Nach Angaben der Vereinten Nationen kamen in der Ukraine wegen des Kriegs zudem bislang mindestens 10 000 Zivilisten ums Leben.
Zweiter Jahrestag des Angriffs: Berlin, Brüssel und G7 solidarisch
Zum zweiten Jahrestag der russischen Invasion verstärkt Deutschland die humanitäre Wiederaufbauhilfe für die Ukraine, wie Außenministerin Annalena Baerbock am Sonntag beim Besuch der Stadt Mykolajiw im Süden des Landes mitteilte. Der russische Präsident Wladimir "Putin will dieses Land zermürben. Und genau das lassen wir nicht zu. Weder militärisch noch wirtschaftlich noch humanitär", sagte die Grünen-Politikerin.
Die Bundesregierung stockt nach ihren Angaben die humanitäre Hilfe um weitere 100 Millionen Euro auf etwa eine Milliarde Euro auf, um der Ukraine zu helfen, die Wasserversorgung, Krankenhäuser und Wohnhäuser wieder aufzubauen. "Putins Terror geht hier jeden Tag weiter", sagte die Ministerin. "Aber die Menschen hier in der Ukraine machen deutlich: Kein Tag, kein Angriff wird ihren Überlebenskampf zerstören können." Daher sei es wichtig, "dass wir nicht nur unsere militärische Hilfe zur Selbstverteidigung, zur Befreiung von Dörfern fortsetzen". Im Juni plant die Bundesregierung dafür in Berlin eine internationale Wiederaufbaukonferenz.
Deutschland, die Europäische Union und die G7-Runde führender demokratischer Wirtschaftsnationen versicherten der Ukraine zum zweiten Jahrestag der russischen Invasion ihre Solidarität und riefen Moskau zum sofortigen Ende des Kriegs auf. Neben EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen war zum Jahrestag auch die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni als G7-Vorsitzende nach Kiew gereist. Der G7 gehören neben Deutschland und den USA auch Italien, Frankreich, Kanada, Japan und Großbritannien an.
Deutsches Unternehmen hilft bei Meerwasserentsalzung
In dem von Baerbock besichtigten und von einem Berliner Unternehmen in Mykolajiw gebauten und solar betriebenen Wasserwerk wird Meerwasser entsalzt. Durch die Installation von fünf solcher Anlagen werden täglich 1000 Kubikmeter Wasser produziert und 200 000 Menschen versorgt - etwa die Hälfte der Bevölkerung. Durch den Einsatz von Solarenergie soll das mit deutschen Entwicklungsgeldern mitfinanzierte Projekt nach Angaben des Auswärtigen Amts im Vergleich zur Stromerzeugung per Dieselgenerator mehr als 1500 Liter Diesel und vier Tonnen CO₂ pro Tag einsparen.
Die Bundesaußenministerin nannte die Gebietshauptstadt Mykolajiw ein "Symbol für den unerschütterlichen Widerstand der Ukrainer". Sie ließ sich vom Gouverneur der Region, Witalij Kim, und Bürgermeister Olexander Sjenkewytsch den ehemaligen Sitz der Regionalverwaltung zeigen. Ende März 2022 hatte eine russische Rakete das Gebäude getroffen, 37 Menschen getötet und mehr als 30 Menschen verletzt. Die Ruine des früheren Sitzes der Regionalverwaltung dient bis heute als Mahnmal.
Die Bundesaußenministerin hatte ihrem ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba bei einem gemeinsamen Besuch in Odessa am Samstag anhaltende Unterstützung mit Waffen und auf dem Weg in die EU zugesichert. Es war Baerbocks sechste Reise in die Ukraine seit Kriegsbeginn.
Kuleba: Westen hat wegen Zögern Mitschuld am Krieg
Der ukrainische Außenminister warf Deutschland und dem Westen eine Mitschuld am Krieg durch Zögern vor. "Wenn Deutschland und der Westen nicht vom Beginn der ukrainischen Unabhängigkeit auf die Ukraine über das Prisma Russlands geschaut und uns in die EU und die Nato aufgenommen hätten, dann hätte es diesen Krieg nie gegeben."
Frieden sei nur über höhere Rüstungslieferungen erreichbar. "Nur indem man Russland auf dem Schlachtfeld schlägt, können wir es zu einem dauerhaften und gerechten Frieden zwingen." Er drängte auf einen baldigen Nato-Beitritt. Die Ukraine sei keine Last, sondern eine Stärkung des Militärbündnisses. Kuleba hob bei den benötigten Waffenlieferungen drei Positionen hervor: "Granaten, Flugabwehr und weitreichende Raketen."