Bei seinem Antrittsbesuch in Ankara macht Außenminister Wadephul klar: Er möchte ein neues Kapitel in den deutsch-türkischen Beziehungen aufschlagen.
Schulterschluss statt Misstöne: Deutschland und die Türkei wollen ihre Kooperation im Kampf gegen die Kriege und Krisen vor allem im Gazastreifen, aber auch in der Ukraine und Syrien verstärken. Außenminister Johann Wadephul (CDU) sagte beim Treffen mit seinem türkischen Kollegen Hakan Fidan in der Hauptstadt Ankara vor allem mit Blick auf die Umsetzung des Gaza-Friedensplans: «Ich glaube, dass gerade das Zusammenwirken zwischen der Türkei und der Bundesrepublik Deutschland hier einen entscheidenden Beitrag für die Zukunft liefern kann.»
Er stelle «immer wieder fest, wir haben sehr viel übereinstimmende Interessen und deswegen ist und bleibt die Türkei für uns nicht nur ein Nato-Partner, sondern ein strategischer Partner in allen unseren außenpolitischen Belangen und ein guter Freund.» Kritik etwa an dem Vorgehen gegen Opposition und Zivilgesellschaft im Land bleibt auf offener Bühne größtenteils aus.
Viel Lob für Ankaras Vermittlerrolle im Gaza-Krieg
Fast überschwänglich lobte Wadephul das Engagement der Türkei bei den Verhandlungen über den Gaza-Friedensplan von US-Präsident Donald Trump. Gleichzeitig forderte der Bundesaußenminister angesichts der wackeligen Waffenruhe Druck von der Türkei auf die islamistische Hamas. «Als eine der Unterstützerinnen des Friedensplans – und als ein Staat, von dem wir erwarten, weiterhin Druck auf Hamas auszuüben – kommt der Türkei eine verantwortungsvolle Rolle zu», hatte Wadephul schon vor dem Abflug zum Antrittsbesuch in der Türkei erklärt.
Fidan erklärte, Ankara sei bereit, sich an den Friedenstruppen und anderen Missionen zur Umsetzung des Friedensplans zu beteiligen, aber Details seien noch offen. Gemeinsam dränge man auf vollständigen Zugang der humanitären Akteure, um die schlimmste Not zu lindern und dafür, dass der 20-Punkte-Friedensplan vollständig umgesetzt werde, so Wadephul. Beide Länder sind sich einig in ihrem Plädoyer für eine Zweistaatenlösung.
Wadephul hatte bei seinem Besuch auch erklärt, zur Wiederannäherung in den Beziehungen zwischen der Türkei und Israel beitragen zu wollen. Keine leichte Aufgabe: Die Beziehungen sind seit dem Gaza-Krieg stark beschädigt. Erdogan hat Israel immer wieder des Völkermordes beschuldigt und die Einstellung des Handels mit dem Land verfügt. Den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu bezeichnet der türkische Staatschef etwa als «Schlachter von Gaza».
Weg in die EU: Wadephul sagt Unterstützung zu - bei Reformen
Wadephul sagte der Türkei Unterstützung auf dem Weg in die Europäische Union zu – vorausgesetzt, die Regierung in Ankara gehe Reformen etwa im Bereich der Menschenrechte an. Explizite Kritik etwa an der Inhaftierung von Oppositionspolitikern äußerte er dabei nicht. «Für mich ist entscheidend, dass ich den Willen erkenne, dass die Türkei ernsthaft in Richtung Europäischer Union sich bewegen will.» Dieser Weg werde nicht leicht und sei nicht innerhalb von wenigen Tagen oder Wochen oder Monaten zu absolvieren. Es brauche aber auch Offenheit und Aufgeschlossenheit aufseiten der EU. «Ich glaube, Deutschland kann da eine partnerschaftliche und positive Rolle einnehmen.»
Fidan sagte, die EU-Länder und die Türkei atmeten die gleiche Luft - nur gemeinsam werde man zu einer «Supermacht». Von Deutschland erwarte sein Land Unterstützung bei Themen wie der Zollunion und der Visafreiheit.