Die Kassam-Brigaden teilten mit, es sei nun die Leiche einer weiteren Geisel gefunden worden. Sie warnten, neue Angriffe Israels könnten die Bemühungen um die Bergung weiterer sterblicher Überreste gefährden.
Was wird aus dem Friedensplan?
Die Hamas hatte vor genau einer Woche ihre letzten 20 lebenden Geiseln ausgehändigt - im Gegenzug ließ Israel fast 2000 palästinensische Gefangene und Häftlinge frei und zog seine Armee aus Teilen des Gazastreifens zurück. Damit wurden zumindest diese Vereinbarungen über die erste Phase des Abkommens umgesetzt.
Doch die Lage ist nach wie vor fragil - wie die Angriffe vom Sonntag zeigen. Nicht absehbar ist, ob das Abkommen zu einem längerfristigen Ende der Kämpfe im Gazastreifen führen wird. Drei der größten Streitpunkte bleiben die Entwaffnung der Hamas, der komplette Abzug der israelischen Armee aus Gaza und die Zukunft des großflächig zerstörten Küstengebiets.
Dass Vizepräsident Vance in dieser Woche nach Israel kommen wolle, sei ein Signal der US-Regierung, dass sie eine möglichst schnelle und vollständige Umsetzung des Abkommens anstrebe, zitierte die US-Nachrichtenseite «Axios» israelische Beamte. Offiziell bestätigt ist der Besuch allerdings bislang nicht.
Welche Macht hat die Hamas noch?
Zwar haben erste Gespräche über die zweite Phase des Abkommens bereits begonnen. Die Hamas lehnt ihre darin geforderte Entwaffnung aber ab. Seit dem teilweisen Rückzug Israels aus Gaza geht die Hamas laut Berichten gegen rivalisierende Milizen vor. Dabei sei es zu Gefechten und Hinrichtungen gekommen.
Demnach versucht die im Gaza-Krieg geschwächte Hamas, das Machtvakuum in Teilen des Gebiets zu nutzen und dort die Kontrolle wiederzuerlangen. Den vom US-Außenministerium erhobenen Vorwurf eines angeblich geplanten Hamas-Angriffs auf palästinensische Zivilisten wies die Terrororganisation indes zurück. Das seien «haltlose Behauptungen» im Einklang mit israelischer Propaganda.
Das «Wall Street Journal» hatte vor einem Monat israelische und arabische Beamte zitiert, wonach die Hamas schätzungsweise weiter über Zehntausende Kämpfer in ihren Reihen verfüge, wobei es sich jedoch vielfach um neue Rekruten mit wenig Ausbildung handele. Die Hamas gelobte gerade erst die Fortsetzung des bewaffneten Kampfes gegen Israel, auch wenn die Kassam-Brigaden am Sonntag verlauten ließen: «Wir bekräftigen unsere vollständige Verpflichtung, alles umzusetzen, was vereinbart wurde.» Dies gelte vor allem für die Waffenruhe in allen Gebieten des Gazastreifens, hieß es.
Wie geht es nun weiter?
Neben dem Versuch, die Hamas zur Rückgabe weiterer Leichen zu bewegen, arbeitet das Weiße Haus laut «Axios» weiter an der Bildung einer internationalen Friedenstruppe (ISF), die gemäß dem 20-Punkte-Plan von US-Präsident Donald Trump zur Beendigung des Krieges in Teilen des Gazastreifens stationiert werden und einen weiteren Rückzug der israelischen Armee ermöglichen soll.
Israel kontrolliert weiterhin gut 50 Prozent des Gebiets. Die USA wollten zudem mit dem Wiederaufbauprozess des von Trümmerlandschaften geprägten Gazastreifens beginnen, wo dieser nicht unter der Kontrolle der Hamas steht, hieß es in dem «Axios»-Bericht. Das betreffe insbesondere die Stadt Rafah im Süden des Küstengebiets.
Der US-Unterhändler Kushner sagte dem US-Fernsehsender CBS, Israel müsse anfangen, den Palästinensern zu helfen und ihre Lebensqualität zu verbessern. «Die wichtigste Botschaft, die wir der israelischen Führung derzeit zu vermitteln versuchen, ist, dass man jetzt, da der Krieg vorbei ist, einen Weg finden muss, dass das palästinensische Volk gedeiht und es ihm besser geht, wenn man Israel in den Nahen Osten integrieren will.»