Der Schuss ging nach hinten los: Statt Rückenwind für ihren Sparhaushalt zu bekommen, steht Frankreichs Regierung vor dem Aus. Was heißt das für das verschuldete Land und seine Partner?
Niederlage ohnegleichen statt Befreiungsschlag: Frankreichs Mitte-Rechts-Regierung ist nach nur knapp neun Monaten am Ende. Herbeigeführt hat den Fall der Minderheitskoalition Premier François Bayrou unwillentlich selbst, indem er in der Nationalversammlung die Vertrauensfrage stellte. Erneut steuert Frankreich nun in unsicheres Fahrwasser. Doch was genau heißt der Regierungssturz für das angeschlagene Land und für Europa?
Muss Präsident Macron jetzt zurücktreten?
Nein. Um das Amt von Staatschef Emmanuel Macron ging es der Abstimmung im Unterhaus nicht. Dennoch ist das Scheitern der Regierung für ihn eine herbe Niederlage. Mit Bayrou stürzt innerhalb von gut einem Jahr schon der zweite Premierminister in Folge. Der Anfang September 2024 ernannte Michel Barnier war im Dezember von der Opposition zu Fall gebracht worden.
Macron, der als Präsident den Regierungschef ernennt, muss sich eine Mitschuld vorwerfen lassen. Zumal die komplizierte politische Gemengelage im Parlament, in der kein Lager eine eigene Mehrheit hat, auf die von ihm 2024 herbeigeführte Parlamentsneuwahl zurückgeht.
Sowohl auf der Straße als auch im Parlament dürfte der Druck auf Macron steigen. Schon am Mittwoch will ein Bündnis, von dem unklar ist, wer es anführt, das Land blockieren. In der kommenden Woche droht ein riesiger branchenübergreifender Streik. Marine Le Pens Rechtsnationale und Frankreichs linkes Lager dürften den Fall ebenfalls nutzen, um gegen Macron Stimmung zu machen.
Wie geht es jetzt in Frankreich weiter?
Nach dem Sturz muss Premier Bayrou den Rücktritt seiner Regierung bei Macron einreichen. Erwartet wird, dass der Staatschef das Kabinett geschäftsführend im Amt lässt, bis eine Nachfolge gefunden ist. Möglicherweise wird Macron versuchen, sehr schnell nach Bayrous Rücktritts einen neuen Regierungschef zu ernennen, um aus der Schusslinie zu kommen und politischen Stillstand zu vermeiden.
Da sich Macrons Mitte-Block, das linke Lager und Le Pens Rechtsnationale als drei große Kräfte ohne eigene Mehrheit im Unterhaus gegenüberstehen, dürfte die Suche nach einem neuen Premier allerdings erneut ein schwieriger Balanceakt werden.
Theoretisch könnte Macron auch erneut die Nationalversammlung auflösen und Neuwahlen ausrufen. Allerdings hatte er mehrfach klargestellt, nicht auf dieses Mittel zurückgreifen zu wollen. Sollten alle Stricke bei der Suche nach einem Premier aber reißen, ist dennoch denkbar, dass die Französinnen und Franzosen zurück an die Wahlurne geschickt werden.