Kunstkenner würdigen ihn als kompromisslos und radikal. Die Farbe Schwarz spielte im Leben des Österreichers eine dominante Rolle. Übermalungen begründeten seinen künstlerischen Aufstieg.
Auf der internationalen Kunstbühne war Arnulf Rainer der österreichische Provokateur mit Hang zur Düsternis. «Ich wollte spezifische Themen malen. Aber dabei ist mir nur Schwarz, Schwarz, Schwarz eingefallen», sagte er einmal. Inspiriert von französischen Surrealisten und dem Informel fand der Autodidakt in den 1950er und 1960er Jahren zu einer ganz eigenen Bildsprache: Das übermalte Gesicht - sei es von Gemälden oder Fotografien - wurde zu einer Ikone österreichischer Nachkriegskunst.
Sein Ruhm wuchs, die Auszeichnungen kamen und die wichtigen Museen dieser Welt griffen zu. «Ich werde behandelt wie ein toter Künstler», sagte er 2014 mit Blick auf das große Interesse an seinem Werk. Mit 96 Jahren ist Rainer, der unter anderem auf Schloss Vornbach nahe Passau residiert hatte, gestorben. Das teilte das Arnulf Rainer Museum in Baden bei Wien mit.
Seine frühen bunten Farbbahnen hatten einen streng-heiteren Charakter, aber Rainer war sich bald sicher, «dass die Qualität und die Wahrheit des Bildes nur wächst, wenn es sich mehr und mehr verdunkelt». Seine oft monochromen Werke tragen Titel wie «Schwarze Zumalung» (1958) oder «Übermalung schwarz weiß» (1961). In «Schwarze Rinnen» (1974) erinnert ein mit schwarzem, grobem Pinselstrich und Klecksen übermalter halb nackter Mann an eine Leidensfigur.
Da Vinci und Van Gogh verfremdet
Auch vor der Verfremdung Alter Meister schreckte Rainer nicht zurück. «Ich hatte es satt, immer nur mich selbst zu überzeichnen», begründete er den Schritt. Er interpretierte eine «Mona Lisa» oder ein Selbstporträt Van Goghs mit dickem Pinselstrich auf seine ganz eigene, nicht unumstrittene Weise.
Geprägt haben Rainer, geboren 1929 in Baden bei Wien, die Erfahrungen in einer Erziehungsanstalt der Nazis, in der er von 1940 bis 1944 litt. Statt Gehorsam kultivierte er das Rebellische. Fantasie faszinierte ihn. Er hatte Talent im Übermaß. An zwei Kunsthochschulen wurde er angenommen, beide Male ging er nach wenigen Tagen wieder, weil er sich von Lehrern ungerecht behandelt fühlte.
1950 gründete er die kurzlebige «Hundsgruppe». Er experimentierte mit «Blindmalerei», malte bei geschlossenen Augen, schuf Werke im Alkohol- und Drogenrausch und beschäftigte sich mit der Kunst von psychisch Kranken.
Totenmasken und Atombomben-Abwürfe
Ab 1963 arbeitete Rainer in verschiedenen Studios in Berlin, München, Köln und schließlich Wien. 1977 nahm er an der documenta 6 teil, ein Jahr später vertrat er Österreich bei der Biennale von Venedig. Im November 1978 erhielt er den Großen Österreichischen Staatspreis.