Johannes Volkmann erinnert an Zeit, in der "Weihnachtsmärkte nicht unter Polizeischutz standen"
CDU-Politiker Johannes Volkmann war anderer Meinung: "Wenn ich Bundeswehrsoldaten in den Einsatz schicke, erwarte ich denselben Maßstab an mich selbst", bekräftigte der. Außerdem decke man den Bedarf für territoriale Verteidigung nur mit der Wehrpflicht. "Es ist noch eine viel größere Freiheitseinschränkung für junge Menschen, in einem Land zu leben, das sich nicht verteidigen kann", setzte er Türmer entgegen und plädierte, man müsse "jetzt eine Antwort finden und nicht drei Jahre mit Formelkompromissen vergeuden".
Beide unter 30 Jahre, beide aus Hessen, beide Opa in der CDU - dass die Gesprächspartner, die bei Lanz an diesem Mittwochabend im Studio saßen, "erstaunlich viel gemeinsam" haben, darauf hatte der Moderator bereits am Anfang der Sendung aufmerksam gemacht. Dass die zwei Jung-Politiker allerdings in vielerlei Hinsicht konträrer Meinung sind, musste er nicht erwähnen - das zeigte sich in den weiteren 45 Minuten Sendezeit.
Neben der Wehrpflicht waren Migration- und Asylpolitik Streitpunkte: "Ich bin 28 und erinnere mich an ein Deutschland, an dem Weihnachtsmärkte nicht unter Polizeischutz standen (...), in denen es in Freibädern keine Taschenkontrolle auf Messer- und Stichwaffen gab", wurde Volkmann bei diesem für ihn wichtigsten Thema emotional. Das hätte zwar nicht ausschließlich mit Migration zu tun, aber doch auch. Die Wähler hätten der Koalition jetzt die letzte Chance für einen Politikwechsel gegeben. Doch "wenn sich nicht spürbar was ändert, wählen wir den Systemwechsel - sprich AfD", war für ihn klar. Gerade deshalb müssten Union und SPD klare Perspektive in der Migrationswende zeigen und die illegale Migration nach Deutschland stoppen.
Philipp Türmer will "grundsätzlich anderes Migrations- und Asylsystem"
"Wir brauchen ein grundsätzlich anderes Migrations- und Asylsystem", gab Türmer zu verstehen und gestand den Fehler der politischen Linken, nicht zu beschreiben, wie ein besseres Asylsystem aussehen könnte. Auf Lanz' Einladung, ein eben solches auszubuchstabieren, nannte er Beispiele von Gegenmodellen wie dem Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan, bei dem Kontingente an Menschen einen komplizierten Prüfungsprozess durchwandern und nach Deutschland reisen dürfen.
Ein weiterer guter Ansatz, um vom "unhaltbaren Zustand" wegzukommen, sei die Erbauung von Migrationszentren in Nigeria oder Pakistan, wie es in der letzten Legislaturperiode begonnen worden wäre.
Türmer wolle die "illegale Migration nicht beenden, sondern legalisieren", hatte Volkmann dafür nichts übrig. Die genannten Beispiele liefen alles andere als reibungslos und unproblematisch.
"Man muss mit einem Fallschirm über Deutschland abspringen, um einen Asylantrag zu stellen"
Das wollte der Juso-Vorsitzende auch nicht behauptet haben. Dennoch sollte man sich solche Ansätze anschauen, denn sie gäben die Möglichkeit, Migration menschenwürdig zu organisieren und zu adressieren. "Was ihr da machen wollt, läuft schlichtweg darauf hinaus, dass es kein Individualrecht auf Asyl gibt", schimpfte er auf die CDU-Pläne. "Man muss mit einem Fallschirm über Deutschland abspringen, um einen Asylantrag zu stellen", das sei doch mit dem christlichen Menschenbild der CDU eigentlich nicht vertretbar.
Zum Schluss einer Sendung mit heftigen Diskussionen kam Markus Lanz noch mal auf den frisch geschlossenen Koalitionsvertrag zurück. "Ist das der grundlegende Politikwechsel?", wollte der ZDF-Moderator wissen.
"Der Wähler hat diese Koalition so ins Stammbuch geschrieben als Auftrag", gab sich Volkmann pragmatisch, "und damit müssen wir den Politikwechsel möglich machen." Es gäbe nur die eine Chance.