Die Fights um die besten Talente gehen weiter: Sunnyboy Nico Santos zieht alle Register, auch mit Ausflügen in seine Künstler-Vergangenheit. Rea Garvey staunt, was er mit dem Einsatz seiner "Joker"-Münze auslöst. Und dann geraten sich sogar die sonst so friedlichen Fantas in die Haare.
Es ist der Abend, an dem nicht nur die vielversprechendsten neuen Musiktalente glänzten - in der ganzen Vielfalt ihrer Stilrichtungen und Stärken. Es war auch die Nacht, in der Nico Santos, der auf Mallorca aufgewachsene Multi-Musikus aus Bremen, ganz tief in die eigene Vergangenheit reiste und einmal mehr zeigen konnte, was in ihm steckt. Das ging schon mit der ersten Sängerin des Abends, der 18-jährigen Luciana aus Luxemburg los, die der 32-Jährige unbedingt ins Team Santos locken wollte.
Dafür übernahm er - nicht zum ersten Mal bei "The Voice of Germany" - selbst ein wenig die Show, ohne allerdings Luciana ins Abseits zu drängen. Und doch ging es Nico Santos um einen Beweis: Er wollte am Klavier zeigen, dass er sich auch auf "Dirty Words" versteht, also auf nicht ganz jugendfreie Passagen aus früheren Arbeiten. Es war der Moment, an dem er selbst fast noch einmal rot wurde, als Rapperin Shirin auf die von Nico eingesungenen Hooks in einem Shindy-Song ansprach - und zum Wieder-Spielen anstachelte. "Ab wann darf man das ausstrahlen?", fragte Nico noch mit gespielter Unschuld und legte dann los.
"Schön, dass deine Eltern das nicht verstanden haben."
Zum Glück richtete er damit keine allzu große Verstörung an: Luciana kicherte und freute sich. Um ihren mit angereisten Anhang musste sie sich keine Sorgen machen - Lucianas Familie spricht Portugiesisch und versteht kein Deutsch. "Schön, dass deine Eltern das nicht verstanden haben", meinte Nico Santos nach seiner Einlage am Piano. Die Sängerin hatte er jedenfalls für sich gewonnen: Luciana wechselte ins Team Santos. Und der Coach mit dem Lausbuben-Charme hatte mal wieder bewiesen, wie viel in ihm steckt.
Wenn es einen verstörenden Moment gab in der neuen "The Voice"-Ausgabe vom Donnerstagabend, dann war es die Irritation, die von einer jungen Sängerin im Minikleidchen ausging. Die 22-jährige Judith war ein Mensch, der Fragen aufwarf - und eine rätselhafte, angespannte Stimmung hinterließ. Und das nicht wegen ihres Outfits, dass die "Blind Audition"-Coaches ja ohnehin erst mal nicht zu sehen bekamen. Was Judith dem Publikum präsentierte, war dagegen durchaus eine Show. "Ich bin schon immer sehr aufgefallen", sagte die selbstbewusste Frau über sich selbst. "Mein Kleidungsstil ist schon immer: Lolita, Rokoko, Barock." Das traf's ganz gut.
Widersprüchlicher war der Eindruck, den Judith mit ihrer Interpretation des Songs "Pity Party" von Melanie Martinez hinterließ. "What?", fragte Michi Beck entgeistert schon nach den ersten, eher schrägen Tönen. "Geil", antwortete ihm so ganz anders sein Coach-Partner Smudo. Offensichtlich löste Judith bei den Coaches eine komplett gegenläufige Empfindung aus - auch, wenn sie später selbst verschämt zugeben musste, dass sie anfangs auf einem falschen Ton in den Song gestartet war. "Die ist völlig woanders", meinte Michi. Smudo aber hätte fast gebuzzert: "Ich bin voll neugierig", sagte er. "Die ist doch verrückt genug."
"Wir haben uns voll gestritten", klagt Michi Beck
Am Ende fiel Judith dann doch bei allen Coachs durch - auch weil Michi Smudo am Buzzern gehindert hatte. "Oh Mann", stöhnte Smudio später. "Wir haben uns voll gestritten", meinte sein Kollege Michi. Judith musste die Halle wieder verlassen. Die geballte Sympathie (zumindest von einer Fanta-Hälfte) war ihr aber sicher: "Mach auf jeden Fall weiter so", rief ihr Smudo hinterher.
Judiths Auftritt sollte nicht der letzte Moment des Abends bleiben, an dem ein Talent polarisierte. Auch nach der "Final Countdown"-Darbietung des 29-jährigen Lehrers und Hardrock-Fans Tobias aus Rostock zeigten sich die Coaches ziemlich uneinig. Shirin David und Nico Stantos drehten sich für den Mann mit den langen Haaren und der kräftigen Stimme nicht einmal um.