NATO-Osterweiterung: Ist sie schuld an der Eskalation in der Ukraine?
Autor: Robert Wagner
Kiew, Freitag, 25. Februar 2022
Russland ist in die Ukraine einmarschiert, der Krieg in Europa droht noch weiter zu eskalieren. Bei der Frage nach dem Warum fällt immer wieder der Begriff NATO-Osterweiterung. Was ist damit gemeint - und ist die Osterweiterung wirklich schuld am Krieg?
- Russland marschiert in die Ukraine ein
- Für Russland trägt die NATO die Hauptschuld an der Eskalation der Krise
- Die NATO habe mit ihrer Osterweiterung Russland getäuscht
- Was ist damit gemeint - und stimmt das?
Krieg in Europa: Russland ist in die Ukraine einmarschiert. Die Lage ist unübersichtlich, von Kampfhandlungen in unterschiedlichen Landesteilen ist die Rede. Und ganz Europa fragt sich: Wie konnte es so weit kommen? Während einige Politiker deutlich werden und davon sprechen, dass Putin "komplett durchdreht", verweisen andere wiederum auf die Bedeutung der NATO: Die NATO-Osterweiterung sei es, die Russland in die Enge getrieben und erst zu der Eskalation der Lage in Osteuropa geführt habe. Was ist davon zu halten?
Die Entstehung der NATO und die Osterweiterung
Um den Konflikt zu begreifen, muss man Jahrzehnte zurückblicken. In die Zeit, in der die Welt in zwei Lager, in Ost und West, in Kommunismus und Kapitalismus unterteilt war. Nachdem sich die ehemaligen Verbündeten im Kampf gegen Hitler-Deutschland immer mehr zu Gegnern entwickelt hatten, wurden zwei Verteidigungsbündnisse ins Leben gerufen. Bereits am 4. April 1949 gründete sich die "North Atlantic Treaty Organization", die NATO. Am 14. Mai 1955 folgte das sowjetische Pendant, der Warschauer Pakt. Beide Lager standen sich im Kalten Krieg unversöhnlich gegenüber.
Doch während der Warschauer Pakt am 1. Juli 1991 aufgelöst wurde, ist die NATO weiterhin aktiv. Nicht nur das: Sie ist seit dem Ende der Sowjetunion massiv gewachsen. Aus ehemals 16 Bündnispartnern in den 1990er Jahren sind mittlerweile 30 geworden. Da es sich bei allen 14 neuen Mitgliedern um osteuropäische Staaten handelt, ist von der NATO-Osterweiterung die Rede.
Diese Osterweiterung erfolgte in drei großen Schritten:
- Die erste Osterweiterung 1999: Am 12. März 1999 wurden mit Ungarn, Polen und Tschechien drei neue Länder in die NATO aufgenommen
- Die Osterweiterung 2004: Am 29. März 2004 folgten 7 weitere Ländern. Neben den drei baltischen Staaten Litauen, Estland und Lettland waren dies Bulgarien, Rumänien, Slowenien und die Slowakei.
- Die Osterweiterung 2009: Am 1. April 2009 folgten Albanien und Kroatien, die sich der NATO anschlossen
- Seit dem 5. Juni 2017 ist außerdem Montenegro NATO-Mitglied. Als letztes Mitglied folgte am 27. März 2020 Nordmazedonien.
Hat der Westen gelogen?
In der russischen Lesart wird die Expansion als Einkreisung Russlands durch die NATO verstanden, die sich intensiv um mehr Einfluss in der russischen Einflusszone bemühe. Die NATO betont hingegen immer wieder, dass man keine Länder aktiv angeworben habe. Vielmehr hätten sich diese aufgrund von Sicherheitsbedenken an die NATO gewandt und um eine Aufnahme gebeten. Wer hat recht?