Air Defender 23: Riesiges NATO-Manöver über Deutschland beginnt heute

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Air Defender: Riesiges Manöver über Deutschland beginnt
Die am 11. April 2023 von der Bundeswehr herausgegebene Aufnahme zeigt einen Airbus A400M mit der Sonderfolierung zur Übung Air Defender 2023 bei der Landung auf dem militärischen Teil des ...
Airbus A400M mit Sonderfolierung Air Defender 2023
Francis Hildemann (Bundeswehr)
Air Defender: Riesiges Manöver über Deutschland beginnt
Eine US-Militärmaschine hebt vom US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein-Airbase ab. Im Juni findet deutschlandweit das NATO-Manöver "Air Defender 23" statt.
Ramstein Airbase
Boris Roessler (dpa)
Air Defender: Riesiges Manöver über Deutschland beginnt
Im Juni findet deutschlandweit das NATO-Manöver "Air Defender 23" statt.
Airbus A400M mit Sonderfolierung Air Defender 2023
Philipp Hiemer (Bundeswehr)
Air Defender: Riesiges Manöver über Deutschland beginnt
Der Airbus A400M ist Teil der Militär-Übung "Air Defender 23" im Juni 2023.
Nürnberg: "Air Defender 23" - hat XXL-Übung mit 220 Kampfjets im Juni Folgen für den Airport?
Bundeswehr

Ab heute wird die größte Verlegeübung von Luftstreitkräften seit Bestehen der NATO stattfinden. Bei dem Manöver "Air Defender 23" werden auch über Bayern etliche Maschinen fliegen. Was das bedeutet und welche Auswirkungen das für den Freistaat haben kann, erfährst du hier.

  • Air Defender 23: So läuft die NATO-Übung ab
  • Maschinen über Bayern: Was das für den Freistaat bedeutet
  • Auswirkungen des Manövers: Verspätungen ziviler Flugzeuge möglich

Vom 12. bis 23. Juni wird die Übung "Air Defender 23" stattfinden. Mit bis zu 10.000 Übungsteilnehmer*innen aus 25 Nationen und 220 Luftfahrzeugen wird dieses Manöver die größte Verlegeübung von Luftstreitkräften seit Bestehen der NATO sein. Das berichtet die Bundeswehr auf ihrer Webseite.

Update vom 12.06.2023, 7.45 Uhr: Luftoperation beginnt

Die größte Luftwaffenübung seit Bestehen der Nato - das Manöver "Air Defender 2023" - beginnt an diesem Montag (12. Juni). An der Übung unter deutscher Führung nehmen bis zum 23. Juni 25 Nationen sowie die Nato teil. Nach Angaben der Bundeswehr sind rund 10 000 Soldatinnen und Soldaten und 250 Flugzeuge beteiligt. Darunter sind 70 Maschinen aus Deutschland.

Unterschiedliche Einschätzungen gab es im Vorfeld zu den Beeinträchtigungen des zivilen Flugverkehrs. "Das wird sich maximal im Minutenbereich bewegen", hatte der Inspekteur der Deutschen Luftwaffe, Ingo Gerhartz, zu möglichen Verspätungen von Flügen gesagt. Zudem laufe die Übung vor der großen Urlaubsreisewelle. Die Fluglotsengewerkschaft GdF hatte eine andere Prognose aufgestellt. Die Militärübung "wird natürlich massive Auswirkungen auf den Ablauf der zivilen Luftfahrt haben", sagte ihr Vorsitzender Matthias Maas.

Von der Übung sind drei Lufträume in Deutschland direkt betroffen: über Teilen Norddeutschlands und der Nordsee, Teilen Ostdeutschlands und der Ostsee sowie Teilen Südwestdeutschlands. Trainiert werden soll, wie ein fiktiver Angriff eines östlichen Angreifers von den Nato-Verbündeten zurückgeschlagen wird. Die erste Idee für das Manöver ist der Luftwaffe zufolge schon 2018 entstanden, also noch vor Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine im Jahr 2022.

Übung soll ein Signal der Stärke senden - auch an Russland

US-Botschafterin Amy Gutmann hatte aber deutlich gemacht, dass die Übung auch ein Signal der Stärke an den russischen Präsidenten Wladimir Putin sendet. "Es würde mich sehr wundern, wenn irgendein Staatsoberhaupt der Welt nicht zur Kenntnis nehmen würde, was dies (das Manöver) in Bezug auf den Geist dieses Bündnisses, das heißt die Stärke dieses Bündnisses, zeigt. Und das schließt Herrn Putin ein."

Eine Auftaktveranstaltung von "Air Defender 2023" ist für Montagmittag auf dem Militärflugplatz Wunstorf bei Hannover geplant, der als Logistik-Drehkreuz für das Manöver dient. Dort werden der Inspekteur der Luftwaffe, Gerhartz, der Inspekteur der Streitkräftebasis, Generalleutnant Martin Schelleis, sowie Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) erwartet.

Auf dem Militärflugplatz Wunstorf laufen die Vorbereitungen seit Monaten: Unter anderem wurde ein mobiles Tanklager mit einer Kapazität von 2,4 Millionen Litern Kerosin errichtet – zusätzlich zum stationären Lager mit 1,8 Millionen Litern Fassungsvermögen.

Wunstdorfer Militärflugplatz: Vorbereitungen liefen seit Monaten auf Hochtouren

Wunstorf wurde in den vergangenen Tagen immer wieder von riesigen Transportflugzeugen der US Air Force angeflogen, die Soldaten und Material nach Deutschland brachten. Außerdem sind dort die A400M-Transporter der Luftwaffe stationiert. Die Lärmbelastung dürfte sich in diesem Teil Deutschlands trotzdem in Grenzen halten: Zum einen sind die Transportflugzeuge deutlich leiser als die Kampfjets, die Wunstorf nur im Ausnahmefall anfliegen werden. Zum anderen fand der Tag mit den meisten Flugbewegungen in Wunstorf wegen der Rolle als Logistik-Hub schon gut eine Woche vor dem Manöver statt.

Vor dem Beginn des internationalen Manövers demonstrierten am Samstag Hunderte Menschen vor dem Fliegerhorst Wunstorf. Friedensinitiativen hatten zu der Demonstration unter dem Motto "Frieden üben - statt Krieg" aufgerufen. Die Demonstranten sprachen sich für diplomatische Lösungen und einen Waffenstillstand im Krieg in der Ukraine aus.

Ursprungsmeldung vom 15.05.2023: Was ist geplant und welchen Sinn hat die NATO-Übung?

Ziel der Übung sei es, die Zusammenarbeit der teilnehmenden Nationen zu verbessern und "gleichzeitig Stärke im Bündnis zu zeigen." Die 25 Partner würden die gemeinsame Reaktionsfähigkeit ihrer Luftstreitkräfte in Krisensituationen üben. "Deutschland übernimmt die Rolle eines Verteidigungsknotenpunkts innerhalb Europas." Deutschland plant und führt also die NATO-Übung durch und stellt den Luftraum bereit, wie die Deutsche Presseagentur (dpa) berichtet. Um für einen realen Krisenfall gerüstet zu sein, sollen Pilot*innen und Besatzungen nach Angaben der Luftwaffe gemäß dem Prinzip "train as you fight" ("Trainiere so, wie du kämpfst") dort üben, wo sie im Ernstfall eingesetzt werden.

Air Defender 2023: Luftoperationen über Europa

Die drei Hauptdrehkreuze während Air Defender 23 sind Jagel/Hohn (Schleswig-Holstein), Wunstorf (Niedersachen) und Lechfeld (Bayern). Die Übungen werden nach Angaben der Bundeswehr hauptsächlich in drei Flugkorridoren über Deutschland durchgeführt. Die Übungsräume orientieren sich dabei an Gebieten, die schon "seit Jahrzehnten durch die Luftwaffe für die routinemäßige Ausbildung genutzt werden." Für das Großmanöver würden sie jedoch erweitert und teilweise durch Korridore miteinander verbunden werden. Der Übungsluftraum über Süddeutschland erstreckt sich dem Bayerischen Rundfunk (BR) zufolge vom Standort Lechfeld aus nach Nordwesten. Geflogen wird in einer Art Korridor in Richtung Ulm/Günzburg und weiter über die Donau nach Baden-Württemberg. Nach Westen hin werde der Korridor durch den Raum Memmingen begrenzt, nach Nord-Osten hin durch das Augsburger Stadtgebiet. Der weitaus größte Teil des Übungsluftraums liege außerhalb von Bayern.

Die Luftwaffe gibt laut BR an, dass "temporär" auch Lufträume über dem Baltikum, Rumänien, Polen und Tschechien genutzt werden sollen. Daher seien Starts von dem Fliegerhorst Lechfeld aus in südlicher und südöstlicher Richtung wahrscheinlich. In diesen Fällen würden dann auch andere Teile des Freistaats von Militärmaschinen überflogen werden, etwa Ober- und Niederbayern oder die Oberpfalz. Der Schwerpunkt der Flugoperationen insgesamt werde aber über der Nord- und Ostsee liegen.

Lechfeld wird einer von drei zentralen Standorten sein, die während der Übung angeflogen werden. Die anderen beiden liegen in Norddeutschland. Auf dem Lechfeld sollen dem BR zufolge nach Angaben der Luftwaffe rund 350 deutsche Übungsteilnehmer*innen sowie etwa 400 internationale Teilnehmer*innen stationiert werden. Schwerpunktmäßig sollen es US-amerikanische Soldat*innen sein. Die USA würden während des Manövers voraussichtlich etwa zehn Flugzeuge auf den Fliegerhorst verlegen. Dabei solle es sich den Angaben zufolge um Erdkampfflugzeuge vom Typ A10 handeln. In Militärkreisen und bei Interessierten seien sie auch unter dem Spitznamen "Warzenschwein" bekannt. Neben diesen Maschinen werden auch andere Flugzeuge vom Lechfeld aus starten. An dem Standort sei seit zehn Jahren kein Verband der Luftwaffe mehr stationiert. Genutzt werde er aber weiterhin. Unter anderem vom Taktischen Luftwaffengeschwader 74 aus Neuburg an der Donau, das ebenfalls an dem Manöver beteiligt sein wird.

Auswirkungen von Air Defender 23 

Während des Manövers werden also deutlich mehr Maschinen starten als normalerweise. Rund um die Luftwaffenstandorte werde es daher nach Angaben der Bundeswehr "insbesondere während der Start- und Landephasen der Maschinen zu einer höheren Lärmbelastung als sonst üblich kommen." Die Luftwaffe wolle die Belastung durch Fluglärm jedoch "so gering wie möglich halten", indem beispielsweise Luftraumkorridore über dünn besiedelten Gebieten genutzt werden. "Auch werden die Übungsgebiete weiträumig verteilt und zeitlich gestaffelt, um punktuelle Belastungen auszuschließen." Ganz verhindern ließe sich der Lärm allerdings nicht. "Wir fliegen an zehn Tagen im gesamten Übungszeitraum. Zehn von 365 Tagen. Ich denke, das ist ein hinnehmbarer Anteil für die Verteidigung unserer aller Freiheit und Demokratie", erklärte der Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, der dpa. "Mit Air Defender 2023 zeigen wir, dass Deutschland Führung kann und wir mehr Verantwortung übernehmen."

Nicht nur der Lärm könnte aber zum Problem werden. In den drei militärisch genutzten Luftübungsräumen Nord, Süd und Ost könne es der Luftwaffe zufolge täglich zeitversetzt für etwa zwei Stunden keinen zivilen Flugverkehr geben. "Damit der Luftraum dann tatsächlich frei ist, werden dort auch kurze Zeiträume vor und nach diesen zwei Stunden gesperrt werden." Die Fluggesellschaften müssen diese Gebiete dann umfliegen. Die Luftwaffe verweist aber darauf, dass der unmittelbare Flugbetrieb zu den großen zivilen Flughäfen in Deutschland nicht gesperrt werde, es aber zu zeitlichen Verschiebungen kommen könne. Nach aktuellen Planungen der Luftwaffe wird der Übungsraum Ost mit Teilen der Ostsee und der Küstenregion von Mecklenburg-Vorpommern zwischen 11 Uhr und 13 Uhr, der Übungsraum Süd - ein Korridor vom bayerischen Lechfeld zum Übungsplatz Baumholder (Rheinland-Pfalz) - zwischen 14 Uhr und 16 Uhr und der nördliche Übungsraum - größtenteils über der Nordsee gelegen - zwischen 17 Uhr und 19 Uhr für die militärische Nutzung reserviert sein. Dazu kommen Zeiten vor und nach den Übungen. Am Wochenende finden demnach keine Übungsflüge statt. Die Übungsräume seien überdies weitgehend identisch mit den bereits permanent durch die Luftwaffe genutzten Flugkorridoren.

Nach der Invasion Russlands in die Ukraine und vor dem Hintergrund russischer Drohgebärden haben die NATO-Bündnispartner die gemeinsame Verteidigung wieder in den Mittelpunkt ihrer Vorbereitungen gestellt. Das Übungsszenario im Juni basiert auf einer Beistandsverpflichtung gemäß Artikel 5 des Nato-Vertrages. Angenommen wird also die gemeinsame Reaktion auf einen bewaffneten Angriff gegen einen oder mehrere Bündnispartner. Denn ein Angriff auf einen Verbündeten wird wie ein Angriff auf alle Bündnispartner betrachtet. 

mit dpa 

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