Auf den Einspruch von Frei musste sie nicht lange warten: Es gebe einen enorm großen Rückhalt innerhalb der Partei für Merz, ließ er keine Zweifel zu - auch dann nicht, als Illner ein "Ui" entkam und Alexander widersprach: "Natürlich gibt es sie", sei der Unmut einiger CDU-Mitglieder über das "linke Sondervermögen" nicht zu leugnen. "Sonst würden wir dieses Gespräch nicht führen", meinte der Journalist.
Wirtschaftsweise Monika Schnitzer: "Stromsteuersenken und Mütterrente kostet genauso viel Geld"
Vom "linken Sondervermögen" wollte Monika Schnitzer, die Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, nicht sprechen und verteidigte inhaltlich die Vorgehensweise Merz'. Die Reform der Schuldenbremse sei ein "Hallo-Wach-Moment" der Regierung gewesen.
"Was viel verstörender ist, sind andere nicht eingehaltene Versprechen", mangelte es ihr an Sparmaßnahmen an den richtigen Stellen - eine Kritik, die die beiden Vertretenden von Schwarz-Rot nicht auf sich sitzen lassen wollten. Doch sie ließ sich nicht beirren: Die Koalition hätte Wahlversprechen wie die Mütterrente eingehalten, die zugesagte Stromsteuer für alle hätte sie aber nicht gemacht. "Stromsteuersenken und Mütterrente kostet genauso viel Geld, warum hat man sich für die Mütterrente entschieden?", wollte sie wissen.
"Mir gefällt der Unterton nicht", fühlte sich Frei angegriffen, woraufhin Illner - zum zweiten Mal an diesem Abend - ein "Ui" ausstieß. Es wäre eine Frage der Gerechtigkeit für alle Mütter, argumentierte der Politiker. Man hätte sich eben für diesen Weg entschieden. Vorher müsse man den Haushalt konsolidieren und Wirtschaftswachstum vorantreiben - danach würde man auch gerne die Steuer für alle senken: "Wenn Spielraum da ist", fügte Hubertz hinzu, ohne sich auf einen Zeitraum festzulegen.
Das kann dauern. Denn die Prognosen für das Wirtschaftswachstum seien bis 2026 wenig vielversprechend, bezog sich Illner auf Einschätzungen von OECD, Bundesbank und KfW. Während Erstere Deutschland bei nur 0.4 Prozent 2025 und 1.2 Prozent im Jahr darauf auf dem letzten Platz der Industrienationen ortet, sprechen die andere gar von Stagnation. "Wo ist der Aufbruch?", lautete die berechtigte Frage der Moderatorin.
Während Frei nach dem Schrumpfen der letzten beiden Jahre von einem "Schritt in die richtige Richtung" sprach und auf weitere Maßnahmen verwies, sah das Schnitzer kritischer: "Was dieses Fiskalpaket bringt, hängt sehr genau davon ab, wie dieses Geld ausgegeben wird", betonte sie. Das seien bestenfalls Infrastruktur, Forschung und Entwicklung - "aber alles, was Konsum ist, bringt fürs Wachstum herzlich wenig", nannte sie explizit Maßnahmen der Koalition wie Agrardieselsubvention oder Steuersenkungen für Gastronomie.
Thorsten Frei (CDU): "Schalter so umlegen, dass wir bei der Sozialabgabenbelastung wieder auf 40 Prozent kommen"
Kein gutes Haar ließ Schnitzer auch an den angedachten Reformen im Sozialsystem: Im Koalitionsvertrag wären nur Belastungen für die junge Generation festgelegt, appellierte sie, "Tacheles zu reden". Man müsste etwa das Renteneintrittsalter weiter erhöhen und dafür sorgen, dass Rentenanstiege begrenzt würden. "Die Vorschläge sind alle da, ich kann Sie Ihnen gerne nochmals schicken", wandte sie sich an Frei.
Dieser hatte zuvor betont, dass die Koalition die Sozialstaatsreform noch fürs laufende Jahr ankündigt. Die ersten Rentenreformen gingen im August los, im Herbst folgten Frühstart- und Aktivrente. "Wir haben den festen Willen, den Schalter so umzulegen, dass wir bei der Sozialabgabenbelastung wieder auf 40 Prozent kommen", versprach er. Wie realistisch das sei, wollte Illner wissen. "Die Demografie arbeitet gegen uns", wollte er keine Illusion machen. Man brauche mutige Reformen und hatte gleich ein Beispiel parat: So hätte Hubertz einen Wohnungsbauturbo auf den Weg gebracht.
"Das ist ganz entzückend, dass Sie die Bauministerin loben wollen", kommentierte Illner schnippisch. Wenn Menschen auf Wohnraum warten, könnte man mit Deckeln arbeiten und den Missbrauch bei Bürgergeldempfängern stoppen. "Man könnte auch einfach bauen: Herzlichen Glückwunsch zu dieser Idee", setzte sie noch einen drauf.
Ob Maßnahmen wie diese ausreichen, das Vertrauen in die Regierung und die Koalitionsparteien wieder herzustellen? Der Druck ist groß, schließlich liegt die Union in aktuellen Umfragen etwa gleich auf mit der AfD bei 25 Prozent, die SPD gar nur bei 13 Prozent. "Die Werte für Union sind schlecht, für die SPD sind sie eine Katastrophe", bringt es Robin Alexander auf den Punkt. Jetzt müsste wieder mal etwas klappen.
Nach der Sommerpause ... hoffentlich!