"Familie Heinz Becker": Darum stattet die ARD die Kult-Serie mit einem Warnhinweis aus
Autor: Agentur dpa, Redaktion
Deutschland, Mittwoch, 30. August 2023
Die Sprache in alten TV-Serien liefert immer wieder Stoff für Debatten. Jetzt haben der Saarländische Rundfunk (SR) und die ARD Mediathek eine Serie mit einem Warnhinweis versehen. Damit stoßen die Verantwortlichen auf gemischte Reaktionen.
- Warnhinweis in ARD-Mediathek: Warum vor "Familie Heinz Becker" gewarnt wird
- Reaktionen: So kommt die Warnung bei Zuschauern an
- "Otto" und "Tatort": So gehen Medienhäuser mit Archivmaterial um
Der Saarländische Rundfunk (SR) hat die Comedyserie "Familie Heinz Becker" mit einer Warnung versehen. Konkret geht es um die Folge "Modenschau". Diese werde "in seiner ursprünglichen Form gezeigt" und enthalte "Passagen, deren Sprache und Haltung aus heutiger Sicht diskriminierend wirken könnten", lautet ein Hinweis zu Beginn der Episode. Auf Anfrage der Saarbrücker Zeitung erklärte der Sender, man habe die Serie "geprüft und in einer Folge das 'N-Wort' gefunden. Hier wurde dann entsprechend eine Hinweistafel gesetzt".
SR strahlt Folge von "Familie Heinz Becker" trotz "N-Wort" aus
In der Folge "Modenschau", die erstmals 1994 ausgestrahlt wurde, diskutiert Gerd Dudenhöffer als Heinz Becker mit Schorsch Seitz (deutscher Mundart-Entertainer) über die Nutzung eines Vereinsraums als Unterkunft für Asylbewerber*innen aus dem Senegal. In der Szene ruft Dudenhöffer aus: "Wenn's nur kee N**** sinn." An der eigentlichen Folge habe der SR nichts verändert, denn sie sei "ein Dokument der Zeitgeschichte". Allerdings verweist der Sender darauf, dass sich Gesellschaften ändern würden und damit auch Einstellungen und Überzeugungen.
Daniel Gyamerah von Each One Teach One e. V. erklärt im Rahmen des Förderprogramms "Demokratie Leben" den historischen Hintergrund des N-Worts: "Viele sagen: 'Warum sollte ich das Wort nicht aussprechen?' Weil hinter diesem Wort 400 Jahre Versklavung stehen. Weil weiße Menschen dieses Wort benutzt haben, um schwarze Menschen global zu dehumanisieren. Weil dieses Wort ein Zeichen für weiße Vorherrschaft ist."
Der Generalsekretär der CDU Saar, Frank Wagner, schaltete sich auf X (ehemals Twitter) in die Debatte über den Warnhinweis ein: "Die Menschen werden so entmündigt und für dumm erklärt. Das ist eine überzogene Political Correctness und Bevormundung", beschwert er sich. Einige andere Nutzer*innen sind seiner Meinung und finden die Warnung "lächerlich" oder "Schwachsinn". Andere verteidigen die Entscheidung von SR und ARD. "Manches wirkt aus heutiger Sicht diskriminierend, zu Recht. Weil wir Betroffenen mehr Raum geben und zuhören, zwar immer noch zu wenig, aber mehr als damals. Und das sorgt dafür, dass Diskriminierung erkannt und benannt werden kann, anders als früher", erklärt etwa eine Nutzerin.
Das "N-Wort": So entscheiden Medienhäuser, was sie veröffentlichen
Vor kurzem zog auch der öffentlich-rechtliche WDR Kritik auf sich. Der Sender blendete vor einer Otto-Show aus den 1970er Jahren einen Hinweis ein. "Das folgende Programm wird, als Bestandteil der Fernsehgeschichte, in seiner ursprünglichen Form gezeigt. Es enthält Passagen, die heute als diskriminierend betrachtet werden." Der Sender zog Häme für die Praxis auf sich, die in der ARD auch bei "Schmidteinander"-Folgen und einigen "Tatort"-Krimis mit der Figur Horst Schimanski angewandt wurde.
Eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei Medienhäusern zum Umgang mit Archivmaterial ergab: Archive werden nicht systematisch durchforstet - das passiert Fall-bezogen, wenn eine alte Sendung wieder ausgestrahlt wird. Sendungen in den Archiven seien Dokumente der Zeitgeschichte und würden daher nicht verändert. "Allerdings kann die Redaktion in Absprache mit der Programmplanung zu dem Schluss kommen, eine Sendung aus dem Archiv nicht erneut auszustrahlen und/oder für weitere Wiederholungen zu sperren."