Bei der Frage "Geld da, Strategie noch nicht - kann Schwarz-Rot noch scheitern?" gaben sich Unions- und SPD-Politiker bei "Maybrit Illner" am Donnerstagbend betont lösungsorientiert. Die Einwürfe von Linkenpolitiker Bodo Ramelow waren dafür umso heftiger - und lauter.
An diesem Freitag startet eine 19-köpfigen "Chefrunde" die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD. Über die größte Streitfrage wurde am Abend zuvor schon bei "Maybrit Illner" im ZDF diskutiert: über die enormen Sondervermögen und vor allem, wofür genau sie eingesetzt werden sollten.
Als eine "Gelingensbedingung für den Staat", bezeichnete es Medienmanagerin Julia Jäkel, "wenn der Bürger spürt, hier passiert etwas, das Geld ist wirksam eingesetzt". Gemeinsam mit dem ehemaligen Bundesminister Thomas de Maizière (CDU), Peer Steinbrück (SPD) und Andreas Voßkuhle, dem früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, hatte sie sich im Rahmen der "Initiative für einen handlungsfähigen Staat" mit der Frage beschäftigt, wie der Staat effizienter werden kann und 30 konkrete Vorschläge präsentiert. Denn aktuell herrsche so ein "Kuddelmuddel", da könnte man nicht vernünftig im Sinn der Bürger agieren.
Zudem plädierte sie für ein neues Verhältnis und Vorschussvertrauen gegenüber Bürgern und Unternehmen: "Lasst es sein mit Dokumentationspflicht!", drängte sie auf Bürokratieabbau - und auch auf Digitalisierung. Es gebe "Trilliarden von Papieren. Das müssen wir jetzt alles machen und die Dinge gleichzeitig angehen, in einem konzertierten Prozess", konnte sie mit den zustimmenden Absichtsplattitüden der beiden anwesenden Verhandler Alexander Dobrindt (CSU) und Matthias Miersch (SPD) wenig anfangen. "Sonst drehen wir uns wieder im Kreis", fügte sie warnend hinzu.
Ramelow in Rage: "Immer weiter so machen, immer weiter so: Den Stecker zieht Washington!"
"Es muss nicht alles in der Kategorie Rechnungshofsicherheit gedacht werden", stimmte Bundestagsvizepräsident Bodo Ramelow (Die Linke) zu. Er verortete eine ganz andere Bedrohung: "Wer kontrolliert von außen die Daten?" 80 Prozent des 100-Milliarden-Euro-Rüstungspakets seien in US-amerikanische Waffen investiert worden. "Der F35, der angeschafft wurde, kann von unserem Techniker nicht einmal kontrolliert werden", steigerte er sich langsam in eine Wutrede.
"Ihre Aufregung hilft doch gar nicht weiter, Sie wollen ablenken", begegnete Dobrindt den Anschuldigungen mit einem Lachen. Die amerikanischen F35-Kampfjets brauche man, um die nukleare Teilhabe herzustellen, lieferte er eine simple Erklärung. Bei Ramelow stieß sie auf taube Ohren: "Die Amerikaner haben dem Störsender F16 in der Ukraine den Strom abgestellt. Wenn wir auf diese Art Geld ausgeben, dass wir am Ende den Stecker gezogen kriegen von Amerika, ohne dass wir Einfluss darauf haben, dann ist die Frage, ob das richtig angelegtes Geld ist", argumentierte er aufgeregt. Ramelow vollends in Rage: "Immer weiter so machen, immer weiter so: Den Stecker zieht Washington! Herr Trump entscheidet oder Elon Musk entscheidet, ob Daten geliefert werden." Daraus müsste man doch Konsequenzen ziehen, wetterte er.
Als Illner beschwichtigend meinte, dass das doch längst thematisiert werde, wurde der Linkspolitiker erst recht laut: "Ach wo? Das habe ich im Bundestag nicht gehört. Beim 500-Milliarden-Paket ist es darum nicht gegangen (...), kein Wort ist darüber geredet worden. Und mit uns als neugewählte Abgeordnete ist überhaupt nicht geredet worden."
"Verzeihen Sie, das ist mir zu dumm, was Sie sagen"
Seinem Unmut darüber, dass Die Linken außen vor gelassen wurde, zeigte Ramelow auch an anderer Stelle: Dass die Union und SPD ihr Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur mit Unterstützung der Grünen noch im alten Bundestags beschlossen hatten, habe ihn "sehr geärgert". Seine Partei hätte den anderen Parteien schriftlich Verhandlungsbereitschaft über Schuldenbremse und Kooperationsverbot signalisiert.