E-Mails schreiben, Reisen buchen, Infos suchen: Ältere Menschen können stark von den Chancen des Internets profitieren. Doch gefeit vor den Risiken ist man wohl in keinem Alter.
Wer zu viel vor dem Bildschirm hängt, wird unkonzentriert, träge und teils sogar depressiv. Oder? Mit Blick auf Kinder und Jugendliche werden diese Wirkungen gerade in Bezug auf soziale Medien, derzeit viel diskutiert – verbunden mit der Frage: Lässt sich das verhindern, vielleicht auch teils verbieten?
Was dabei selten im Fokus ist: Wie sieht es eigentlich bei Älteren aus? Haben sich Erwachsene besser im Griff, können sie vielleicht sogar stärker profitieren? Die Studienlage zum Thema ist rar. Es gibt aber einige Hinweise.
Chancen und Risiken
«In der Forschung wissen wir noch sehr wenig darüber, wann Social-Media-Nutzung unter welchen Bedingungen negative Folgen haben kann», sagt die Sozialforscherin Licia Bobzien von der Universität Potsdam. In bestimmten Gruppen und spezifischen Kontexten könne es auch positive Effekte geben.
«Wie jede technologische Innovation bieten sie Chancen und Risiken», sagt Bobzien über digitale Plattformen. So sei es für viele etwa einfacher, Kontakt zu Kindern oder Großeltern zu halten. «Wenn der Whatsapp-Call mit der Oma aber bedeutet, dass man die Oma zweimal weniger besucht, ist es nicht der gewünschte Effekt.»
Höheres Wohlbefinden bei Senioren
Eine Studie aus Hongkong aus dem vergangenen Jahr kam zu dem Schluss, dass das Surfen im Internet bei älteren Menschen zu einem höheren Wohlbefinden beitragen könnte. Darin flossen Auskünfte von rund 87.600 Menschen ab 50 Jahren aus 23 Ländern ein – darunter aus Deutschland, den USA, Großbritannien, China, Mexiko und Brasilien. Um auch Entwicklungen erfassen zu können, bezogen die Forschenden um Qingpeng Zhang von der Universität Hongkong Daten aus einem längeren Zeitraum ein, im Mittel lagen sechs Jahre zwischen den Befragungen.
Es stellte sich heraus, dass Internetnutzung bei den Älteren mit einer höheren Lebenszufriedenheit, besseren Gesundheit – zumindest nach Selbsteinschätzung – sowie weniger Depressionssymptomen einhergeht. Die Forschenden wiesen in ihrem Beitrag in «Nature Human Behaviour» allerdings darauf hin, dass lediglich der Zusammenhang nachgewiesen wurde, aber keine Ursache-Wirkungs-Beziehung. Es ist also unklar, ob die Internetnutzung verantwortlich für die positiven Effekte ist oder andere Faktoren. Als Nutzung des Internets definierten die Autoren hier das Senden und Empfangen von E-Mails, Einkäufe, Reisebuchungen und die Suche nach Informationen.
Wie diese positive Wirkung aussehen kann, schildert das Team am Beispiel der Suche nach medizinischen Ratschlägen: diese selbst zu recherchieren, könne die Selbstwirksamkeit erhöhen und die Motivation erhöhen, sich behandeln zu lassen. Auch emotionale Unterstützung durch andere Betroffene übers Netz könne hilfreich sein.