständnis abgelegt. Die Vorwürfe gegen den 22-Jährigen träfen zu, sagte seine Anwältin am Montag (18. März 2024). Die Staatsanwaltschaft hat ihn unter anderem wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit fahrlässiger Todesfolge angeklagt, weil bei dem Unfall ein 18-Jähriger getötet und fünf Menschen verletzt worden waren.

Einer dieser Verletzten - ein heute 19-Jähriger - berichtete vor dem Landgericht München I von der Todesangst, die er gehabt habe, als das Auto auf ihn zuraste. "Da wusste ich, dass ich jetzt sterben werde. Ich hatte keine Chance mehr in meiner Wahrnehmung", sagte er. Er schilderte auch die furchtbaren Schmerzen, die er hatte, als er auf der Straße aufprallte. "Mein ganzer Körper hat gebrannt." Noch in der Nacht wurde er notoperiert, drei weitere Operationen folgten. Die Ärzte hätten zunächst befürchtet, das zertrümmerte Bein des Fußball-Talents müsse amputiert werden. Als er in den Operationssaal geschoben wurde, habe er sich dann nach seinem Freund erkundigt, berichtet der junge Mann: "Da habe ich zum ersten Mal gefragt, was mit Daniel ist." Sein 18 Jahre alter Kumpel, mit dem er vorher auf einem Festival gewesen war, hat den Unfall nicht überlebt.

Bereits im Dezember hatte am Amtsgericht München der Prozess um den Unfall begonnen. Auch damals hatte der 22-Jährige über seine Anwältin eingeräumt, den 18-Jährigen tödlich verletzt zu haben, als er - unter Einfluss von Alkohol und weiteren Drogen sowie ohne Führerschein - auf der Flucht vor einer Polizeikontrolle mit hoher Geschwindigkeit mit seinem Wagen in eine Tram-Haltestelle schleuderte. Laut Staatsanwaltschaft war er mit bis zu 144 Kilometern pro Stunde durch die Münchner Innenstadt gerast.

Die Richterin am Amtsgericht, das nur Strafen von höchstens vier Jahren verhängen kann, gewann den Eindruck, die Strafe würde im Falle einer Verurteilung höher ausfallen. Daher wurde die Sache an das Landgericht verwiesen. Das Gericht hat derzeit insgesamt fünf Verhandlungstage bis zum 18. April angesetzt.

Ursprungsartikel vom 21.12.2023: 18-Jähriger bei Unfall getötet - emotionaler Auftakt bei Raserprozess

Mit einem Geständnis, vielen Tränen und emotionalen Wortwechseln hat am Donnerstag (21. Dezember 2023) vor dem Münchner Amtsgericht ein Prozess um einen tödlichen Raserunfall begonnen. Der 22 Jahre alte Angeklagte räumte zunächst über seine Anwältin ein, einen 18-Jährigen tödlich verletzt zu haben, als er - ohne Führerschein und unter Einfluss von Alkohol und Drogen - auf der Flucht vor der Polizei die Kontrolle über seinen Wagen verlor und dieser mit hoher Geschwindigkeit in eine Tram-Haltestelle schleuderte.

Nachdem der bei dem Vorfall vom Juli ebenfalls schwer verletzte Freund des Getöteten als Zeuge ausgesagt hatte, bat der Angeklagte um das Wort. "Ich würde mein Leben dafür geben, das wieder rückgängig zu machen. Es tut mir unendlich leid, was passiert ist", sagte er unter Tränen und wünschte dem noch immer psychisch und physisch unter den Folgen Leidenden eine baldige Genesung.

Raser tötet 18-Jährigen: Prozessauftakt in München mit Geständnis

Der 18 Jahre alte Zeuge antwortete ihm daraufhin mit klarer Stimme und klaren Worten: "Ich werde dir niemals verzeihen, was du getan hast. Wir alle werden dir niemals verzeihen, was du getan hast."

Der Getötete sei einer seiner besten Freunde gewesen, an dem Abend waren sie auf dem Rückweg von einem Festival. "Ich hoffe, dass du dich dein Leben lang schlecht fühlst", sagte er weiter. Unter hörbarem Schluchzen aus dem Zuschauerraum fuhr der junge Mann fort: "Wir wissen beide, dass es allein deine Schuld ist, dass es passiert ist, dass du es hättest verhindern könne. Wir wissen beide, dass du ein Feigling bist."

"Ich weiß, dass es sehr feige war, und ich weiß, dass ich es am meisten verdient gehabt hätte, an dem Tag zu sterben", antwortete der aus dem baden-württembergischen Sinsheim stammende Angeklagte. Er habe Angst vor der Polizeikontrolle gehabt, weil ihm der Führerschein schon entzogen worden war.

Der 22-Jährige entschuldigte sich auch bei der Polizistin, die ihn damals mit einem Kollegen verfolgt hatte und der trotz vieler Berufsjahre bei der Schilderung der Ereignisse wiederholt die Stimme brach. "Ich alleine bin daran schuld, was passiert ist. (...) Sie haben einen guten Job gemacht."

Raser flieht vor Polizei und verletzt fünf Menschen  - Entschuldigung vor Gericht ausgeschlagen

Auch dem Kollegen der Polizistin kamen während seiner Aussage immer wieder die Tränen. "Ich dachte mir, scheiße, das geht nicht gut aus", erzählte der erfahrene Beamte von den Sekunden, bevor der Verfolgte bei Rotlicht mit seinem Wagen auf eine Kreuzung raste, dieses mit einem querenden Auto kollidierte, sich überschlug und in die Passanten schleuderte.

Die Beamten waren als erstes am Trümmerfeld: "Man hat einfach das Gefühl, man hat nicht genug Arme, um jeden zu helfen." Beim Anblick des getöteten 18-Jährigen habe er gewusst, dass jede Hilfe zu spät komme.

Der Prozess hatte mit großer Verspätung begonnen - wegen des großen Besucherandrangs wurde die Verhandlung spontan in einen größeren Saal verlegt. Rund hundert Menschen, darunter viele junge Leute, verfolgten die Anklageverlesung.

Angeklagtem wird fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten unter anderem fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung sowie ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen vor - er sei mit bis zu 144 Sachen durch die Innenstadt gerast. Bei dem Unfall am Münchner Leonrodplatz waren insgesamt fünf Menschen verletzt wurden. Das Urteil wird für nächsten Donnerstag erwartet.