Druckartikel: Greta Thunberg sorgt mit Aussagen auf Demo für Empörung - "antisemitisch"

Greta Thunberg sorgt mit Aussagen auf Demo für Empörung - "antisemitisch"


Autor: Gwendolyn Kaiser, Agentur dpa

Amsterdam, Donnerstag, 16. November 2023

Bei einem Klimamarsch sorgte Aktivistin Greta Thunberg für einen Eklat. In einer Rede soll sie "israelfeindliche" und "antisemitische" Aussagen getroffen haben, so der Vorwurf.
Greta Thunberg, die Klimaaktivistin aus Schweden, hat mit Israel-Äußerungen für viel Ärger gesorgt.


"Es gibt keine Klimagerechtigkeit auf besetztem Land": Auf einer Klimaschutzkundgebung am Sonntag (12. November 2023) in Amsterdam mit Zehntausenden Teilnehmern hatte Thunberg vor dem Hintergrund des Gaza-Kriegs Partei für die Palästinenser ergriffen.

Mit einem traditionellen schwarz-weißen Palästinensertuch um den Hals sagte sie, die Klimaschutzbewegung habe die Pflicht, "auf die Stimmen jener zu hören, die unterdrückt sind und die für Frieden und Gerechtigkeit kämpfen". Der politische Fokus auf dem Klimamarsch sorgte für Empörung bei den Klimaschutzaktivisten.

Palästina-Problem statt Klimaschutz auf Demo in Amsterdam: Thunberg heizt Stimmung gegen Israel an

Gut 85.000 Menschen hatten sich nach Angaben der Polizei an dem Klimamarsch beteiligt. Damit war es die größte Klimademonstration, die es je in den Niederlanden gab. Thunberg gehörte zu den offiziellen Rednern und hatte vor dem Hintergrund des Gaza-Kriegs ebenfalls Partei für die Palästinenser ergriffen.

Erjan Dam, ein niederländischer Klimaaktivist, der sich laut Spiegel seit Jahren für den Natur- und Gewässerschutz einsetzt, war am Sonntag bei der Kundgebung vor laufenden Kameras auf die Bühne gesprungen und hatte ins Mikrofon gerufen: "Ich bin für eine Klimademonstration hierhergekommen, nicht, um politische Ansichten zu hören."

Bei dem Protest sei es kaum um den Klimaschutz oder die Umwelt gegangen, "sondern hauptsächlich um das Palästina-Problem". Ständig hätten Redner auf dem Podium über den Nahen Osten gesprochen; manche hätten die Stimmung gegen Israel angeheizt. Viele Zuhörer seien so enttäuscht gewesen, dass sie weggegangen seien.

Palästina-Aktivistin ergreift ungefragt das Mikrofon und hält Rede

Während der Rede der 20-jährigen Greta Thunberg hatte plötzlich eine Palästina-Aktivistin ohne Absprache das Mikrofon übernommen, wie ein Sprecher am Montag (13. November 2023) äußerte. Die Aktivistin bestätigte nach Angaben der dpa später auf Instagram, dass sie nicht als Rednerin eingeladen war. Die Aktivistin Sara Rachdan hatte über eine andere Rednerin Zugang zum Podium und zum Mikrofon bekommen, was die Organisatoren zunächst beendeten.

Dann aber gab Thunberg ihr Gelegenheit, über die Lage im Gazastreifen zu reden, in dem seit gut einem Monat israelische Truppen die islamistische Terrororganisation Hamas bekämpfen. Sie rief auf der Bühne, dass Israels Militär im Gazastreifen Völkermord begehe. Zahlreiche Menschen hatten empört reagiert. Auf Instagram vergleicht sie die Gewalt von Israel mit dem Holocaust, der Ermordung von Millionen europäischer Juden durch deutsche Nationalsozialisten.

Der Klimaaktivist Dam warnte in einem vom Spiegel veröffentlichten Interview am Montagabend vor einer Spaltung der Klimaschutzbewegung: "Wenn Greta Thunberg oder andere führende Aktivisten ständig über die Palästina-Frage sprechen, sorgt das für Uneinigkeit." Er glaubt, dass Menschen, die eine andere politische Meinung haben, von solchen Stellungnahmen abgestoßen werden. Das schade der eigentlichen "Sache", dem Klimaschutz, das Kernthema bleiben solle. Er sei enttäuscht: "Ich fühlte mich missbraucht - und viele andere Teilnehmer auch."

"Israelfeindlich": Scharfe Kritik nach Thunbergs Pro-Palästina-Stellungnahme

Weiterhin sagte er im Spiegel-Interview, er habe Thunberg immer bewundert: "Aber wenn sie jetzt ständig über Palästina statt Klimaschutz spricht, tut das der Klimaschutzbewegung nicht gut." Wie viele andere sei er "extra für diese Demonstration nach Amsterdam gereist". Nach der Rede der Palästina-Aktivistin auf der Klimaschutzkundgebung in Amsterdam sind die Organisatoren der Demonstration auf Distanz gegangen. Auch die deutschen Aktivisten von Fridays for Future haben sich nach der klaren Parteinahme Thunbergs distanziert.

"Durch die neuen Äußerungen von Greta Thunberg fühlen wir uns in unserem Kurs der letzten Wochen bestätigt", erklärte die Bewegung am Montag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. So habe man die Prozesse auf internationaler Ebene ausgesetzt."Fridays for Future in Deutschland agiert als eigenständige Organisation und ist schon lange über Greta als Person herausgewachsen." Für Antisemitismus sei in der Bewegung kein Platz; dem werde man sich weiter entschlossen entgegenstellen.

Nach einer ähnlichen Aktion im vergangenen Monat war Thunberg bereits dafür kritisiert worden, dass sie die israelischen Opfer des Massakers der Hamas vom 7. Oktober mit rund 1200 Toten nicht gesondert erwähnt hatte. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat die Aussagen von Thunberg scharf kritisiert. "Ihre einseitigen Einlassungen zum Nahostkonflikt sind israelfeindlich und durch die verklausulierte Aberkennung des Existenzrechts Israels auch antisemitisch", sagte Klein dem Spiegel. Thunbergs Position schade nicht nur der Klimaschutzbewegung, sondern auch ihrer eigenen Reputation als Kämpferin gegen den Klimawandel, fügte er hinzu.