Nach einem heftigen Streit und dem Abbruch von Gesprächen zwischen Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj vor der amerikanischen Presse wächst die Angst vor einer weiteren Eskalation der internationalen Krisen. Weite Teile Europas stellen sich hinter den Ukrainer.
US-Präsident Donald Trump und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj haben sich im Weißen Haus einen bemerkenswerten Schlagabtausch geliefert - gipfelnd in emotionalen Ausbrüchen und schließlich dem Abbruch des Treffens. Die Konsequenzen des Eklats vor laufenden Kameras sind unvorhersehbar. Bereits Mitte Februar hatte Trump Selenskyj mit heftigen Worten einer Mitschuld am Fortlaufen des Krieges in der Ukraine gegeben.
Wie konnte es zu solch einem diplomatischen Debakel wie am Freitag kommen? Schon bei der Begrüßung nach Ankunft Selenskyjs macht sich Trump über die - aus drei Kriegsjahren hinlänglich bekannte - typische Kleidung des Ukrainers lustig und hebt in seinen einleitenden Worten hervor, Selenskyj müsse bereit zu Kompromissen sein. Fast 40 Minuten lang verläuft dann alles einigermaßen gut.
"Sie sind nicht in der Position": An diesem Punkt kippte die Stimmung im Oval Office endgültig
Doch Selenskyj besteht immer wieder auf Sicherheitsgarantien der USA für die Ukraine, während Trump der Ansicht ist, sein geplantes Rohstoffabkommen reiche weitestgehend aus, damit Russland die Kampfhandlungen dauerhaft einstellt. Das Abkommen, bei dem es unter anderem um den US-Zugang zu in der Ukraine lagernden seltenen Erden ging, wurde von Trump als wichtige Voraussetzung für einen Frieden in der Ukraine betrachtet.
Trump sieht den Zugang zu den Rohstoffen auch als Gegenleistung für bisherige US-Militärhilfen. Die Situation eskaliert, als der ukrainische Präsident Zweifel daran äußert. Putin habe bereits mehrfach Territorium angegriffen, auf dem US-Firmen tätig gewesen seien. Ein Rohstoff-Deal sei keine Garantie, er könne jedoch Teil der Infrastruktur von Garantien sein. Selenskyj weist darauf hin, dass die Probleme des Kriegs sehr wohl in der Ukraine, aber wegen der großen Entfernung noch nicht in den USA zu spüren seien.
Das bleibe jedoch nicht so. Daraufhin platzt Trump der Kragen: "Sagen Sie uns nicht, was wir spüren werden! Wir versuchen, ein Problem zu lösen. Sie sind nicht in der Position zu diktieren, was wir spüren werden." Trump redet sich in Rage und macht dem Präsidenten des von Russland angegriffenen Landes schwere Vorwürfe: "Sie riskieren das Leben von Millionen von Menschen. Sie riskieren einen Dritten Weltkrieg." Nach weiterem Hin und Her sagt der US-Präsident: "Sie werden das hier nicht gewinnen. Sie haben eine verdammt gute Chance, da heil rauszukommen, wegen uns." Das Gespräch endet ohne versöhnliche Schlussnote. Der Besuch Selenskyjs im Weißen Haus, der einen bedeutenden Schritt in Richtung eines Friedens in der Ukraine bringen sollte, wird schließlich abgebrochen.
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Die Folgen des beispiellosen Streits zwischen US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus sind unvorhersehbar. Stunden nach dem Eklat und dem daraufhin abgebrochenen Treffen gingen weder Trump noch Selenskyj einen Schritt auf den jeweils anderen zu. Während Russland frohlockt, stellen sich die Europäer hinter Selenskyj. Nun steht der Bruch zwischen dem von Russland angegriffenen Land und seinem stärksten Verbündeten im Raum. In der Ukraine herrschte Entsetzen.
"Wer freut sich am meisten darüber, was heute passiert ist? Ich denke, das ist (der russische Präsident Wladimir) Putin", schrieb der oppositionelle Parlamentsabgeordnete, Olexij Hontscharenko, bei Telegram mit Blick auf den russischen Präsidenten. Von der Sache her habe der Hauptverbündete live im Fernsehen alle Verbindungen abgebrochen. Für die Ukraine könnte der Bruch fatale Folgen haben. Schätzungen gingen bisher davon aus, dass das Land mit den von Trumps Vorgänger Joe Biden eingeleiteten Waffenlieferungen noch ein halbes Jahr in der gleichen Intensität weiterkämpfen könne.