Mehr als 5.000 Straftaten jährlich werden in Nordrhein-Westfalen mit kriminellen Clans in Verbindung gebracht. Vor allem der Konflikt zwischen libanesischen und syrischen Gruppen spitzt sich zu. Eine Lösung bringen oft sogenannte "Friedensrichter" - doch die Behörden sehen auch eine Gefahr.
Ende August 2023 kam es in der Essener Innenstadt zu einer brutalen Massenschlägerei vor einem syrischen Restaurant. Etwa 80 Männer aus Syrien und dem Libanon gingen aufeinander los. Es war der Höhepunkt eines tagelangen Konflikts, der an mehreren Orten im Ruhrgebiet die Polizei in Atem hielt.
Dahinter steckt ein Problem, mit dem die Polizei schon seit Jahren zu kämpfen hat. Clan-Kriminalität. Die arabischen Clans kämpfen um die Macht in "ihrem Revier", über 5.000 Straftaten mit Clan-Bezug werden pro Jahr in NRW gezählt. Tendenz steigend.
Der ehemalige Polizeipräsident von Essen und Mühlheim, Frank A. Richter, erklärt in der ZDF-Doku "Blutsbande - Clans in NRW" dazu: "Wir haben ein großes Problem. Arabische Clans versuchen der Polizei oder dem Staat die Stirn zu bieten und manchmal habe ich das Gefühl, dass der Staat zusieht, wie er lächerlich gemacht wird, wie er entmachtet wird."
Strategie der "tausend Nadelstiche"
Laut Achim Schmitz vom Landeskriminalamt in NRW seit die Clan-Kriminalität erst mal um die Jahre 2017 und 2018 ein Thema geworden. Damals häufte sich das Beschwerbenaufkommen der Menschen sowie Tumultkonflikte. "Damals kam die Frage auf, ob wir uns nicht intensiver diesem Thema widmen müssen und auch den Gruppen, die wir damit in Zusammenhang bringen", erklärt Schmitz.
Die Behörden gehen intensiv gegen die kriminellen Strukturen vor. So finden in Essen in einschlägigen Betrieben etwa vier- bis fünfmal die Woche "gewerberechtliche Kontrollen" durch das Ordnungsamt oder den Zoll statt. Auch Razzien der Polizei werden genutzt, um den Weg der "tausend Nadelstiche" zu verfolgen.
"Wo bleiben die Initiativen des Landes?"
Die Idee dahinter ist, in verdächtigen Betrieben, die sich in den Händen von arabischen Clans befinden, so oft zu kontrollieren, dass die Besitzer mit der Zeit von illegalen Aktivitäten abgeschreckt werden. Doch reicht das aus? Frank Richter fordert einen nächsten Schritt: "Wir sind jetzt seit sieben Jahren dabei: Wo bleiben die Initiativen? Wo bleiben auch die Initiativen des Landes?"
NRW-Innenminister Herbert Reul erklärt, die Razzien seien nicht die Lösung des Problems, betont aber: "Die nerven und die zeigen denen jeden Tag aufs Neue: Was heißt der Rechtsstaat? Wie funktioniert das hier, wieso muss man sich hier an Regeln halten und wie unangenehm kann es werden, wenn man sich nicht dran hält?"