"Das ist nicht in Ordnung", empörte sich die Journalistin und Autorin Özge İnan. Im schwedischen Vorbild würden auch Aspekte abgefragt, die den Staat nichts angingen. Ob die Befragten schnell wütend werden, wie sie ihre Muskelkraft und Kondition einschätzen sowie Gesundheitsdaten: "Ab 2008 geborene Jungs und Mädels! Man muss sich das klarmachen, wie jung die Menschen sind", lehnte sie das Vorgehen ab: "Das ist Wahnwitz, das sind Kinder!"
"Über den Fragebogen können Sie sich nicht aufregen, den gibt es nicht", wimmelte Röttgen diese Vorwürfe ab. Auch keinen Entwurf, und ja noch nicht einmal das Gesetz. Der Entwurf dazu liege derzeit im Parlament. Zwar sehe dieser ab 1. Juli 2027 auch eine verpflichtende Musterung für Männer vor, gab er zu. Seiner Ansicht nach seien Fragebogen und Musterung aber "strikt zu trennen".
Generell gehe er nicht davon aus, dass es eine allgemeine Wehrpflicht für den Jahrgang brauche. Es gehe vielmehr darum, einen freiwilligen Beitrag zu leisten, "damit Freiheit und Recht und Würde und Frieden in unserem Land gewahrt werden, das ist die moralische Dimension", redete sich Röttgen nun in Rage. Das müsse man den wehrpflichtigen Menschen auch sagen: "Prinzipiell braucht euch das Land - aber nicht die ganze Generation, sondern nur einen Teil."
Junge fordern "verpflichtendes Gesellschaftsjahr"
"Der Wehrdienst, wie er jetzt diskutiert wird, ist zu eindimensional", konnte die Jura-Studentin Annabelle Günther der Diskussion wenig abgewinnen. Die Reservistin und die 17-jährige Helena Clear, die nach ihrem Abitur gerade ein Freiwilliges Soziales Jahr in einer Grundschule macht, hatte Klamroth eingeladen, um nicht nur über, sondern auch mit den betroffenen jungen Menschen zu reden.
So unterschiedlich die beiden Frauen in ihren Ansichten waren, hatten sie zwei Dinge gemeinsam: Neben der Gleichbehandlung beider Geschlechter sprachen sie sich für ein gleichberechtigtes "verpflichtendes Gesellschaftsjahr" aus. Ob das bei der Bundeswehr oder im Zivilbereich stattfinde, solle jeder und jede selbst entscheiden.
"Genau das ist das Grundsatzprogramm der CDU", freute sich Norbert Röttgen. Allerdings brauche man für eine entsprechende Verfassungsänderung eine Zweidrittelmehrheit - und dafür sei die Linke nicht zu haben. "Wir sind gegen jeden Pflichtdienst", bestätigte Schwerdtner und kritisierte, dass etwa jene, die sich ihr Studium nicht leisten können, die Bundeswehr als Alternative wählen würden.
Dass man gezielt diejenigen anspreche, die keine anderen Möglichkeiten hätten, wies Nicole Schilling (Stellvertreterin des Generalinspekteurs der Bundeswehr) bei "Hart aber fair" von sich. Zudem würde man die jungen Leute nicht an die Front schicken. Vielmehr sei der neue Wehrdienst auf Bewachungsaufgaben oder die Sicherung von Hafenanlagen in Deutschland gedacht. Generell hätte man in den letzten zwei Jahren neben den Bewerbungs- und Auswahlverfahren auch die Personalbindung verbessert. Letzteres "entwickelt sich in die richtige Richtung", zeigte sich die Generaloberstabsarzt optimistisch.
Zum Schluss klingt ein Satz nach, den Klamroth schon zu Beginn der Sendung gesagt hatte: "Sie hören sich an wie meine Lehrer bei der Zeugnisvergabe: Er hat viel geschafft, es muss aber viel passieren, dass er versetzt ist." "Am Ende ist aus Ihnen etwas geworden", meinte Schilling - es ist hoffentlich eine gute Prognose für die deutsche Bundeswehr.