Die Politik diskutiert über Konsequenzen aus dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt. Was tun mit den rund 550 Gefährdern in Deutschland?
In der Diskussion über Konsequenzen aus dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Berlin kündigen SPD, CDU und Grüne ein härteres Vorgehen gegen als Gefährder eingestufte Menschen an. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) erklärte am Sonntag in Berlin, er werde "sehr konkrete Vorschläge für eine erweiterte Gefährderhaft machen". Nicht nur Gefährder mit gültigen ausländischen Papieren sollten in Abschiebehaft genommen und "so schnell wie möglich" abgeschoben werden. Auch diejenigen sollten inhaftiert werden, bei denen "die Herkunftsstaaten bei der Rückführung nicht kooperieren", erklärte Maas: "Abschiebungen dürfen nicht an der fehlenden Mitwirkung der Herkunftsländer scheitern."
De Maizière: Stärkere Überwachung von ausreisepflichtigen Gefährdern
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) fordert mehr Konzentration auf die Personen, von denen Behörden vermuten, dass sie terroristische Anschläge planen könnten. Dazu gehöre auch, endlich die rechtlichen Grundlagen dafür zu verbessern, "dass ausreisepflichtige Gefährder stärker überwacht werden", sagte er der "Bild am Sonntag".
Nach Angaben der "Welt am Sonntag", die sich auf das Bundesinnenministerium beruft, leben derzeit 224 Gefährder mit ausländischer Staatsangehörigkeit in Deutschland. Bei 62 von ihnen sei der Asylantrag abgelehnt worden, sie seien ausreisepflichtig und müssten sofort abgeschoben werden. Insgesamt seien dem Bundeskriminalamt rund 550 deutsche und ausländische Gefährder bekannt, nicht alle lebten derzeit in Deutschland.
Derzeit können als Gefährder eingestufte abgelehnte Asylbewerber nur dann inhaftiert werden, wenn die Abschiebung innerhalb der nächsten drei Monate realistisch ist, wenn also zum Beispiel gültige Papiere vorhanden sind.
Abschiebung von Berliner Attentäter Anis Amri scheiterte
Auslöser für die erneute Diskussion über den Umgang mit Gefährdern ist, dass der abgelehnte Asylbewerber Anis Amri, der den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt verübt hat, den Behörden als Gefährder bekannt war, sich offenbar aber dennoch frei bewegen konnte. Eine Abschiebung nach Tunesien scheiterte an fehlenden Papieren.
Göring-Eckert möchte mehr Polizisten
Auch Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte den Online- und Printausgaben der "Welt", die Überwachung von Gefährdern müsse verstärkt werden. Sie höre aber, dass es mit dem Personal der Sicherheitsbehörden unmöglich sei, sie engmaschig zu beobachten. "Dann brauchen wir viel mehr Polizisten", sagte die Grünen-Politikerin.
Justizminister Maas kündigte ein Treffen mit Innenminister de Maizière an, der Anfang Januar neue Vorschläge zur Abschiebepraxis und zu anderen rechts- und sicherheitspolitischen Konsequenzen nach dem Anschlag in Berlin vorgelegt hatte. Am Wochenende warf de Maizière der SPD mangelnde Kooperation bei der Terrorabwehr vor. Maas erwiderte, die "allein repressiven Vorschläge" der Union würden nicht ausreichen. Im Kampf gegen terroristische Bedrohungen müsse Prävention einen viel größeren Stellenwert erhalten: "Dem radikalen Islam müssen wir mit einer Präventionsoffensive den Kampf ansagen."