Australische Medienberichten zufolge bereitet sich Reddit schon darauf vor, das Verbot vor Gericht anzufechten. Die Social-Media-Plattform hatte zuvor erklärt, sich den Vorgaben zu fügen, obwohl die Bedingungen des Gesetzes inakzeptabel seien.
Ausgenommen von dem Verbot sind Messaging- und E-Mail-Dienste, Sprach- und Videoanrufe, Online-Spiele und Bildungsangebote. Auch beliebte Spieleplattformen wie Roblox und Apps wie Whatsapp oder Messenger fallen - zumindest bisher - nicht unter die neue Regelung.
Junge Klägerin erinnert an Orwells «1984»
Erst Ende November hatte die Organisation «Digital Freedom Project» vor dem Obersten Gericht in Canberra Klage eingereicht. Die Gruppe argumentiert, das Verbot sei übertrieben und ein «direkter Angriff auf das Recht junger Menschen auf freie politische Kommunikation». Zwei 15-Jährige treten als Kläger auf. Eine von ihnen, ein Mädchen namens Macy, fühlt sich durch das Gesetz an George Orwells Roman «1984» erinnert, in dem eine totalitäre Überwachungsgesellschaft beschrieben wird.
Aber nicht nur Jugendliche, auch Fachleute und Kritiker sind skeptisch. Viele sagen, Teenager würden lediglich auf andere Dienste ausweichen, etwa Gaming- oder Messaging-Plattformen, wo Risiko und Kontrolle noch schwieriger seien. Andere meinen, die Regierung hätte nicht in ein Verbot investieren sollen, sondern in Programme, die Kindern helfen, sich in den sozialen Medien sicher zu bewegen.
Die australische Menschenrechtskommission (AHRC) ist ebenfalls überzeugt, dass ein generelles Verbot nicht die richtige Antwort ist: «Es gibt weniger restriktive Alternativen, die das Ziel, Kinder und Jugendliche vor Gefahren im Internet zu schützen, erreichen könnten, ohne andere Menschenrechte so stark einzuschränken.»
Eine Alternative wäre demnach, Tech-Unternehmen eine gesetzliche Sorgfaltspflicht aufzuerlegen. «Diese würde sie verpflichten, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um ihre Produkte für Kinder und Jugendliche sicher zu gestalten», so die AHRC. Allerdings zeigt die Erfahrung auch, dass in der profitträchtigen Branche vieles unternommen wird, um derartige Beschränkungen zu unterlaufen.
Wie wird das Alter überprüft?
Online-Dienste wie Snapchat hatten kurz vor dem Start Hunderttausende Nutzerinnen und Nutzer dazu aufgefordert, ihr Alter nachzuweisen. Die Hinweise wurden an Accounts verschickt, die nach Einschätzung von Snapchat vermutlich von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren genutzt werden. Die Plattform nutzte dafür «verhaltensbasierte Signale» aus den Aktivitäten sowie selbst angegebene Altersdaten.
Betroffene Userinnen und User bekamen aber die Möglichkeit, im Vorfeld eigene Daten wie Chats, Erinnerungen und Videos herunterzuladen. Ab sofort sind die Konten gesperrt – und werden es auch bleiben, bis die Nutzer 16 sind.
Premier Albanese räumte zuletzt in einem Interview mit dem Sender 7News ein, dass das Gesetz zwar nicht perfekt sei, aber sicher dennoch Nachahmer finden werde: «Wir sind hier weltweit führend, aber die Welt wird Australien folgen.»
Werden andere Länder folgen?
Diskussionen gibt es mittlerweile in vielen Ländern. Das Europäische Parlament stimmte erst kürzlich mit deutlicher Mehrheit für die Forderung nach einem EU-weiten Mindestalter. Der verabschiedete Bericht hat aber bislang keine bindende Wirkung. Die Regierung in Dänemark einigte sich zuletzt mit der Opposition im Parlament darauf, eine nationale Altersgrenze von 15 Jahren für den Zugang zu bestimmten sozialen Medien einzuführen.
In Deutschland gibt es derzeit kein gesetzlich festgelegtes Mindestalter. Theoretisch müssten die Eltern von Jugendlichen unter 16 Jahren der Nutzung zustimmen - jedoch wird das nur selten verifiziert. Zudem können Geburtsdaten bei der Registrierung leicht gefälscht werden. Der Bundesdrogenbeauftragte Hendrik Streeck (CDU) spricht sich für Altersfreigaben und Schutzmechanismen nach Vorbild der FSK (Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft) aus.
Aus Sicht vieler Schüler in Deutschland ist die australische Regelung der falsche Weg. «Die erste Lösung eines Bildungspolitikers kann nicht sein, wir verbieten irgendetwas. Die erste Lösung ist immer Bildung, also jungen Menschen Kompetenzen zu vermitteln», sagte Quentin Gärtner von der Bundesschülerkonferenz der Deutschen Presse-Agentur. «Entscheidend ist, dass mir als junger Mensch beigebracht wird, wie ich mich in den sozialen Medien verhalte.»