Werden Arme im Stich gelassen? Wo Bayern im deutschen Vergleich versagt

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Armut in Bayern? Das passt nicht ins Bild, das die CSU gern vom Freistaat malt. Besonders Frauen drohen im Alter finanzielle Probleme. Hier findet sich der Freistaat im deutschen Vergleich auf den letzten Plätzen wieder.

  • Armut trifft in Bayern vor allem Ältere und Frauen
  • Altersarmut bei Frauen in Bayern besonders ausgeprägt
  • Die Armutsgefährdung wuchs in den letzten Jahren 

Die CSU und Markus Söder malen Bayern gern in strahlendem Licht: Der Freistaat, so die Erzählung, ist Vorzeige-Bundesland. Bei der wirtschaftlichen Entwicklung, der Bildung, der Sozialpolitik - bei der Kultur sowieso. Doch nicht immer stimmt das. Eklatantes Beispiel: Wie viele Menschen sind in Bayern von Armut bedroht? Wie gut funktioniert die soziale Absicherung für Menschen mit geringen Einkommen? Wie werden Frauen, insbesondere Alleinerziehende, vor der Armutsfalle bewahrt?

Armut in Bayern sehr ungleich verteilt

Dabei steht Bayern bei der allgemeinen Armutsgefährdung noch standesgemäß da: Über die Geschlechter und Altersgruppen hinweg, waren in Bayern Ende 2019 (neue Zahlen liegen noch nicht vor) 11,9 Prozent von Armut gefährdet. Das ist der niedrigste Wert aller Bundesländer. Im Schnitt waren in Deutschland 15,9 Prozent der Menschen von Armut bedroht. In Bremen war es fast jede*r Vierte (24,9 Prozent).

Doch diese Zahlen berücksichtigen nicht, dass in Bayern das Lohnniveau und damit auch die Lebenshaltungskosten und Mieten höher sind. Lässt man dies mit einfließen, liegt Bayern mit einer Armutsgefährdungsquote von 14,7 Prozent plötzlich im deutschen Mittelfeld. Vor allem die neuen Bundesländer Sachsen (12,4 %), Thüringen (12,4 %), Brandenburg (13,3 %) oder auch Mecklenburg-Vorpommern (13,4 %) stehen dann plötzlich besser da, als der Freistaat.

Besonders ältere Menschen sind in Bayern von Armut betroffen. Ganze 17,5 Prozent der über 65-Jährigen in Bayern drohen in die Armut abzurutschen. Im deutschen Durchschnitt sind es "nur"  15,9 Prozent. 

Altersarmut bei Frauen: Fast jede fünfte Frau in Bayern gefährdet

Noch schlechter steht Bayern da, wenn man auch das Geschlecht berücksichtigt. Hier liegt Bayern im deutschlandweiten Vergleich sogar auf dem drittletzten Platz. Jede fünfte Frau über 65 Jahren ist im Freistaat von Armut bedroht. Nur in Rheinland-Pfalz (21,1 %) und im Saarland (21,4 %) sind es noch mehr.

Für die in bestimmten Gruppen hohe Armutsgefährdung in Bayern werden verschiedene Gründe angebracht. Die SPD-Landtagsfraktion macht das konservativen Familien- und Frauenbild der CSU für die Lage mitverantwortlich:  Die sozialpolitische Sprecherin der Fraktion, Doris Rauscher, sagte gegenüber des BR, die Staatsregierung hätte "viele, viele Jahre verschlafen". Deshalb stehe man jetzt der Situation "dass die Altersarmut in Bayern besonders hoch ist". Tatsächlich gingen gerade Frauen in Bayern lange irreguläre Beschäftigungen beispielsweise in der familiengeführten Gastronomie nach oder waren wegen der Kindererziehung längere Zeit nicht oder nur in Teilzeit beschäftigt

Für das bayerische Sozialministerium geben die Zahlen die reale Lage jedoch nur ungenügend wieder: Demnach würden die Armutsgefährdungsquote das real existierende Vermögen nicht berücksichtigen. So würden beispielsweise Menschen als von Armut gefährdet gelten, die tatsächlich hohe Vermögenswerte wie Immobilien besäßen. Allerdings lässt sich mit einem wertvollen Eigenheim natürlich kein Einkauf bezahlen, weswegen ein hohes Vermögen Armut nicht per se ausschließt. 

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Vorschaubild: © NGG (Symbolbild)