"Ballern uns auf den letzten Platz": ESC-Song für Deutschland spaltet die Gemüter

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Deutschland hat seinen Act für den Eurovision Songcontest 2025 gefunden. Das Geschwister-Duo Abor & Tynna geht mit "Baller" am 17. Mai in Basel an den Start. Doch bei den Fans sorgt der ESC-Song für Zündstoff und heiße Diskussionen.

Mit dem "Baller"-Lied nach Basel: Das Geschwister-Duo Abor & Tynna aus Wien repräsentiert Deutschland beim Eurovision Song Contest (ESC) 2025. Das Duo aus Österreich setzte sich beim Vorentscheid durch - unter den Augen von Entertainer Stefan Raab, der den Auswahlprozess in diesem Jahr maßgeblich beeinflusst hatte.

Raab zeigte sich danach sehr überzeugt von dem Titel "Baller", mit dem das Duo ins Rennen gehen wird. "Wenn man in Deutschland noch wetten könnte auf ESC-Songs, ich würde all mein Geld darauf setzen, dass dieser Song gewinnt", verkündete er selbstbewusst. Während viele Fans begeistert sind, hätten andere lieber die fränkische Band Feuerschwanz siegen sehen. Manche wittern gar Schiebung.

ESC-Song spaltet die Meinungen in den sozialen Netzwerken

Im Netz sorgt der Song "Baller" für gespaltene Meinungen. Vor allem in den sozialen Medien erntet der Song auch massive Kritik. Auf dem offiziellen deutschen Instagram-Account des Eurovision Songcontest schreibt ein Kommentator beispielsweise: "WIR BALLERN UNS DAMIT GANZ KLAR AUF DEN LETZTEN PLATZ" und bekommt dafür ordentlich Zuspruch in Form von mehr als 1600 Likes auf den Kommentar (Stand 5. März 2025, 9.30 Uhr). Weitere kritische Stimmen lauten: "Ein peinlicher Ballermann Song für Deutschland! Das wird wieder nur Platz 17!" oder "Frischer Wind Joa mhm, über Geschmack lässt sich nicht Streiten, denke aber landet auf dem Letzten Platz".

Doch Abor & Tynna haben in den sozialen Medien auch Fans. So schreibt ein User zu einem Video des Songs bei Instagram: "Endlich wieder ein geiler Song!! Erinnert irgendwie an Lena wie anders der Song und die Interpreten sind! Bravo Deutschland!!"

Ein anderer Kommentator unterstützt das Geschwister-Duo ebenfalls und erntet dafür auch knapp 1000 Likes: "Der Song bekommt im Ausland fast durchweg positives Feedback, nur viele Deutsche tun mal wieder, was sie am liebsten tun: meckern. Peinlich. Ich finde es großartig, dass wir einen so coolen Song mit viel Ohrwurmpotenzial schicken, let's go!"

Geschwister-Duo aus Wien für Deutschland zum ESC

Die beiden Geschwister stammen aus einer musikalischen Familie aus Wien. Ihr Vater, Cellist bei den Wiener Philharmonikern, prägte ihre Laufbahn - früh spielten sie klassische Instrumente. "Baller" jedoch klingt ganz und gar nicht nach Mozart oder Beethoven, sondern ist eine Mischung aus Pop, Hip-Hop und Elektronik. Schwester Tynna singt, Bruder Abor spielt Cello.

Bei ihrem Auftritt beim Vorentscheid zerschlug Tynna als Gimmick auf der Bühne das ehrwürdige Instrument. Die Idee dazu sei von Raab gekommen, verriet sie. Halsschmerzen und Trennungsschmerz "Ich hab' noch nicht ganz verstanden, dass wir jetzt gewonnen haben und es braucht noch ein bisschen", sagte die Sängerin.

Feiern könne sie auch nur "in Maßen", sie sei ein wenig krank und habe Halsschmerzen - was man auf der Bühne jedoch nicht bemerkte. Der Song sei ein Trennungssong, den sie im Herbst geschrieben hätten, sagte sie. Zuvor habe sie eine Trennung durchgemacht. Eigentlich sei ein anderer Song für den ESC vorgesehen gewesen, in englischer Sprache.

Mit "Baller" erstmals seit 2007 wieder ein deutsches Lied beim ESC

Im Austausch mit Raab wurde dann jedoch "Baller" ausgewählt. Der ist nun ESC-Titel und überwiegend auf Deutsch, was es eine ganze Weile lang nicht mehr gegeben hat. 2007 sang Roger Cicero beim ESC in Helsinki für Deutschland "Frauen regier'n die Welt". Moderatorin Barbara Schöneberger mutmaßte, dass "Baller" internationales Format habe - "weil keiner genau versteht, worum es geht". In den sozialen Medien wird es unter den Fans des Liedes gefeiert, dass Abor & Tynna auf Deutsch singen. "Endlich ein deutsches Lied!", schreibt ein User unter dem oben erwähnten Instagram-Post. Und sogar internationale Fans freuen sich darüber, dass auf Deutsch gesungen wird. "Finally a song in german, I'm so happyyy" oder "A song in German - I love it" heißt es. 

Beim Vorentscheid war das Lied, das sehr nach der jungen Generation Z klingt, dennoch der "modernste Song hier im Wettbewerb", wie es Chef-Juror Raab formulierte. Auch über Sängerin Tynna äußerte sich der 58-Jährige - auf seine Art - lobend. "Du bist ja keine klassische Sängerin-Sängerin", sagte er zum eigenwilligen Stil der 24-Jährigen.

Sein Vergleich dazu lautete: "Irgendwie bist du so die junge weibliche Udo Lindenberg." Raab wollte das positiv verstanden wissen. "Deine A-Laute klingen häufig wie O-Laute". Abor & Tynna setzten sich am Ende eines langen Abends in Hürth bei Köln durch, in den zunächst neun Bewerber gestartet waren. Die Jury um Raab verkleinerte den Kreis dann auf fünf Kandidaten - und warf unter anderem die Mittelalter-Rockband Feuerschwanz raus, die viele treue Fans hat und offenbar nicht nur diese faszinierte.

Abor & Tynna gewinnen Vorentscheid-Finale knapp

Damit schien klar, dass es auf Abor & Tynna hinauslaufen könnte. Sie galten als Mitfavoriten. In der letzten Runde durfte dann das Publikum abstimmen. Und es wurde knapp: Mit etwas mehr als einem Drittel der Stimmen lag das Geschwister-Duo hauchdünn vor der Berliner Sängerin LYZA, die 1,5 Millionen Tiktok-Follower hat.

Raab hielt sich nicht lange mit der Nachbesprechung auf. Man werde sich nun zügig mit allen Beteiligten zusammensetzen und überlegen, welche Möglichkeiten es etwa zur Inszenierung auf der ESC-Bühne gebe. Das Finale findet am 17. Mai in der Schweiz statt. Über seine eigene Rolle sagte Raab: "Ich zwänge mich nicht auf, aber ich stehe für alle Fragen und für alle Tipps zur Verfügung. Wenn einer was von mir wissen will: Ich sage immer irgendwas."

Den 58-Jährige umgibt spätestens seit dem unter seiner Ägide im Jahr 2010 errungenen Sieg von Lena Meyer-Landrut mit dem Song "Satellite" die Aura eines ESC-Gurus. Nach einer längeren Pause ist er nun wieder am Auswahlprozess beteiligt - und setzt dabei die ganze Wucht seines Namens ein. Der Vorentscheid trug den selbstbewussten Obertitel "Chefsache ESC 2025". Die ARD und Raabs neuer Heimatsender RTL hatten dafür kooperiert. Dem Aufruf des "Raabinators", sich unter seine ESC-Fittiche zu begeben, folgten rund 3.300 Bewerber.

Kann Deutschland endlich wieder auf ein besseres Ergebnis zum ESC hoffen?

Deutschland ESC-Schmerz ist in den Jahren ohne Raab durchaus gewachsen. Seit 2015 hagelte es letzte oder vorletzte Plätze. Lichtblicke waren nur Michael Schulte (2018, 4. Platz) und im vergangenen Jahr Sänger Isaak (12. Platz). Sightseeing in der Schweiz mal anders Sein Anspruch sei, den ESC zu gewinnen, sagte Raab in der Nacht zu Sonntag.

"Wenn man nicht gewinnen will, braucht man nicht hinfahren", sagte er in Anzug und Krawatte zwischen Abor & Tynna sitzend. Er schob nach: "Oder überrolle ich euch gerade mit meiner Meinung?" Die Geschwister, die unter Künstlernamen auftreten und laut Eurovision.de Tünde und Attila Bornemisza heißen, verrieten, dass sie noch nie in der Schweiz gewesen seien.

Auf die Frage, was sie sich dort anschauen wollten, antwortete Abor nach einigem Nachdenken: "den Teilchenbeschleuniger." Originell ist der deutsche ESC-Beitrag in diesem Jahr allemal.

Vorschaubild: © Willi Weber (NDR/Raab Entertainment)