Zur Begründung dafür, dass er nun öffentlich Stellung beziehe, verwies der 74-jährige Kelly auf Trumps jüngste Äußerungen über "Feinde im Inneren" und dessen Erwägung, dass Militär gegen politischen Gegner im Inland einzusetzen. Trump will für die Republikaner wieder ins Weiße Haus einziehen. In Umfragen liegt er weitgehend gleichauf mit der demokratischen Kandidatin Kamala Harris.
"Notruf an das amerikanische Volk"?
Die 60-Jährige reagierte empört auf die Enthüllungen. "Es ist zutiefst beunruhigend und unglaublich gefährlich, dass Donald Trump sich auf Adolf Hitler beruft - den Mann, der für den Tod von sechs Millionen Juden und Hunderttausenden Amerikanern verantwortlich ist", sagte Harris. "All dies ist ein weiterer Beleg für das amerikanische Volk, wer Donald Trump wirklich ist." Der Republikaner sei zunehmend entfesselt und instabil. Und in einer zweiten Amtszeit wären Leute wie John Kelly nicht mehr da, um ihn von seinen schlimmsten Impulsen abzuhalten und zu zügeln, mahnte sie.
Harris sagte, Kelly habe mit seinen Aussagen über Trump einen "Notruf an das amerikanische Volk abgesetzt", um darauf hinzuweisen, was passieren könnte, wenn dieser wieder ins Weiße Haus einziehe. Die Leute, die Trump "zurückhalten könnten", seien nun nicht mehr da. "Ich glaube, Donald Trump ist eine Gefahr für das Wohlergehen und die Sicherheit Amerikas", sagte Harris.
Trump hatte dafür nur Spott übrig. "Harris merkt, dass sie verliert, und zwar haushoch (...)", schrieb der 78-Jährige auf der Online-Plattform Truth Social. "Deshalb verschärft sie jetzt zunehmend ihre Rhetorik." Sie gehe schon so weit, ihn als Adolf Hitler zu bezeichnen. Harris sei selbst "eine Bedrohung für die Demokratie und nicht geeignet, Präsidentin der Vereinigten Staaten zu werden", schrieb Trump.
Migration, Fracking, Abtreibung - Harris in der Offensive
Harris versuchte zugleich, Punkte bei unentschlossenen Wählern zu sammeln, indem sie die Probleme ansprach, bei denen viele Amerikaner Trump mehr zutrauen. "Ich werde nie zulassen, dass Amerika eine unsichere Grenze hat", sagte Harris. Trump und seine Unterstützer behaupten, dass unter Präsident Joe Biden und Harris als seiner Vizepräsidentin eine unkontrollierte Einwanderung in die USA eskaliert sei. Der Frage, ob sie wie Trump eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen wolle, wich Harris aus: "Ich will unsere Grenze stärken."
Auch versicherte Harris, dass sie die umstrittene Erdgas-Gewinnung durch Fracking - anders als von Trump behauptet - nicht verbieten werde. Fracking ist ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor im umkämpften Bundesstaat Pennsylvania, der mit seinen 19 Stimmen von Wahlleuten das Rennen um das Weiße Haus entscheiden könnte. Für den Sieg braucht man 270 Wahlleute.
Harris signalisierte, dass sie eine Änderung der Abstimmungsregeln im US-Senat unterstützen könnte, um das Recht auf Abtreibung per Gesetz zu verankern. "Ich denke, dass wir uns den Filibuster anschauen müssen", sagte Harris im Bezug auf die Vorgabe, dass im Senat eine Mehrheit von 60 der 100 Stimmen erforderlich ist, um sich hinziehende Debatten zu beenden. Mit den knappen Mehrheiten sorgt das seit Jahren dafür, dass zwischen den beiden Parteien umstrittene Entscheidungen nicht getroffen werden können.
Harris: "Ich bete jeden Tag"
Harris sagte während der Townhall auch, dass sie täglich bete. "Ich bete jeden Tag, manchmal zweimal am Tag." Sie sei im Glauben an einen liebenden Gott erzogen worden und lebe ihren Glauben, indem sie überlege, wie sie anderen helfen könne. Dieser Grundsatz leite auch ihre Arbeit.
Moderator Cooper hatte Harris auf einen Bericht angesprochen, wonach sie nach dem Rückzug Joe Bidens aus dem Präsidentenrennen zunächst einen Pastor anrief. "Ich brauchte diese spirituelle Art von Verbindung. Ich brauchte diesen Rat. Ich brauchte ein Gebet", berichtete sie über das Gespräch mit Pastor Amos Brown von ihrer Baptistengemeinde in San Francisco.
Auch Christen und Konservative sind eine wichtige Wählergruppe. Viele von ihnen fühlen sich mit dem Republikaner Trump verbunden. Nach Ende der Fragerunde sprach Harris mit ausgeschalteten Mikrofonen länger mit einer Frau, deren Ehemann vor einem Jahr gestorben war. Danach machte sie eine Runde durch den Saal und unterhielt sich auch mit anderen Teilnehmern.
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