Im Fall der getöteten Studentin führt eine Spur nach Griechenland: Der Tatverdächtige wurde dort bereits verurteilt - wegen versuchten Totschlags.
Die Anzeichen haben sich weiter verdichtet, dass ein afghanischer Flüchtling nicht nur in Freiburg eine Studentin getötet hat, sondern auch auf der griechischen Insel Korfu im Mai 2013 eine junge Frau über die Brüstung einer Steilküste geworfen hat. Die 20-jährige Studentin überlebte den Sturz angeblich nur deshalb, weil sie als geschulte Bergsteigerin ihren Kopf schützen konnte.
Gegenüber deutschen Medien bestätigte die griechische Anwältin des jungen Afghanen anhand eines Fotos, dass er ihr Mandant gewesen ist. Sie habe keinen Zweifel, dass es sich in beiden Fällen um den Afghanen handle, den Sie 2013 verteidigt hatte. Er wurde nach der Gewalttat auf Korfu wegen versuchten Totschlags zu zehn Jahren Haft verurteilt und Ende Oktober 2015 mit Meldeauflagen auf Bewährung wieder entlassen.
Polizei bestätigt: Es handelt sich um ein und den selben Täter
Die Polizei hat dies inzwischen bestätigt. Die Fingerabdrücke des Mannes, der dort verurteilt worden sein soll, seien identisch mit dem dringend Tatverdächtigen im Fall der 19-jährigen Studentin, teilten die Ermittler am Donnerstag mit. "Es handelt sich um ein und den selben Täter", sagte eine Polizeisprecherin.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Freiburg kamen Hinweise darauf, dass der junge Mann ein in Griechenland vorbestrafter Gewalttäter ist, aus seinem privaten Umfeld. Die griechische Anwältin berichtete, der junge Mann sei nach etwa eineinhalb Jahren unter Auflagen aus einem Gefängnis für Minderjährige auf dem griechischen Festland entlassen worden. Wie er nach Deutschland kam, könne sie nicht sagen.
Griechische Behörden in der Kritik
Nach dpa-Informationen war der Verdächtige von den griechischen Behörden nur innerhalb des Landes, nicht aber international zur Fahndung ausgeschrieben worden. Weder Interpol noch das Schengener Informationssystem (SIS) seien alarmiert worden, obwohl er Griechenland kurz nach seiner Haftentlassung trotz Meldeauflagen verließ, berichtete auch die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf das Bundesinnenministerium. Auf Anfrage habe die Behörde mitgeteilt, deutsche Sicherheitsstellen stünden "in Kontakt mit den Behörden in Griechenland, um den Sachverhalt aufzuklären".
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) sprach von einem "eklatanten Versagen" griechischer Behörden. Da die Daten des flüchtigen Afghanen nicht in das SIS eingetragen worden seien, sei er nicht als gesuchter Straftäter identifiziert worden, als er im November 2015 auf dem Bundespolizei-Revier Freiburg Asyl beantragte. "Hätten die Griechen ihn zur internationalen Fahndung ausgeschrieben, wäre er uns auch aufgefallen", sagte BDK-Chef André Schulz der "Bild" (Donnerstag).
Auch der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka kritisierte das Verhalten der griechischen Stellen. Sollte sich der Sachverhalt so bestätigen, "stellt sich vor allem die Frage, wieso ein verurteilter schwerer Gewalttäter bereits nach so kurzer Zeit aus der Haft entlassen wird und dann auch noch das Land verlassen kann", sagte Lischka der "Rheinischen Post" (Donnerstag). Den griechischen Behörden müsse man dann Vorsatz unterstellen.
Derartige Vorwürfe lässt die griechische Seite nicht gelten. "Die Freilassung war legitim und völlig gesetzeskonform", sagte der Generalsekretär des griechischen Justizministeriums, Eftyxis Fytrakis, der "Bild"-Zeitung: "Sein Betragen war exzellent. Er besuchte die Schule in der 6. und 7. Klasse, leistete 581 Tage freiwillige Arbeit ab."
Im Jahr 2015 eingereist
Der Afghane war im November 2015 über Weil am Rhein in Südbaden eingereist. Dort hatte er sein Alter mit 16 angegeben. Er wurde in jugendpflegerische Obhut des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald übernommen und in einem östlichen Freiburger Stadtteil von einer Pflegefamilie aufgenommen. Zum Deutschlernen besuchte er die Schule eines privaten Trägers.
Am 16. Oktober soll er eine 19-jährige Medizinstudentin frühmorgens an der Dreisam vergewaltigt haben. Die junge Frau wurde im Niedrigwasser des Flüsschens nahe des Freiburger Schwarzwaldstadions tot aufgefunden - als Todesursache gibt die Polizei Ertrinken an. Ob sie ertränkt wurde, lässt die Polizei offen. Inzwischen ist eine medizinische Untersuchung des Alters des Flüchtlings von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegeben worden. Und ein Ermittlungsschwerpunkt wird auf die Beantwortung der Frage gelegt, ob er drei Wochen später in Endingen am Kaiserstuhl 25 Kilometer von Freiburg entfernt auch eine 27-jährige Joggerin vergewaltigt und umgebracht hat.
Vor knapp zwei Wochen war der junge Mann festgenommen worden. Derzeit befindet er sich allerdings nicht mehr in einer Freiburger Haftanstalt, sondern inzwischen in einem Gefängniskrankenhaus in der Nähe von Stuttgart.
Wie die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch erfuhr, wurde er ins Justizvollzugskrankenhaus Hohenasperg bei Ludwigsburg verlegt. Dort werden Gefangene speziell betreut und medizinisch versorgt. Der Gefangene werde wegen möglicher Suizidgefahr rund um die Uhr bewacht, heißt es in Medienberichten.
Uli Hohmann mit Informationen der dpa